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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 77.1966

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Kleine Beiträge
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Azzola, Friedrich Karl: Die Scheibenkreuzplatte in der Klosterkirche Marienstatt
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https://doi.org/10.11588/diglit.70353#0374

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Kleine Beiträge

Die Scheibenkreuzplatte in der Klosterkirdie Marienstatt ')
Mit zwei Tafeln

Von Friedrich Karl Azzola

Abmessungen der Platte in cm: Gesamthöhe 202; Breite oben 64, unten 56; Außendurch-
messer der Scheibe: 54; Höhe des Kreuzes: 43,5; Breite der Kreuzhalken: 8; Profilhöhe des
Ringes und des Kreuzes: 1,0 bis 1,2; Länge des Stabes: 130; Breite des Stabes oben 4, unten
3; Profilhöhe des Stahes 2,0. — Material: Sandstein.
Die bisherigen Arbeiten über das Scheibenkreuz als mittelalterliches Grabzeichen
in Hessen beschränkten sich auf Scheibenkreuz-Grabsteine 2), aufrecht stehende Steine
mit einem runden Oberteil 3), in dem ein Kreuz eingebettet liegt. Als Beispiel zeigt
Tf. XVII den Scheibenkreuz-Grabstein des Hens Bechte. Dieser Stein wird heute in der
Sakristei der Pfarrkirche von Kirchberg/Lahn bei Lollar aufbewahrt und entstammt
der Zeit um 1540 4).
Nicht nur aufrecht stehende Grabsteine, sondern auch liegende Platten wurden mit
dem Scheibenkreuz als Grabzeichen versehen, woraus sich deren Bezeichnung „Schei-
benkreuzplatte" ableitet °). Tf. XVIII zeigt die trapezförmig sich nach unten hin verjün-
gende Scheibenkreuzplatte aus der Klosterkirche Marienstatt, die mit einem schlichten
Scheibenkreuz in der Art eines Vortragekreuzes versehen ist. Die Platte soll einst die
Gebeine der Gräfin Aleydis von Molsberg bedeckt haben 6). Die Gräfin stiftete i. J.
1212 den Grundbesitz zur Errichtung der Abtei, weshalb heute der Stein auch als
„Stiftergrab" bezeichnet wird.
Wichtig für Arbeiten über mittelalterliche, inschriftlose Scheibenkreuzplatten ist
die Möglichkeit einer recht zuverlässigen Datierung des Marienstatter Beispiels. Der
Stein kann nicht vor dem 13. Jh. entstanden sein, da das Kloster erst i. J. 1212 ge-
gründet wurde. Hierdurch ist die Gefahr einer zu frühen Datierung, wie sie bei in-
schriftlosen Grabsteinen und Platten stets vorhanden ist, weitgehend gebannt. An-
dererseits ist die Scheibenkreuzplatte nicht nach 1400 angefertigt worden, denn dazu
ist sie als Typ zu alt. Man geht deshalb nicht fehl, sie dem 13. Jh., genauer: der
1. Hälfte des 13. Jhs. zuzuordnen. Ob die heute in der Klosterkirche Marienstatt auf-
gestellte Scheibenkreuzplatte einst das Grab der Stifterin deckte, bleibt ungewiß, ob-
gleich die Datierung diese Möglichkeit nicht ausschließt.

9 Der Zisterzienser-Abtei Marienstatt, vertreten durch Pater Albert Kloth, S.O.Cist., sei
auch an dieser Stelle für die freundliche Genehmigung einer kurzen Besprechung des „Stifter-
grabes" herzlich gedankt.

2) Bisher konnten im Raum Gießen — - Friedberg — Büdingen — Ziegenhain — Marburg
insgesamt 21 Scheibenkreuz-Grabsteine aus dem Zeitraum von ca. 1200 bis 1577 nach-
gewiesen werden; s. hierzu auch folgende Arbeiten des Verf.s: „Die beiden Gießener Schei-
benkreuze — ein Beitrag zur Frage früher Grabsteinformen", in: Ztschr. f. hess. Gesch.
73 (1962) S. 122—23; „Weitere Scheibenkreuze aus dem Raum Gießen — • Marburg" (Grab-
steine), in: Hessische Heimat NF 13 (1963) Nr. 4/5 S. 20—23; „Mittelalterliche Scheibenkreuz-
Grabsteine der Wetterau", in: Wetterauer Geschichtsblätter 1965 (im Druck); „Büdingens
spät- und nachmittelalterliche Scheibenkreuz-Grabsteine", in: Biidinger Geschichtsblätter VI,
1966 (im Druck); „Das Marburger Scheibenkreuz — ein mittelalterlicher Grabstein?", in:
Hessische Heimat NF 15 (im Druck).

3) Diese Definition gibt Wilhelm BrockpäHLER: „Steinkreuze in Westfalen", Münster 1963,
S. 11.

4) Dieser Stein ist in der unter Anm. 2 genannten Arbeit „Weitere Scheibenkreuze im Raum
Gießen — - Marburg" behandelt. Der gleichen Arbeit ist auch Tf. XVII entnommen.

5) Eine genaue Definition der Begriffe findet sich bei F. K. Azzola: „Zur Nomenklatur der stei-
nernen Flurdenkmäler und frühen Grabsteinformen", in: Das Steinkreuz (Mittlgsbll. d. dt.
Steinkreuzforschung) 21, 1965 Nr. 2 (im Druck).

6) Pater Albert Kloth, S.O.Cist., laut persönl. Mitteilung vom 20. 8. 1965, wofür auch an dieser
Stelle herzlich gedankt sei.
 
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