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Nr Münchner kunsttechnische Blätter.

doch kann das Südzimmer eventuell durch einen
Wandeinbau in zwei Teiie geteilt werden. Je nach
Gesamtlage ergäbe dieser Atelier-Bau 6 Ateliers,
wovon je zwei im Parterre und I. Stock den für
die Terrasse beanspruchten Raum an Tiefe gewän-
nen, während im 2. Stock die Möglichkeit zur Ein-


Oberlicht.
fügung von Oberlicht im Anschluss an das Seiten-
licht gegeben ist. Vom Atelier führt eine kleine
Tür zu einem halboffenen, aber gedeckten Raum,
der beim Malen gute Dienste leisten wird, und
wo auch Requisiten untergebracht werden könnten.
Für dieZwecke eines Tiermalers würde sich
die Anordnung so gestalten lassen, wenn dem Atelier
zu ebener Erde, nach dem Hof oder Garten ge-
legen, an Stelle der Terrasse ein verglaster Anbau
angegliedert würde, der so einzurichten wäre, dass
ein Gespann Ochsen oder ein Reiter zu Pferd ein-
und ausgeführt werden können. Bei schlechter
Witterung und im Winter werden solche Studien-
Ateliers für Tiermalerei gute Dienste leisten.
IV.
Eine besondere Besprechung erfordern die-
jenigen Ateliers, die mit der Wohnung des Inhabers
vereinigt sind, die sog. Atelierwohnungen. Sie
sind naturgemäss so ungemein verschieden, je nach
den Bedürfnissen, für die sie geschaffen werden,
je nach dem vorhandenen Raume, nach den Bau-
vorschriften usw.
Man kann aber von vornherein einzelne Arten
derselben unterscheiden und zwar
t. wenn solche Atelierwohnungen im obersten oder
Dachgeschoss eines Hauses, oder
2. wenn sie innerhalb eines Stockwerkes
gelegen sind.
Im ersteren Falle handelt es sich meistens um
bessere Ausnützung des Dachgeschosses, aber an
Bequemlichkeiten für Zwecke einer Familie oder
der Haushaltführung fehlt es hier sehr oft! In
einzelnen Städten ist zwar der Künstler in solchen
Dachateliers „geduldet", aber zu Wohnzwecken ist
deren Gebrauch verboten (z. B. in Berlin wegen
Feuersgefahr).
Der zweite Fall gestattet dem Inhaber viele
Annehmlichkeiten. Man findet solche Wohnungen

sogar in ganz modernen Häusern mit „allem neu-
zeitlichen Komfort", wie Zentralheizung, Lift usw.
Aber sie haben doch ihren Zweck verfehlt, wenn
nicht bestimmte Voraussetzungen vorhanden sind,
und zwar muss
1. das Atelier am Ende der Flucht von Wohn-
räumen liegen, und niemals zwischen drin, wie
man es jetzt so oft sieht;
2. muss man von einem gesonderten Eingang in
dasselbe gelangen, und nicht erst durch ein mit
der Wohnung gemeinsames Entree.
Dies kann entweder dadurch erreicht werden,
wenn vom Stiegenhaus ein besonderer Eingang
ins Atelier geschaffen wird, oder wenn eine ge-
trennte Treppe (Dienerschaftseingang) zum Atelier
führt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Es muss
eine vollständige Trennung des Ateliers vom Haus-
wirtschaftsbetrieb ermöglicht werden, damit der
Künstler ungestört arbeiten kann; auch die even-
tueH vorhandenen Kinder, so gern man sie sonst
um sich haben mag, sind während der Arbeit fern-
zuhalten. Auch ist es wichtig, wenn z. B. Modelle
nicht den Wohnungseingang zu benutzen brauchen,
von wegen der unausbleiblichen Reibung mit den
dienstbaren Geistern und dergl.
Noch vorteilhafter als die Atelier-Wohnungen
in obiger Art sind jene Anlagen, wo sich das Atelier
in einem höheren Stockwerke, etwa durch eine
innere Treppe mit der Wohnung verbunden, be-
findet, wie sie in grösseren Städten, z. B. in Wien
oder Berlin, für Porträtmaler mit vornehmer Klientel
mitunter gebaut werden. Auch hier ist es richtig,
wenn ein zweiter Eingang vom Stiegenhaus vor-
gesehen und die Trennung vom Hauswirtschafts-
betrieb strenge vorgenommen ist.
So verschieden die Wünsche und Bedürfnisse
des Künstlers, sei er nun Figuren- oder Genremaler,
Landschafter, Illustrator oder Kunstgewerbler, Ar-
chitekt u. a., so verschieden werden deren An-
sprüche auf die Wohn- und Arbeitsgelegenheiten
sein. Es erübrigt hier deshalb, Vorschläge oder
Planskizzen einzureihen. Noch „persönlicher", so
möchte ich sagen, werden derlei Wohn- und Ar-
beitsgelegenheiten sich geltend machen, wenn des
Künstlers äussere Verhältnisse es ihm gestatten,
ein eigenes Heim zu erwerben. Dann ist die
Möglichkeit gegeben, es sich nach eigenen Plänen
und ganz speziellen Bedürfnissen, nach eigenem
Geschmack, und soweit es die Geldmittel gestat-
ten, mit grösstem Luxus auszubauen. Derlei „fürst-
liche" Künstlerheime sind in unserer Zeit nicht so
selten; in München haben viele Künstler ihr eigenes
Heim, eigene Ateliergebäude oder in ihrem Hause
eingebaute Ateliers, von älteren Meistern wie Def-
regger, Grützner, Max, F. A. v. Kaulbach, Hilde-
brandt oder von den Jüngeren Stuck, Hahn u. a.
Berühmt ist Lenbachs Atelier mit den in italie-
nischer Renaissance prunkhaft eingerichteten Vor-
räumen, die vollgefüllt mit den erlesensten Kunst-
 
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