Aphrodite Daitis
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Von der Aphrodite Daitis ist die für Ephesos bereits bezeugte Aphrodite
Epidaitis^) nicht zu trennen. Servius zur Aeneis I 720, der letzteren Beinamen
überliefert, erzählt zu seiner Erklärung* folgende Geschichte ?): Alexis und Meliboia
liebten sich gegenseitig und schwuren sich zu heiraten, sobald ihre Zeit gekommen
wäre. Da die Eltern Meliboia jedoch einem anderen verlobten, verließ Alexis
freiwillig die Heimat. Meliboia aber stürzte sich am Hochzeitstage vom Dach des
Hauses und Roh, da sie unversehrt blieb, zur Meeresküste. Dort bestieg* sie ein
Boot, dessen Taue sich von selbst lösten und das sie zu der Stelle führte, wo ihr
Geliebter g*erade mit seinen Gefährten ein Mahl bereitete. Alexis erbaute der
Aphrodite einen Tempel und nannte sie Αότομ^τη, weil sich die Schiffstaue von
selbst g'elöst hatten, und Έπίοαίτις, weil Meliboia g*erade beim Mahle zu ihm ge-
kommen war.
So töricht die hier vorgebrachte Erklärung* der beiden Epitheta ist, an
ihrem Vorkommen im ephesischen Aphroditekulte darf nicht gezweifelt werden.
Aphrodite Automate ist, wie der Name sagt, die Göttin einer Liebe, die (wie jene
der Meliboia) von selbst entsteht und sich durchsetzt ohne Rücksicht auf den
Willen der Eltern und die konventionellen Sitten, welche das Liebesieben der
jungen Mädchen im griechisch-orientalischen Dulturkreis eineng'ten und ihr Herz
bei der Wahl des Gatten nicht allzuoft mitsprechen ließen. Nur bei den Götter-
iesten waren diese Fesseln gelockert und der Jugend beiderlei Geschlechtes Ge-
leg*enheiten zu freierem erkehr und zu besserem geg'enseitigen Kennenlernen
geboten. Die oben ang'eführte Schilderung* des Festes der Artemis Daitis nennt
nur Jungfrauen und Epheben als Teilnehmer und -berichtet von ihrem Spielen
und Scherzen auf der Festwiese. Die Feier der Aprodite Daitis wird ähnlichen
Charakter gehabt und manchen Liebesbund von Jünglingen und Mädchen geknüpft
haben, welche die Göttin dann als Aphrodite Daitis oder Epidaitis verehrten.
Smyrna. JOSEF KEIL
6) O. Jessen bei Pauly-Wissowa VI 43.
') Apud Ephesios Venerem Automatam dixerunt
vel Epidaeti(d)a. ratio autem horum nominum talis est.
Meliboea et Alexis amore se mutuo dilexerunt et
iuramento se adstrinxerunt, ut cum tempus venisset,
sibimet iungerentur. sed cum virginem parentes alii
despondissent et hoc Alexis vidisset, spontaneum
subiit exilium. virgo autem ipso nuptiarum die semet
de tecto praecipitavit: quae cum inlaesa decidisset,
in fugam conversa pervenit ad litus ibique scapham
ascendit, ex qua sponte funes soluti esse dicuntur.
voluntate itaque deorum pervecta est, ubi amator
morabatur: quam cum ille parans cum sodalibus con-
vivium suscepisset, pro ipso rei eventu templum con-
stituit. quod ergo sponte fuissent soluti (funes), Auto-
matae Veneri nomen sacravit quodque, cum epulas
pararet, virgo ei aqua fuisset advecta, Epidaeti(d)i
sacravit. Ich schließe mich K. Latte, Archiv f. R.e-
ligionsw. Χλ^ΙΙ 1914 S. 6y8f. an, άεΐ'Έπίδκίτίς fiir
ΈπίδίΧίτίκ herstellt, ohne seine Ableitung des Bei-
namens von einem επί Δκ'.τίδί gelegenen Tempel der
Göttin für richtig zu halten.
