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Bock, Nils; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Herolde im römisch-deutschen Reich: Studie zur adligen Kommunikation im späten Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 49: Ostfildern, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.38798#0301

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300

Medium adliger Kommunikation

ses findet sich die Beschreibung des Opfergangs, also der Spende von Ban-
nern, Herrschaftszeichen und Pferden an den Stephansdom, im Rahmen der
Beisetzungsfeierlichkeiten. Zunächst schritten Maximilian, die Fürsten des
Reichs und ausländische Gesandte nacheinander zum Opfer. Darauf folgte
eine zweite Abordnung, die sich aus Vertretern der Erblande und des Reichs
zusammensetzte. Der Herzog von Sachsen trug das Reichsbanner, der Herzog
von Braunschweig den Helm, der Markgraf von Baden den Schild und die
Grafen von Werdenberg und Fürstenberg führten das Pferd des Kaisers zum
Ort seiner letzten Ruhestätte im Stephansdom. Begleitet wurde jeder Träger
von zwei Personen mit Kerzen. Auf dem Pferd lagen Reichsschwert, -apfel,
-zepter und -krone sowie die Kette des Ordens vom Goldenen Vlies. Anschlie-
ßend legte Romreich sein wappen [...] uff die paer Zu gezug nyß das die keiserlich
maiestat abgangen vnd die Königlich maiestat mitt dem regiment angangen vnd der
gewalt des konigs hevelt ist [...].879 Der Wappenkönig (Abb. 10) soll seinen Wap-
penrock auf dem Pferd zu den anderen Reichsinsignien gelegt und wahr-
scheinlich wieder aufgenommen haben, was laut Aussage des Autors ein für
alle sichtbares Zeichen dafür war, dass die Herrschaft über das Reich nunmehr
vom Kaiser auf den Römischen König, seinen Sohn Maximilian I., über gegan-
gen sei.
Die Handlung Romreichs erregt dadurch Aufmerksamkeit, dass sich bei den
üblichen fürstlichen Totenfeiern im spätmittelalterlichen Reich, die in der Tra-
dition des Begängnisses Kaiser Karls IV. im fahr 1378 standen, der Opfergang
alleine auf die Präsentation der ritterlichen Standeszeichen beschränkte hat-
te.880 Herolde kamen dabei nicht vor. Als Mittel der dynastisch-territorialen
Repräsentation kamen lediglich Fahnen zum Einsatz und die Versinnbildli-
chung des Verstorbenen wurde durch einen einreitenden Ritter geleistet, der
sich zusammen mit seinem Pferd symbolisch opferte.
Erstmalig wird ein Herold in vergleichbarer Funktion bei der Beisetzung
Karls VI. von Frankreich im fahre 1422 in Saint-Denis erwähnt. Der Wappen-
könig Berry betrauerte zunächst den verstorbenen König, um dann nach einem
kurzen Moment des Schweigens den neuen König zu akklamieren („Vive le

879 Vgl. Drei Frühdrucke zur Reichsgeschichte. Die Erwählung Maximilians zum Römischen
König 1486 (Mainz: Peter Schöffer). Das Begängnis Friedrichs III. 1493 (Mainz: Peter Schöf-
fer). Die Belehnungen der deutschen Fürsten auf dem Reichstag zu Worms 1495 (Nürnberg:
Peter Wagner), bearb. von Karl Schottenloher, Leipzig 1938 (Veröffentlichungen der Ge-
sellschaft für Typenkunde des 15. Jahrhunderts, Wiegendruckgesellschaft B, 2), Nr. II (In dis-
sent buchlinfindet man beschreben die Fürsten [...] den ganztzen handel so vffdem begengnyß des al-
lerdruchluchtigsten fürsten vnd hern heiser Frederichs des dritten [...], Mainz 1493).
880 Ein Bericht des Begängnisses Karls IV. findet sich in Die Chroniken der schwäbischen Städte.
Augsburg, Bd. 1, Leipzig 1865 (Die Chroniken deutscher Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhun-
dert, 4), S. 59-63. Vgl. hierzu Meyer, Königs- und Kaiserbegräbnisse, S. 259-267; Marie
BläHOVA: Die königlichen Begräbniszeremonien im spätmittelalterlichen Böhmen, in: Der
Tod des Mächtigen, hg. von Kolmer, S. 89-111, hier S. 100-101. Die Autorin spricht in die-
sem Zusammenhang von Herolden, die begrifflich im oben genannten Bericht nicht existent
sind. Möglicherweise hat sie die Fahnenträger als Herolde identifiziert. Zum Pferdeopfer
siehe Wolfgang Brückner: Roß und Reiter im Leichenzeremoniell. Deutungsversuch eines
historischen Rechtsbrauches, in: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde 15/16 (1963/64),
S.144-209.
 
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