Zur Verkehrspolitik des Herzogtums Nassau
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schall v. Bieberstein 2) hatte in diesem Zusammenhang geäußert: „Keine Regie-
rung wird geneigt sein, sich einer Autorität zu unterwerfen, die ihr zum großen
Teile fremd ist, indem sie so die wesentlichsten Rechte opfert." 3) Wohl wurde,
wie auf dem Wiener Kongreß beschlossen, die Verwaltung des Stromes den
Uferstaaten entzogen und einer Zentralkommission übergeben, die ihren Sitz in
Mainz nahm und am 5. Aug. 1816 zum erstenmal zusammentrat, womit die Ver-
fügungsgewalt über den Wasserweg nunmehr endgültig den Anrainerstaaten
entzogen und Gegenstand eines völkerrechtlichen Vertrages geworden war 4).
Daraufhin aber kämpfte Nassau umso energischer um die Beibehaltung der
Zölle, die aufzuheben es deshalb für unzweckmäßig hielt, weil sie ihm, einem
relativ finanzschwachen Land, eine bedeutende Einnahmequelle waren. Gewiß
hatten durch die am 31. März 1831 zu Mainz unterzeichnete ,Rheinschiffahrts-
akte' die alten Umschlags- und Stapelrechte sowie die Vorrechte der Schiffer-
gilden und die hiermit verbundenen Abgaben beseitigt werden können; Zoll-
freiheit aber auf dem Rhein zu erreichen, war, nicht zuletzt wegen des Ein-
spruchs der nassauischen Regierung, nicht geglückt, weil man sich hierdurch
einer Einnahmequelle begeben hätte, die wohl Staaten wie die Niederlande')
und Preußen entbehren konnten, nicht aber das im Vergleich hierzu arme Her-
zogtum Nassau. Seine Ablehnung gegenüber dem Bemühen, die Zölle zu be-
seitigen, motivierte es mit den laufend notwendigen Ausgaben für Leinpfade,
Uferbauten und nicht zuletzt den ausgesetzten Renten und Pensionen für die
auf sie angewiesenen Fürsten 6). Wie entscheidend bedeutsam für den nassau-
ischen Staatshaushalt beispielsweise der zu Kaub erhobene Zoll, wenn man ihn
unter dem Aspekt der Finanzschwäche Nassaus betrachtet, sein mußte, lassen
die Nettoeinnahmen während der Jahre 1837—47 erkennen. Sie betrugen
während dieser Zeit durchschnittlich 170 577,34 Gulden 7).
Diese bedeutenden Jahresnettoeinnahmen aus dem Kauber Zoll verdeut-
lichen gleichzeitig das Ausmaß des Rheinschiffsverkehrs. Immerhin befuhren zu
dieser Zeit bereits 100 Dampfschiffe und 36 Schleppschiffe, die ebenfalls mit
Dampfkraft betrieben wurden, den Strom. Wie groß zu dieser Zeit die Zahl
der Segelschiffe, die — bis zur Entwicklung des Dampfschiffes 8) — auf dem
Rhein als Transport- und Personenfahrzeuge tonangebend gewesen waren und
auch noch eine ganze Weile blieben, wird bei der Menge der Schiffseigner wohl
nie genau ermittelt werden können. Doch vermag man sich in etwa eine Vor-
stellung von der Größe der Segelschiff-Flotte zu machen, wenn man erfährt, daß
trotz der seit den 20er Jahren immer stärker werdenden Dampfschiff-Flotte auf
dem Rhein die Zahl der neu gebauten Segelschiffe bis zum Jahre 1848 stieg. So
waren 1845 290 neue Segelschiffe für den Verkehr auf dem Fluß geeicht wor-
den; 1848 waren es 324 gewesen 9).
2) Vgl. hierzu W. MENN, Ernst Franz Ludwig Frh. Marschall v. Bieberstein 1770—1834, in:
Nassauische Lebensbilder Bd. 6 (1961) S. 114—83.
3) E. GOTHEIN, Geschichtliche Entwicklung der Rheinschiffahrt im 19. Jh., in: Schriften d. Ver-
eins f. Sozialpolitik Bd. 101 (1903) S. 71.
4) J. Wilden, Hundert Jahre Düsseldorfer Dampfer, Die Entwicklung der Personenschiffahrt
auf dem Rhein (1936), S. 27.
5) Für die zu Tal gehenden und für holländische Häfen bestimmten Güter gewährte die Re-
gierung im Haag 1837 völlige Freiheit von Rheinzöllen; für die zu Berg gehenden und aus
niederländischen Häfen kommenden Güter wurde nur die Hälfte der festgesetzten Zölle er-
hoben (H. Meidinger, Die deutschen Ströme in ihren Verkehrs- und Handelsverhältnissen, 2.
Abt.: Der Rhein und seine schiffbaren Nebenflüsse und Kanäle, 1839, S. 39).
6) So wurden aus dem Kauber Zoll bestritten die Renten an das fürstliche Haus Isenburg, an
den Grafen Stolberg-Wernigerode, an den Grafen Stolberg-Roßlar, an den Grafen Stolberg-
Stolberg, an den Grafen Leiningen-Westerburg und an den Grafen Leiningen-Billigheim (Mei-
dinger S. 44).
7) Ebd. S. 44 f.
8) 1816 hatte zum erstenmal ein Dampfschiff den Rhein befahren.
