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Mönchen, 22. April 1918.

Beilage :ar „Werkstatt der Kcest" (E. A. Seeanea, Leipzig).
FrsohaiBt!4tägig aater Leitaag V9a Maier Prof. Erast Berger.

UV. Jahrg. Nr. 16.

'mhalt: Haltechnische Plauderei. Von Prof. A!b. Wirth. — Der Atelier-Bau. (Schluss.) — Kurze Bemerkungen
zu Goethes Farbenlehre. Von E. B. — Mussbecks Nitrogenkassetten. — Lichtfarbenlehre.

Maliechnische Plauderei.
Von Prof. Alb. Wirth.

Es war in einer Monatsversammlung desV. d. J.,
als mich ein befreundeter Kollege begrüsste mit
den Worten: „Also endlich finde ich Sie; ich war
einigemal zu Ihrer Sprechstunde in der Hochschule
für die bildenden Künste, ohne Sie zu treffen, iand
niemand vor; hoffentlich war keine ernstliche Ur-
sache der Grund Ihrer Abwesenheit."
„Doch mein Lieber, ich war und zwar zum
ersten Male in so langer Zeit durch Kranksein einige
Wochen verhindert, bin aber wie Sie sehen, wie-
der auf dem Damm, wie man zu sagen pflegt. Sie
wollten gewiss eine Auskunft von mir haben.
Stimmts ?"
„Natürlich möchte ich von Ihrer gütigen Er-
laubnis Gebrauch machen. Doch vor allem meinen
Glückwunsch zur Wiedergenesung. Was war es
denn?"
„Davon später, gehen wir gemütlich zur Sache
selbst." — Bald sassen wir beisammen und be-
sprachen die Angelegenheit meines Freundes,
welche, wie ich vermutet hatte, maltechnischer Art
war. Das war ich gewohnt und tat es stets gerne,
wenn es in seinen Grenzen blieb, nur wenn mir,
was öfters vorkam, zugemutet wurde, in zehn oder
zwanzig Minuten jemand eine Technik zu erklären
oder gar beizubringen, von welcher er vorher keine
Ahnung hatte, die nur durch monat- oder jahre-
lange Uebung zu erkennen war, dann riskierte ich
es — für ungefällig gehalten zu werden und schlug
— ein anderes — Thema an.
Also zur Sache!
„Was liegt Ihnen auf dem Herzen, mein lieber
Freund? Sprechstunde eröffnet — für Kollegen und
liebe Freunde." „Immer der alte Professor", mur-
melte mein Freund lächelnd. — „Ja mit siebzig
Jahren gehört man schon zu dem biblischen Alter,
doch bei mir hat das Alter den Vorteil, dass es

die gesammelten Erfahrungen verwerten kann und
doch gibts immer wieder Neues. Besonders bringt
solch eine Kriegsperiode wieder alles durcheinander,
weil das Material nicht mehr zuverlässig ist, also
die Anwendung unsicherer wird als je."
„Das ist es gerade, wovon ich reden wollte.
Da ist mir unlängst passiert, dass ich in gewohnter
Weise auf grundierter Pappe mit den bisherigen
Tubenfarben eine Studie male — die teilweise gar
nicht trocknet, teilweise klebrig bleibt. Ich mag
machen was ich will — es hilft nichts und doch
ist alles, Grund, Farben, Oel dasselbe wie sonst
— wie kommt das?"
„Alles dürfte nicht wie sonst — gewesen sein,
sonst wär es trocken wie sonst — aber gerade
das herauszufinden, was nicht, wie sonst, ist— oder
war, das macht Schwierigkeiten. Vor allem muss
man den verunglückten Gegenstand vor sich haben
und befühlen und besichtigen können. Da dies
hier nicht der Fall ist, müssen die Möglichkeiten
wenigstens berührt werden:
Erste Möglichkeit, Grund — fällt weg — war,
wiesonst — zweiteMöglichkeit,Farben — dakommt
schon die Möglichkeit im Bindemittel, das in der
Oelfarbentube steckt — es kann also schlechtes
Leinöl oder Mohnöl sein — was jetzt sehr erklär-
lich sein dürfte.
Auch das Terpentinöl ist nicht mehr I erpentin
— sondern Kienöl und anderes Zeugs.
Aber es gibt noch andere zufällige Ursachen,
an welche man oft gar nicht denkt und eine solche
will ich Ihnen als Beispiel erzählen.
In meiner Klasse für Farben, Technik und Fresko
an der Akad. Hochschule wurden Farben in Pul-
ver gerieben, beschrieben und erklärt und zuletzt
mit den geriebenen Farben Malversuche gemacht
auf selbstgemachtem Grund
 
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