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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 77.1966

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Literaturbesprechung
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https://doi.org/10.11588/diglit.70353#0379

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Literaturbesprechung
I. Handbücher, Quellenveröffentlichungen, ArchivInventare
Hessen-Lexikon. Alles Wissenswerte über das Land Hessen von Rudolf Klein. Beiträge von
Rudolf Klein, Erich VOIGT und Johannes Willem. Frankfurt a. M.: Umschau Verlag 1965.
IL u. 492 S., 73 Fotos auf 24 S. Kunstdruckpap., 1'95 Zeichn., Statistiken, Ktn., dav. eine
mehrfarb.; abwaschb. Kunststoffeinband. DM 32,80.
Das Lexikon, das für sich den Ruhm in Anspruch nehmen kann, „das erste umfassende
Nachschlagewerk über ein Land der Bundesrepublik" zu sein, gliedert sich in drei Teile, einen
allgemeinen (S. XIII—IL), einen Lexikonteil = Teil I (S. 1—402) und einen Ortsteil = Teil II
(S. 403—491). Angefügt sind eine Regentenstammtafel der Landgrafen von Hessen und eine
Übersichtskarte von Hessen.
Der allgemeine Teil enthält „Hessen in Zahlen" (statistische Tabellen über Größe und Ein-
wohnerzahl des Landes, der Regierungsbezirke, Kreise usw., über Straßen, Berge, Flüsse, Ver-
kehr und Wirtschaft). Es folgen ein gedrängter Abriß der geschichtlichen Entwicklung, der
geologische Aufbau und die Geographie des Hessenlandes, politische Gliederung, Zusammen-
setzung der Landesregierung und des Landtages mit Daten über alle Minister und Abgeord-
neten, ein Überblick über die hessische Wirtschaft und ein Literaturverzeichnis einschließlicli
Atlanten und Karten. — - In Teil' I werden 2744 Stichwörter aus den Gebieten „Politik und
Geschichte, Geographie, Kunst und Kultur, Religion, Erziehungs- und Bildungswesen, Sport-,
Sozial- und Gesundheitswesen, Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft, Handel, Industrie,
Landwirtschaft, Verkehr" geboten, „außerdem alle Städte und größeren Landgemeinden, histo-
rische und landschaftliche Sehenswürdigkeiten sowie Persönlichkeiten aus Vergangenheit und
Gegenwart" behandelt. Im Teil II sind alle 2693 selbständigen Gemeinden aufgeführt, wobei
auf die im Lexikonteil enthaltenen nur noch verwiesen wird.
Der umfangreichste und wichtigste Teil I birgt eine Fülle von Material aus allen Wissens-
sparten. In ihm findet man z. B. Artikel über große Industrieunternehmen mit Gründungs-
datum, Besitzer, Produktion, Kapital, Umsatz und Belegschaftsstärke, über Verlage und Tages-
zeitungen mit Auflagenhöhe, über Vereine und Verbände, wichtige aus Hessen stammende
oder in Hessen tätig gewesene bzw. noch wirkende Persönlichkeiten, darunter alle Minister,
Regierungspräsidenten und Oberbürgermeister, geographische Namen, die Entwicklungsge-
s chichte aller wichtigeren Herrschaften und Territorien und vor allem die größeren Orte mit
Postleitzahl, Kreiszugehörigkeit, Einwohnerzahl und stärkster Konfession, Kirchen, Schulen,
Behörden und Krankenhäusern, Heimatfesten (!) und Schwimmbädern (!), Industrie, Sehens-
würdigkeiten und oft auch mit einem Abriß über die Geschichte.
Im großen und ganzen sind die Artikel gründlich und zuverlässig, doch sind auch eine
Reihe von Fehlern und Unstimmigkeiten unterlaufen. Am schlimmsten ist es den Battenbergern
(Mountbatten) ergangen. Über sie erfährt der erstaunte Leser, daß sie von dem alten Grafen-
geschlecht v. Battenberg [vor 1300 erloschen!] abstammen und daß der englische Prinzgemahl
Philipp ein Sohn des Prinzen Louis v. B. sei. In Wirklichkeit ist er dessen Enkel und Sohn des
Prinzen Andreas von Griechenland. In Hachborn bestand kein Augustinerkloster, sondern ur-
sprünglich ein Doppelstift, dann Prämonstratenserinnenkloster. Der Burgberg bei Ermschwerd
trug keine frühgeschichtliche Fliehburg, sondern einen karolingischen Königshof. Die Darm-
städter Stadtkirche stammt nicht von 1330, sondern wurde erst 1369 aus der damals erstmalig
erwähnten Kapelle in eine Pfarrkirche umgewandelt. Der „Lange Ludwig" in Darmstadt ver-
dankt seinen Namen nicht dem Großherzog Ludwig X., sondern dem Landgrafen Ludwig X.,
als Großherzog der erste. Paderborn wurde im 8. Jh. als Bistum, nicht als Erzbistum gegründet
und erst 1929/30 zum Erzbistum erhoben usf.
Unter den Persönlichkeiten sind die hessischen Landeshistoriker unverdient schlecht weg-
gekommen. Neben dem als einzigen behandelten Georg Wilhelm Diehl hätte eine Reihe
weiterer Erwähnung verdient, wie etwa Baur, Küch, Landau, Rommel und Wenck, um nur
einige zu nennen. Auch um Politiker vor der Französischen Revolution ist es schlecht bestellt.
Johann Feige, Friedricli Carl v. Moser (er wird nur unter Hessen-Darmstadt als Karl v. Moser
aufgeführt), Georg Ludwig Ernst v. Preuschen und manch anderer bleiben unerwähnt, ebenso
der Maler Otto Ubbelohde. Man möchte sicli auch wünschen, daß wenigstens alle Örtlichkeiten,
die in den Historischen Stätten von Hessen näher beschrieben sind, im Hessen-Lexikon berück-
sichtigt würden (z. B. fehlen die Klöster Eppenberg, Klarenthal, Thron, Wirberg u. a.). Der
„Mut zur Lücke" (Vorwort) ist gewiß lobenswert, sollte aber nicht übertrieben werden.
Auf der Übersichtskarte am Schluß ist die Auswahl der eingezeichneten Eisenbahnen
schlecht getroffen. So ist z. B. von der großen Fernverbindung München/Nürnberg — Fulda-
Hamburg nur das Stück Fulda—Bebra (dann weiter durch das Fuldatal) eingezeichnet, die von
Basel/Stuttgart—Frankfurt—Kassel — Göttingen—Hamburg über die nur noch für Nahziige be-
nutzte Strecke Dransfeld geführt, so daß der Knotenpunkt Eichenberg ganz fortfällt. Statt
der Nebenstrecke Kirchhain—Burg-Gemünden wären besser die Linien Aschaffenburg—Darm-
stadt—Wiesbaden (nur Groß-Gerau-W.) und Wiesbaden/Frankfurt—Limburg angegeben wor-
den.

Nass. Ann. Bd. 77

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