Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 9.1910

DOI Heft:
Nr.4
DOI Artikel:
Ms: Villa Hieronymus in Pasing: Architekten Gebr. Rank, München
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.24106#0262

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
193

VILLA HIERONYMUS IN PASING

ARCHITEKTEN GEBR. RANK, MÜNCHEN.

Die Villa hat eine glückliche Lage an einer sehr
schmalen Strasse, einem Feldweg gleich. Der
Neubau, von Park, Gemüsegarten und Obstgarten
umrahmt, erscheint beim ersten Hinsehen für eine
Villa vielleicht etwas hoch geraten. Wenn wir aber
das Wort Villa nicht allzu eng fassen und in dem
Bau mehr das Wohnhaus einer Kleinstadt, das es
ja tatsächlich ist, erblicken, so haben wir einen
prächtigen Mitteltyp zwischen Grossstadthaus und
ländlichem Wohnhaus vor uns. V

V Der allseitig freistehende Bau ist aus einem sehr
einfachen, aber mit grossem Geschick durchgeführten
Grundgedanken entwickelt. Zunächst als Grund-
riss ein Rechteck (Haupttrakt), mit seitlich ange-
schobenem kleineren Rechteck (Seitentrakt), die An-
schnittecken teils mit einem Ausbau, teils mit einer
Terrasse maskiert; ferner war richtunggebend die
künstlerische Notwendigkeit, das Haus durch weit
herabgezogene Dachflächen mit den umgebenden Gar-
tenpartien in eine malerische Verbindung zu bringen.
V Die aus dem Grundriss entspringende Bewegung
der Umfassungsmauern (Backsteinmauerung in Kalk-
mörtelputz) bildet denn auch das hauptsächlichste
Belebungsmittel für den Gesamtbau, und auch die
Dach konstruktion nimmt die gleiche Bewegung logisch
auf: das Dach des Seitentraktes schiebt seinen First
in die Dachfläche des Hauptbaues ein und geht mit
seiner Höhe, entsprechend den geringeren Grund-
rissmassen seiner Tragmauern, um ein gutes Stück
unter die Firsthöhe des Hauptbaues herunter. V
V Die Strassensei te der Villa liegt nach Norden
und wird beherrscht von der hohen, mit einem
Schopfwalm abschliessenden Giebel wand, einer durch
kleine Fensterdurchbrüche in ihrer breiten Ruhe
gesteigerten Fläche, zu der sich das grosse rote
Dach des Seitenbaues in einen famosen, farbigen
wie formalen, Gegensatz stellt. V

V An der Südseite wird die Giebelwand durch
einen, oben in eine Loggia ausklingenden Risalit
belebt und durch die symmetrische Verteilung der
grossen Fenster in einen Rhythmus gebracht, zu dem
ein leichtes Spalierwerk den Auftakt bildet. V

V Die Ostansicht, Richtung gegen München,

wirkt in den durchweg schönen und abgewogenen
Umrissen und Stufungen recht malerisch. V

V Einfacher ist die West- (Wetter-) Seite aus-
gefallen. Die Wand wurde aus praktischen Gründen
durchgehend mit Holz verschalt und dieses im Mauer-
ton gestrichen, an passender Stelle mit Spalieren
verkleidet. Der direkte Zugang zur Waschküche
und zum Gartenkeller bedingte hier die teilweise
Tieferlegung des Erdniveaus und führte zur Frei-
legung des Südwestecks unter Strassenhöhe. V

V Das Innere zeigt die folgende Raumteilung. Die
Vorhalle führt zunächst in einen Vorplatz. Türe
links geht in die Wirtschaftsräume, zu ebener Erde in
Speisekammer und Küche oder treppab in die ver-
schiedenen Vorratskeller etc. Türe rechts geht in die
Diele, die durch die turmartige Erweiterung archi-
tektonische Belebung und reiche Lichtzufuhr (drei
dreieckige und darüber drei runde Fenster) erhält.

V Wir steigen in das Obergeschoss hinauf. Hier

empfängt uns ein weiträumiger Vorplatz, wie wir
ihn ähnlich nur von alten Patrizier- oder Bauern-
häusern her kennen, im städtischen Hausbaukanon
aber fast vergessen hatten, ein prächtiger Spiel- und
Tummelplatz für die Kinder bei schlechtem Wetter.
Der wichtigste und daher grösste Raum des Ober-
geschosses ist das Schlafzimmer mit anstossender
Terrasse. V

V Das Dachgeschoss birgt neben kolossalen luftigen

und taghellen Speichern undNebenräumen eingrosses
aussichtsreiches Fremdenzimmer mit Loggia und
Balkon. Ms.

OßCRGLbtHobS.
 
Annotationen