9) Meidinger S. 71.
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schall v. Bieberstein 2) hatte in diesem Zusammenhang geäußert: „Keine Regie-
rung wird geneigt sein, sich einer Autorität zu unterwerfen, die ihr zum großen
Teile fremd ist, indem sie so die wesentlichsten Rechte opfert." 3) Wohl wurde,
wie auf dem Wiener Kongreß beschlossen, die Verwaltung des Stromes den
Uferstaaten entzogen und einer Zentralkommission übergeben, die ihren Sitz in
Mainz nahm und am 5. Aug. 1816 zum erstenmal zusammentrat, womit die Ver-
fügungsgewalt über den Wasserweg nunmehr endgültig den Anrainerstaaten
entzogen und Gegenstand eines völkerrechtlichen Vertrages geworden war 4).
Daraufhin aber kämpfte Nassau umso energischer um die Beibehaltung der
Zölle, die aufzuheben es deshalb für unzweckmäßig hielt, weil sie ihm, einem
relativ finanzschwachen Land, eine bedeutende Einnahmequelle waren. Gewiß
hatten durch die am 31. März 1831 zu Mainz unterzeichnete ,Rheinschiffahrts-
akte' die alten Umschlags- und Stapelrechte sowie die Vorrechte der Schiffer-
gilden und die hiermit verbundenen Abgaben beseitigt werden können; Zoll-
freiheit aber auf dem Rhein zu erreichen, war, nicht zuletzt wegen des Ein-
spruchs der nassauischen Regierung, nicht geglückt, weil man sich hierdurch
einer Einnahmequelle begeben hätte, die wohl Staaten wie die Niederlande')
und Preußen entbehren konnten, nicht aber das im Vergleich hierzu arme Her-
zogtum Nassau. Seine Ablehnung gegenüber dem Bemühen, die Zölle zu be-
seitigen, motivierte es mit den laufend notwendigen Ausgaben für Leinpfade,
Uferbauten und nicht zuletzt den ausgesetzten Renten und Pensionen für die
auf sie angewiesenen Fürsten 6). Wie entscheidend bedeutsam für den nassau-
ischen Staatshaushalt beispielsweise der zu Kaub erhobene Zoll, wenn man ihn
unter dem Aspekt der Finanzschwäche Nassaus betrachtet, sein mußte, lassen
die Nettoeinnahmen während der Jahre 1837—47 erkennen. Sie betrugen
während dieser Zeit durchschnittlich 170 577,34 Gulden 7).
Diese bedeutenden Jahresnettoeinnahmen aus dem Kauber Zoll verdeut-
lichen gleichzeitig das Ausmaß des Rheinschiffsverkehrs. Immerhin befuhren zu
dieser Zeit bereits 100 Dampfschiffe und 36 Schleppschiffe, die ebenfalls mit
Dampfkraft betrieben wurden, den Strom. Wie groß zu dieser Zeit die Zahl
der Segelschiffe, die — bis zur Entwicklung des Dampfschiffes 8) — auf dem
Rhein als Transport- und Personenfahrzeuge tonangebend gewesen waren und
auch noch eine ganze Weile blieben, wird bei der Menge der Schiffseigner wohl
nie genau ermittelt werden können. Doch vermag man sich in etwa eine Vor-
stellung von der Größe der Segelschiff-Flotte zu machen, wenn man erfährt, daß
trotz der seit den 20er Jahren immer stärker werdenden Dampfschiff-Flotte auf
dem Rhein die Zahl der neu gebauten Segelschiffe bis zum Jahre 1848 stieg. So
waren 1845 290 neue Segelschiffe für den Verkehr auf dem Fluß geeicht wor-
den; 1848 waren es 324 gewesen 9).
2) Vgl. hierzu W. MENN, Ernst Franz Ludwig Frh. Marschall v. Bieberstein 1770—1834, in:
Nassauische Lebensbilder Bd. 6 (1961) S. 114—83.
3) E. GOTHEIN, Geschichtliche Entwicklung der Rheinschiffahrt im 19. Jh., in: Schriften d. Ver-
eins f. Sozialpolitik Bd. 101 (1903) S. 71.
4) J. Wilden, Hundert Jahre Düsseldorfer Dampfer, Die Entwicklung der Personenschiffahrt
auf dem Rhein (1936), S. 27.
5) Für die zu Tal gehenden und für holländische Häfen bestimmten Güter gewährte die Re-
gierung im Haag 1837 völlige Freiheit von Rheinzöllen; für die zu Berg gehenden und aus
niederländischen Häfen kommenden Güter wurde nur die Hälfte der festgesetzten Zölle er-
hoben (H. Meidinger, Die deutschen Ströme in ihren Verkehrs- und Handelsverhältnissen, 2.
Abt.: Der Rhein und seine schiffbaren Nebenflüsse und Kanäle, 1839, S. 39).
6) So wurden aus dem Kauber Zoll bestritten die Renten an das fürstliche Haus Isenburg, an
den Grafen Stolberg-Wernigerode, an den Grafen Stolberg-Roßlar, an den Grafen Stolberg-
Stolberg, an den Grafen Leiningen-Westerburg und an den Grafen Leiningen-Billigheim (Mei-
dinger S. 44).
7) Ebd. S. 44 f.
8) 1816 hatte zum erstenmal ein Dampfschiff den Rhein befahren.
9) Meidinger S. 71.