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Münchner kuMttechnische Blätter.
Nr. 5.
ihm sehr zu statten; er kannte alle Stilarten, Or-
namente etc. und war ein ausgezeichneter Kenner
der Perspektive. Dabei durchaus Naturalist; das
zeigte er bei seinen Porträts, die mitunter von
hervorragender Charakteristik der Persönlichkeit
zeugten; ich erinnere nur an das des alten Grafen
Zichy in Magnatentracht, oder das des Grafen
Attems in der Rüstung, und wie geistreich waren
manche seiner Frauenporträts aufgefasst! Wie
entzückend in der leichten Pose mit dem antiki-
sierenden Stilleben (der bekannte pompejanische
Dreifuss mit Rosen gefüllt!) war das Porträt der
schönen Frau des Architekten Gross, oder ein
gleichzeitig gemaltes einer Frau mit klassischem
Profil (deren Namen ich nicht mehr weiss), die
er auch zum Kopf der „Diana" benutzte. Das
war alles guter Realismus, und mit viel Geschmack
und Sinn für schöne Form und Farbe. Wie rea-
listisch er malte, zeigt auch die absolute Aehn-
lichkeit bei seinen nackten Körpern, zu denen er
oft die nämlichen Modelle als Vorbild nahm, wie
wir an der Akademie. Freilich waren etliche präch-
tige Körper darunter, die sich ruhig neben einer
antiken Venusstatue behauptet hätten. Der klas-
sisch schöne Rückenakt, der sich das Hemd über-
ziehenden Figur auf dem „Sommer" ist in Form
und Farben gleich porträtähnlich; wer das Modell
(eine Böhmin) nur einmal gesehen hatte, musste
diese Linien sofort wieder erkennen; auch das
kleine Mädchen mit dunkler Hautfarbe im Vorder-
grund ist vollkommen porträtähnlich.
Dass Makart gelegentlich auch schlecht, ja
schleuderhaft gemalt hat, kann nicht geleugnet
werden, aber bei dem „Betrieb" in der Gründer-
periode, wo vermögend gewordene Börsenmänner
auch „einen Makart" haben mussten und kaum
schnell genug „beliefert" werden sollten, wäre es
von einem in Mode gekommenen Maler verwunder-
lich gewesen, wenn er nicht die „Konjunktur" aus-
genützt hätte. So entstanden eine Menge von
schnell hingeworfenen dekorativen Bildern für die
Prunksäle des Geld- und Geburtsadels. Ich habe
solche Bilder wiederholt im Atelier gesehen, stets
nur sehr kurze Zeit, und ich glaube, Makart war
meist selbst froh, wenn sie — draussen waren.
Es konnte nicht fehlen, dass derlei seinem Rufe
sehr geschadet hat.
Aber ich wollte dies nur nebenbei erwähnen
und von seinem „künstlerischen Können" in der
Malerei berichten! Die Frage drängt sich unwill-
kürlich auf: Inwiefern steht Makarts oben
erwähnte Mal weise mit der Erhaltung
seiner Werke im Zusammenhang? War die
Methode richtig oder nicht? Worin bestand der
Fehler derselben?
Ich habe zwar schon vor etlichen Jahren über
diese Frage in dieser Zeitschrift meine Ansicht
geäussert, ich glaube es war vor 7 oder 8 Jahren*),
*) Im IV. Jahrg. 1908. Die Schriftleitung.
und zwar im Zusammenhang mit einigen, wie mir
schien, ungerechten Angriffen auf Makarts „lüder-
liche" Malweise, die ich richtig stellen wollte.
Soviel ich weiss, hatte Makart niemals andere
Farben und Malmittel im Gebrauch als die Kollegen
auch; es waren die gewiss guten Farben der
Düsseldorfer Firmen, die sich allgemeiner Beliebt-
heit erfreuten. Also nicht „seine" Farben waren
schlecht, sondern seine Methode der Malerei! Das
Schlimmste daran war aber, dass Makart, und
ebenso andere Maler der Zeit, nicht abwarten
konnten, bis die Unterschichten trocken genug
waren, um eine Uebermalung wagen zu können,
dass die Sikkative demnach eine wichtige Rolle
spielten, und die schneller trocknenden Oberschich-
ten die unteren noch nicht genug getrockneten
Lagen zum Reissen brachten. Und v/eil die Lacke
(Krapplack, venezianer Rot, Stil de grain u. a.)
