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Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0290

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Herolde und Zeremonien

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kulturelle Praktiken konnten solche Verfahren Gemeinschaften konstituieren,
ihre Kohärenz steigern und gegenüber anderen Gruppen abgrenzend wirken.
In Übereinstimmung mit anderen Komponenten der adligen Lebenswelt, ins-
besondere dem Turnier, ging auch die Entwicklung der Vergabe des Ritter-
schlages im 15. Jahrhundert dahin, dass Ritterpromotionen nicht auf den Adel
beschränkt blieben, sondern auch aufstrebende Bürger oder Räte bürgerlicher
Herkunft verstärkt in ihren Genuss kamen.
Die Vergabe des Ritterschlags im Anschluss an Kaiser- und Königskrönun-
gen hat zum Zeitpunkt der Krönung Maximilians schon eine längere Traditi-
on, die sich für die Erhebung in Aachen bis auf Wilhelm von Holland im Jahr
1248 bzw. für die Einsetzung in Rom bis auf Karl IV. im Jahr 1355 zurück- und
bis zur Ritterschlagszeremonie Friedrichs III. auf der Tiberbrücke im Jahr 1452
nachverfolgen lässt. Letztere zeichnet sich durch eine umfangreiche Doku-
mentation aus, zu der auch Listen der zu Rittern Erhobenen gehören. Hierzu
zählten die bereits angesprochenen Gruppen der Räte und Bürger, was auf die
sozial-heterogene Herkunft der Promovierten aufmerksam macht, deren ge-
meinsamer Nenner in der Nähe und in besonderer Loyalität zum Kaiser gese-
hen werden kann.856
Vor dem Hintergrund dieser Öffnung der Ritterpromotion auch für nicht
adlige Personen erklärt sich die Handlungsweise eines Herolds im Anschluss
an die bereits an gesprochene Krönung Maximilians I. Nach Beendigung des
Krönungsmahls soll der Wappenkönig Romreich auf gestanden sein und laut
nachgefragt haben, ob noch jemand vom König zum Ritter geschlagen zu
werden wünsche. Sollte dies der Fall sein, gebe er bekannt, dass Maximilian
dazu während des Tages im Saal oder in seinem Quartier noch bereit sei. In
diesem Zusammenhang hätte der Herold darauf hingewiesen, dass jemand
der „non habilis" den Ritterschlag empfangen habe, die Zeichen des Ritter-

(Vechta) unter dem Arbeitstitel: „Von der Schwertleite zum Ritterschlag - Ritterliche Initiati-
onsrituale im Wandel".
856 Vgl. die Edition der umfangreichen Dokumentation durch HACK, Romzugsbericht und
Ders.: Der Ritterschlag Friedrichs III. auf der Tiberbrücke 1452. Ein Beitrag zum römischen
Krönungszeremoniell des späten Mittelalters, in: Rom und das Reich vor der Reformation,
hg. von Nikolaus STAUBACH, Frankfurt a. M. (u.a.) 2004 (Tradition - Reform - Innovation.
Studien zur Modernität des Mittelalters, 7), S. 197-236. Bei dem Akt anwesend war auch
Eneas Silvio Piccolomini, der zu einigen Elementen der Krönung eine kritische Meinung hat;
hierzu gehört auch die Erteilung des Ritterschlages. Einen großen Teil der Kandidaten hält er
schlichtweg für unwürdig. Das Geld habe über die Tugend gesiegt. Weichlinge, die nie einen
Feind berührt, eine Mauer erklommen oder einen Wall überwunden hätten, würden zu Rit-
tern gemacht werden. Ebenfalls habe der Kaiser Illiterate, die sich diese Würde nicht durch
Wissen (scientia), sondern durch Geld (aurum) verdient hätten, zu Doktoren gemacht. Der
Kaiser sei hieran jedoch nicht schuldig, da er nur den Fehlern seiner Zeit unterliege; Eneas
Piccolomini, Historia Austrialis, Bd. 2, S. 617-618. In der ersten Redaktion der Historia fin-
det sich diese Passage weniger ausgeschmückt, aber mit den gleichen Motiven versehen; sie-
he Piccolomini, Eneas Silvius: Historia Austrialis, Bd. 1: 1. Redaktion, hg. von Julia KnÖD-
LER, Hannover 2009 (MGH SS rer. Germ. N.S. 24), S. 171-172. Darin äußert sich meines Er-
achtens eine allgemeine Zeitkritik des Piccolomini, die sich in vielen seiner Werke findet.
Auch führt sie zu einem gewissen Widerspruch mit dem Selbstverständnis der Herolde im
Reich auch strafend gegen Adlige vorzugehen, der dem Sieneser nicht verborgen blieb; vgl.
Hack, Ritterschlag, S. 213-216 und Bock, Omnia degenerant, S. 47-51.
 
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