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Von der Aphrodite Daitis ist die für Ephesos bereits bezeugte Aphrodite
Epidaitis^) nicht zu trennen. Servius zur Aeneis I 720, der letzteren Beinamen
überliefert, erzählt zu seiner Erklärung* folgende Geschichte ?): Alexis und Meliboia
liebten sich gegenseitig und schwuren sich zu heiraten, sobald ihre Zeit gekommen
wäre. Da die Eltern Meliboia jedoch einem anderen verlobten, verließ Alexis
freiwillig die Heimat. Meliboia aber stürzte sich am Hochzeitstage vom Dach des
Hauses und Roh, da sie unversehrt blieb, zur Meeresküste. Dort bestieg* sie ein
Boot, dessen Taue sich von selbst lösten und das sie zu der Stelle führte, wo ihr
Geliebter g*erade mit seinen Gefährten ein Mahl bereitete. Alexis erbaute der
Aphrodite einen Tempel und nannte sie Αότομ^τη, weil sich die Schiffstaue von
selbst g'elöst hatten, und Έπίοαίτις, weil Meliboia g*erade beim Mahle zu ihm ge-
kommen war.
So töricht die hier vorgebrachte Erklärung* der beiden Epitheta ist, an
ihrem Vorkommen im ephesischen Aphroditekulte darf nicht gezweifelt werden.
Aphrodite Automate ist, wie der Name sagt, die Göttin einer Liebe, die (wie jene
der Meliboia) von selbst entsteht und sich durchsetzt ohne Rücksicht auf den
Willen der Eltern und die konventionellen Sitten, welche das Liebesieben der
jungen Mädchen im griechisch-orientalischen Dulturkreis eineng'ten und ihr Herz
bei der Wahl des Gatten nicht allzuoft mitsprechen ließen. Nur bei den Götter-
iesten waren diese Fesseln gelockert und der Jugend beiderlei Geschlechtes Ge-
leg*enheiten zu freierem erkehr und zu besserem geg'enseitigen Kennenlernen
geboten. Die oben ang'eführte Schilderung* des Festes der Artemis Daitis nennt
nur Jungfrauen und Epheben als Teilnehmer und -berichtet von ihrem Spielen
und Scherzen auf der Festwiese. Die Feier der Aprodite Daitis wird ähnlichen
Charakter gehabt und manchen Liebesbund von Jünglingen und Mädchen geknüpft
haben, welche die Göttin dann als Aphrodite Daitis oder Epidaitis verehrten.
Smyrna. JOSEF KEIL
6) O. Jessen bei Pauly-Wissowa VI 43.
') Apud Ephesios Venerem Automatam dixerunt
vel Epidaeti(d)a. ratio autem horum nominum talis est.
Meliboea et Alexis amore se mutuo dilexerunt et
iuramento se adstrinxerunt, ut cum tempus venisset,
sibimet iungerentur. sed cum virginem parentes alii
despondissent et hoc Alexis vidisset, spontaneum
subiit exilium. virgo autem ipso nuptiarum die semet
de tecto praecipitavit: quae cum inlaesa decidisset,
in fugam conversa pervenit ad litus ibique scapham
ascendit, ex qua sponte funes soluti esse dicuntur.
voluntate itaque deorum pervecta est, ubi amator
morabatur: quam cum ille parans cum sodalibus con-
vivium suscepisset, pro ipso rei eventu templum con-
stituit. quod ergo sponte fuissent soluti (funes), Auto-
matae Veneri nomen sacravit quodque, cum epulas
pararet, virgo ei aqua fuisset advecta, Epidaeti(d)i
sacravit. Ich schließe mich K. Latte, Archiv f. R.e-
ligionsw. Χλ^ΙΙ 1914 S. 6y8f. an, άεΐ'Έπίδκίτίς fiir
ΈπίδίΧίτίκ herstellt, ohne seine Ableitung des Bei-
namens von einem επί Δκ'.τίδί gelegenen Tempel der
Göttin für richtig zu halten.
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