ohnehin langsamer trocknen, in Verbindung mit
dem unvermeidlichen Asphalt überhaupt kaum je
ganz fest werden, sind die Bedingungen für frühen
Verfall der Malerei gegeben. Das ^beschönigen
zu wollen, wäre untunlich; aber es war doch nicht
immer so schlimm, als in einzelnen Fällen, wie
z. B. bei dem Bilde „Romeo an der Leiche der
Julia" (Wiener Galerie). Wenn Makart sein „Rezept"
in einem Zuge, und das war ja das Prinzip dabei,
ausführen konnte, dann war an der Me-
thode nichts auszusetzen, höchstens kam das
Nachdunkeln der nicht genügend lichtbeständigen
Lacke und des Asphalts in Frage (worüber sich
die Maler von damals auch nicht Rechenschaft
gaben und wovor sie damals von keinem Farben-
chemiker gewarnt wurden!). Deshalb sind Ma-
karts Bilder, z. B. die „Abundantia", die „moder-
nen Amoretten", die „Sieben Todsünden", die
seinen Ruf begründet hatten, in der Erhaltung
mindestens so gut, als die Werke der zeitge-
nössischen Kollegen.
Was Makarts künstlerisches Können von dem
seiner Mitgenossen auszeichncte, war der durch
Mittel seiner Technik herausgebildete eigene Stil.
In diesem Sinne war er durch und durch modern,
d. h. neuartig. Und „wie wahrhaft modern seine
Kunst damals war, das beweist der Einfluss, den
er auf die Gestaltung der Lebensformen seiner
Zeit tatsächlich geübt hat, ja sogar, was bisher
keinem andern Nichtfranzosen verstattet war, auf
die Kleidermode der Frauen, eine der malerisch-
sten, die es jemals gegeben hat, vom durchbro-
chenen Stiefel bis hinauf zum Rembrandthut",
sagt Alt auf S. 411 seines oben zitierten Buches.
Darin hat Alt wahrlich recht, und mich wun-
dert, dass niemand vorher auf diesen Einfluss
Makarts aufmerksam gemacht hatte. Von dem
Moment seines fast meteorartigen Auftretens hat
er Einfluss auf die künstlerische Auffassung seiner
engeren und weiteren Mitgenossen ausgeübt, die-
ser äusserte sich dann in der Popularität, die ihren
Münchner kuMttechnische Blätter.
Nr. 5.
ihm sehr zu statten; er kannte alle Stilarten, Or-
namente etc. und war ein ausgezeichneter Kenner
der Perspektive. Dabei durchaus Naturalist; das
zeigte er bei seinen Porträts, die mitunter von
hervorragender Charakteristik der Persönlichkeit
zeugten; ich erinnere nur an das des alten Grafen
Zichy in Magnatentracht, oder das des Grafen
Attems in der Rüstung, und wie geistreich waren
manche seiner Frauenporträts aufgefasst! Wie
entzückend in der leichten Pose mit dem antiki-
sierenden Stilleben (der bekannte pompejanische
Dreifuss mit Rosen gefüllt!) war das Porträt der
schönen Frau des Architekten Gross, oder ein
gleichzeitig gemaltes einer Frau mit klassischem
Profil (deren Namen ich nicht mehr weiss), die
er auch zum Kopf der „Diana" benutzte. Das
war alles guter Realismus, und mit viel Geschmack
und Sinn für schöne Form und Farbe. Wie rea-
listisch er malte, zeigt auch die absolute Aehn-
lichkeit bei seinen nackten Körpern, zu denen er
oft die nämlichen Modelle als Vorbild nahm, wie
wir an der Akademie. Freilich waren etliche präch-
tige Körper darunter, die sich ruhig neben einer
antiken Venusstatue behauptet hätten. Der klas-
sisch schöne Rückenakt, der sich das Hemd über-
ziehenden Figur auf dem „Sommer" ist in Form
und Farben gleich porträtähnlich; wer das Modell
(eine Böhmin) nur einmal gesehen hatte, musste
diese Linien sofort wieder erkennen; auch das
kleine Mädchen mit dunkler Hautfarbe im Vorder-
grund ist vollkommen porträtähnlich.
