SÜDFRIEDHOF -WIESBADEN.
Unlängst wurde in Wiesbaden ein neuer Friedhof
in Benutzung genommen, an dem besonders
bemerkenswert ist, dass die Halle für Trauerver-
sammlungen gleichzeitig Einrichtung für Leichen-
verbrennung enthält, sodass ein und dasselbe Ge-
bäude sowohl zu den Leichenfeiern für Erdbestat-
tung als auch zu Leichenfeiern für Feuerbestattung
benutzt werden kann. V
V Ueber die Gesamtanlage ist folgendes zu be-
merken : Eine vorhandene grosse Strassenachse und
in deren Fortsetzung eine besonders betonte Achse
auf dem Friedhofsgelände führtzu dersymmetrischen
Gruppierung der Baulichkeiten an einem grossen
gärtnerisch geschmückten Vorplatz. In der Mitte der
Baugruppe, durch Grösse und Form genügend mar-
kiert, ist die Halle für Trauerversammlungen ange-
ordnet. Eine sechsachsige Bogenhalle stellt die Ver-
bindung mit dem östlichen Bauteil, der Leichenhalle
und dem Obduktionshaus her. An der Westseite ist
eine ähnliche Verbindungshalle, gleichzeitig Haupt-
eingang zur Halle für Trauerversammlungen, zum
Gräberfeld und zum Verwalterhaus. Dem letzteren
ist nach der Friedhofsseite ein grösseres Wirtschafts-
gebäude für öffentliche Aborte, Wagenschuppen und
gärtnerische Zwecke angefügt. Sowohl an der Ost-
seite wie an der Westseite liegen mauerumschlossene
Höfe, an der Ostseite für die Leichenanfuhr und
spätere Vergrösserung der Leichenhalle, an der West-
seite für den Wirtschafts- und Gärtnereibetrieb. An
der Strassenseite lehnen sich an die Hofmauern
kleine Verkaufshallen für Blumen und Kränze. V
V Das Aeussere zeigt einen ziemlich einfachen Ar-
chitekturcharakter. Der Sockel besteht aus hessi-
schem Grünstein, die aufgehenden Bauteile sind in
Muschelkalkwerkstein verblendet, die dazwischen
liegenden Flächen verputzt. Der Mittelbau ist zum
Teil ganz mit Muschelkalkwerkstein verblendet. Im
Wirtschaftsgebäude führte die Unterbringung der
verschiedenen Zwecken dienenden Räume zu einer
malerischen Anordnung unter Verwendung von Holz-
fachwerk. v
V Einen reicheren inneren Ausbau hat naturgemäss
die Halle für Trauerversammlungen erhalten. Man
betritt das Gebäude durch einen Windfang oder
direkt durch die Seitenschiffe. Diese letzteren öffnen
sich mit drei Achsen nach dem eigentlichen Haupt-
raum, der zum Teil mit einer flachen Kuppel, zum
Teil mit kurzen kassettierten Tonnengewölben über-
deckt ist. Die Wand- und Pfeilerverkleidungen be-
stehen bis zu 4 m Höhe aus buntem nassauischem
Marmor. Vor einer Säulennische ist inmitten eines
Marmormosaikfussbodens der Aufbahrungskatafalk
mit der Versenkung angeordnet. Dieser Teil ist
durch reichen Ornamentschmuck an den Mar-
morsäulen und -Pfeilern besonders hervorgehoben.
Die Modelle zu diesem bemerkenswerten Ornament-
schmuck stammen von Herrn Bildhauer Ohly
aus Frankfurt a. M. und zeigen, wie in ganz mo-
derner Weise die alten Traditionen weitergeführt
werden können. In der Marmorverkleidung sind
vielfach Bronzen in Form von Heizungs- und Lüf-
tungsgittern, von schweren siebenarmigen Leuchtern
und sonstigen Beleuchtungskörpern angebracht.
Auch die Türen haben massive Bronzegitter und zum
Teil Bronzeblechverkleidung. Reicherer Mosaik-
schmuck und reichere Bemalung sollen noch im
Laufe des Sommers angebracht werden. Nach der
Friedhofseite öffnet sich die Halle unter einer
grösseren Sängerempore mit drei Bronzetüren.
Auch an dieser Seite ist eine Säulenhalle vor-
gelagert. V
V Entwurf und Ausführung dieser Friedhofsbauten
erfolgte anfänglich unter Oberleitung des Herrn
Stadtbaurats Frobenius und später des Herrn Stadt-
baurats Grün durch eine besondere Bauabteilung
unter dem Architekten Stadtbauinspektor Pauly.
Wertvolle Mitarbeiter insonderheit für die De-
tails der Aussenansichten der Trauerhalle waren
Herr Architekt B. Engels, für den Innenausbau
Herr Architekt A. Diehl.
Bauabteilung Adlerstrasse 4.
Pauly.
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