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64

Münchner kunsttechnische Bfätter.

Nr. n.

entstehen und nennt Rot die „gleichschwebende
Mitte".
Geib, Rot und Blau nennt er „primitive oder
Urfarben". „Alle drei Farben haben gleichen Wert",
im Gegensatz zu Goethes Annahmen. Wo aiso
Goethe in seiner Farbenlehre sich der sog. Drei-
farbentheorie anschiiesst, ist dies vielleicht auf See-
becks Einfluss zurückzuführen. Dazu kommt noch,
dass auch O. Ph. Runge in seinem Brief vom
ß. Juli 1806 die gleichen Grundsätze ausgespro-
chen hatte und dafür von Goethe mit Worten des
Lobes bedacht wurde, weil er sich „auf gleichem
Wege gefunden hätte". Seebeck begründet seine
auf den drei „Urfarben" basierte Theorie teils durch
Versuche mit farbigen Gläsern, teils durch farbige
Tinkturen und in einzelnen Fällen durch Mischung
spektraler Farben; dabei mengt er sog. additive
und subtraktive Farbenmischung durcheinander,
was ihm nicht einmal zum Vorwurf gemacht wer-
den kann, da er auf dem älteren Standpunkt steht.
Aber bei seinem Vorhaben kommt er doch zu
Resultaten, die ganz modern anmuten, wenn er
aus zwei sekundären Farben jeweils als Rest die
„primitiven" erhält, indem er annimmt, dass die
gleichen Anteile der drei Grundfarben in ihrer
Vermischung „sich zu Grau aufheben", also un-
wirksam werden.
Ein Beispiel dieser Rechnung ist folgendes:
o. F.
Orange besteht aus I T. Rot u. 1 T. Gelb_p° rbe)
Violett besteht aus 1 T. Blau u. 1 T. Rot "
1 Rot.
Diese Mischungsart ist naturgemäss nur bei
Spektralfarben möglich, nicht aber bei Pigmenten
oder Tinkturen, wobei auf den Unterschied zwi-
schen der Seebeckschen Bezeichnung, dass die drei
Farben sich zu Grau „aufheben" und der optischen
Mischung oder Summierung der Farben zu Grau
hingewiesen sei.
Von kleinen Meinungsverschiedenheiten abge-
sehen, hatte Goethe in Seebeck einen treuen Ge-
nossen gefunden, der ihm möglicherweise über
Schwierigkeiten bei Widerlegung der Newtonschen
Versuche behilflich gewesen ist.
Jedenfalls war Seebeck in physikalischen Din-
gen versiert; er hat später von der französischen
Akademie für seine Entdeckung der „entoptischen
Farben" die Hälfte eines Preises davongetragen,
dessen andere Hälfte Brewster (wegen anderer
Dinge) zugesprochen wurde. Goethe blieb mit ihm
in steter Verbindung und sein Berater in allen die
Farbenlehre betreffenden Dingen (vergl. den spä-
teren Briefwechsel Schopenhauers mit Goethe,
Reklams Ausg., S. 222, 230), er fügte dann auch
(i. J. 1817) Seebecks Abhandlung über die „Ent-
optischen Farben", worunter wir jetzt die Polari-
sationserscheinungen verstehen, der eigenen Aus-
gabe der Farbenlehre hinzu.
So galt Seebeck (um dies hier gleich vorweg-

zunehmen) als treuester Anhänger der Goetheschen
Lehren, die er wie auch der Berliner v. Henning
öffentlich vertrat. Umso merkwürdiger ist sein ab-
lehnendes Verhalten, als 1830 Schopenhauer ihn
wegen seiner Meinung befragt hatte, und er nur
dem äussersten Drängen Schopenhauers zugestand,
Goethes Annahme für richtig zu halten, aber keine
Ursache hätte, dies der Welt mitzuteilen (!), wo-
für ihn Schopenhauer eine „feige Memme" nannte
(s. Brief an Eastlake, a. a. O., S. 188). —
Nach Ueberwindung aller Schwierigkeiten konnte
endlich mit dem Druck begonnen werden und dieser
dauerte lange genug (die ersten Bogen waren
i. J. 180/ bereits in Goethes Händen), weil der-
selbe „auf gar vielerlei Weise unterbrochen" wor-
den, und Goethe manches, was bereits für den Druck
bestimmt war, nochmals umzuarbeiten für gut be-
fand, und schliesslich weder der polemische noch
der historische Teil so rasch, als erwartet worden
war vorrückte, so dass der Abschluss des ersteren
Teils auch erst 1810 erfolgte (Annalen, Abs. 748).
„Zuletzt noch, wo alles Zusammentreffen" sollte,
machte die Farbenlehre, wie Goethe am 7. Mai
an Karl August schrieb „mancherlei Not", „viel
Unruhe und Mühe", und er empfand den 16. Mai
1810 als Befreiungstag von der grossen Last, da
die Farbenlehre in zwei Bänden erschienen und
Goethe sich in den Wagen setzte, um nach Böh-
men zu fahren.
Schmelzarbeit (Email) aut Metall.
(Schluss.)
Im !2. Jahrhundert wird der Schmelz feinkörniger.
Die einzelnen Zellen sind nicht mehr einfarbig gefüllt,
sondern enthalten Lichter und Halbtinten, in der Ab-
sicht des Modellierens. Wenn die herbe Strenge des
alten Stils dadurch schon beeinträchtigt wird, so ver-
schwindet diese noch mehr im 13. und 14. Jahrhundert.
Nun sind die Figuren nicht mehr emailliert, sondern
nur der Grund, dessen herrschende Farbe das Blau ist.
Auf ihm sind die Figuren entweder flach mit eingravierten
Details abgehoben oder im Halbrelief ausgeführt und
vergoldet. *)
b) Durchsichtige Schmelzmalerei über Relief (Emaux
de basse taille). — Nach der Ueberwindung des byzan-
tinischen Elements während des neuerwachten Kunst-
lebens in Italien konnte sich auch die alte schwerfällige
und Hache Schmelzarbeit nicht mehr halten. Letztere
verlor überhaupt den grössten Teil ihres alten Ansehens
und erhielt sich nur noch in der Goldschmiedekunst,
durch das Eintreten in eine ganz neue Technik oder
vielmehr durch die Rückkehr zu einer uralten, die wahr-
scheinlich von den Goldschmiedemeistern Italiens ge-
wissen Ueberresten römischer Glaswaren abgeborgt
wurde, in denen sich dünne gravierte und getriebene
Goldplättchen unter der glasigen Decke zeigen.

*) Hauptwerke: Grabtafel des St. Pront zu Pöri-
gueux; deren Reste im Besitze des Abbö Texier; nach
letzterem das bekannt älteste Limusiner Werk (1077).
Grabtafel Gottfrieds Plantagenet, Grafen von Anjou,
f 1151 zu Mans.
Zwei Tafeln im Hotel Cluny, Teile eines Altars zu
Grandmont aus derZeit zwischen 1073 und n88.
 
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