Dass Makart gelegentlich auch schlecht, ja
schleuderhaft gemalt hat, kann nicht geleugnet
werden, aber bei dem „Betrieb" in der Gründer-
periode, wo vermögend gewordene Börsenmänner
auch „einen Makart" haben mussten und kaum
schnell genug „beliefert" werden sollten, wäre es
von einem in Mode gekommenen Maler verwunder-
lich gewesen, wenn er nicht die „Konjunktur" aus-
genützt hätte. So entstanden eine Menge von
schnell hingeworfenen dekorativen Bildern für die
Prunksäle des Geld- und Geburtsadels. Ich habe
solche Bilder wiederholt im Atelier gesehen, stets
nur sehr kurze Zeit, und ich glaube, Makart war
meist selbst froh, wenn sie — draussen waren.
Es konnte nicht fehlen, dass derlei seinem Rufe
sehr geschadet hat.
Aber ich wollte dies nur nebenbei erwähnen
und von seinem „künstlerischen Können" in der
Malerei berichten! Die Frage drängt sich unwill-
kürlich auf: Inwiefern steht Makarts oben
erwähnte Mal weise mit der Erhaltung
seiner Werke im Zusammenhang? War die
Methode richtig oder nicht? Worin bestand der
Fehler derselben?
Ich habe zwar schon vor etlichen Jahren über
diese Frage in dieser Zeitschrift meine Ansicht
geäussert, ich glaube es war vor 7 oder 8 Jahren*),
*) Im IV. Jahrg. 1908. Die Schriftleitung.
und zwar im Zusammenhang mit einigen, wie mir
schien, ungerechten Angriffen auf Makarts „lüder-
liche" Malweise, die ich richtig stellen wollte.
Soviel ich weiss, hatte Makart niemals andere
Farben und Malmittel im Gebrauch als die Kollegen
auch; es waren die gewiss guten Farben der
Düsseldorfer Firmen, die sich allgemeiner Beliebt-
heit erfreuten. Also nicht „seine" Farben waren
schlecht, sondern seine Methode der Malerei! Das
Schlimmste daran war aber, dass Makart, und
ebenso andere Maler der Zeit, nicht abwarten
konnten, bis die Unterschichten trocken genug
waren, um eine Uebermalung wagen zu können,
dass die Sikkative demnach eine wichtige Rolle
spielten, und die schneller trocknenden Oberschich-
ten die unteren noch nicht genug getrockneten
Lagen zum Reissen brachten. Und v/eil die Lacke
(Krapplack, venezianer Rot, Stil de grain u. a.)
ohnehin langsamer trocknen, in Verbindung mit
dem unvermeidlichen Asphalt überhaupt kaum je
ganz fest werden, sind die Bedingungen für frühen
Verfall der Malerei gegeben. Das ^beschönigen
zu wollen, wäre untunlich; aber es war doch nicht
immer so schlimm, als in einzelnen Fällen, wie
z. B. bei dem Bilde „Romeo an der Leiche der
Julia" (Wiener Galerie). Wenn Makart sein „Rezept"
in einem Zuge, und das war ja das Prinzip dabei,
ausführen konnte, dann war an der Me-
thode nichts auszusetzen, höchstens kam das
Nachdunkeln der nicht genügend lichtbeständigen
Lacke und des Asphalts in Frage (worüber sich
die Maler von damals auch nicht Rechenschaft
gaben und wovor sie damals von keinem Farben-
chemiker gewarnt wurden!). Deshalb sind Ma-
karts Bilder, z. B. die „Abundantia", die „moder-
nen Amoretten", die „Sieben Todsünden", die
seinen Ruf begründet hatten, in der Erhaltung
mindestens so gut, als die Werke der zeitge-
nössischen Kollegen.
Was Makarts künstlerisches Können von dem
seiner Mitgenossen auszeichncte, war der durch
Mittel seiner Technik herausgebildete eigene Stil.
In diesem Sinne war er durch und durch modern,
d. h. neuartig. Und „wie wahrhaft modern seine
Kunst damals war, das beweist der Einfluss, den
er auf die Gestaltung der Lebensformen seiner
Zeit tatsächlich geübt hat, ja sogar, was bisher
keinem andern Nichtfranzosen verstattet war, auf
die Kleidermode der Frauen, eine der malerisch-
sten, die es jemals gegeben hat, vom durchbro-
chenen Stiefel bis hinauf zum Rembrandthut",
sagt Alt auf S. 411 seines oben zitierten Buches.
Darin hat Alt wahrlich recht, und mich wun-
dert, dass niemand vorher auf diesen Einfluss
Makarts aufmerksam gemacht hatte. Von dem
Moment seines fast meteorartigen Auftretens hat
er Einfluss auf die künstlerische Auffassung seiner
engeren und weiteren Mitgenossen ausgeübt, die-
ser äusserte sich dann in der Popularität, die ihren