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Österreichisches Archäologisches Institut [Editor]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 17.1914

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Weiss, Egon: Zu den Milesischen Inschriften aus dem Delphinion
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https://doi.org/10.11588/diglit.33679#0344
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201

Zu den Milesischen Inschriften aus dem Delphinion

202

Wir gelangen in die Kategorie der Verträge
zugunsten Dritter: Denn nur solche, nicht etwa ein
Vermächtnisvertrag 23) kommen in Betracht, weil die
Forderung auf Entrichtung der Leibrente nicht zum
Nachlaß gehört, vielmehr von vornherein nach den
beiden Volksbeschlüssen sukzessive Entrichtung zu-
nächst an den Besteller, dann erst an den bedachten
Dritten abgemacht wird. Ein Vermächtnisvertrag liegt
hier also deswegen nicht vor, weil derjenige, auf
dessen Tod es ankommt, welcher also der testierende
Erblasser sein müßte, nicht verspricht, sondern sich
versprechen läßt und weil die in Rede stehende
Vereinbarung nach ihrem Inhalt keine Vermächtnis-
verfügung sein kann 23). Der Dritte erwirbt, romani-
stisch gesprochen, keinen Vermächtnisanspruch, son-
dern das Aneignungsrecht26) auf den Anspruch aus
der Leibrente. Es ist nun bekannt, daß solche ent-
geltliche 2') Verträge zugunsten Dritter dem klassischen
römischen Rechte unbekannt geblieben sind, hingegen
sich einige Male im hellenistischen Rechte der Papyri
finden, z. B. als μισθωτικόν für den beschränkt ver-
mögensfähigen Knecht 26) des Verpächters 26) oder als
2*) Schiffner, Vermächtnisertrag (1890) besonders
71 E.
23) So nach K. Hellwig, Verträge auf Leistung
an Dritte (1899) 624.
26) Hellwig a. a. O. 208 ff., besonders Wesen
und subjektive Begrenzung der Rechtskraft (1901)
279, 281.
23) Da es sich hier um entgeltliche Verträge
handelt, so entfallen Zuwendungen unter einem Modus
denn dieser findet sich nur bei der Schenkung (Mitteis,
RPR 1, 200 ff., neuestens Fritz Schultz, Festgabe
für Zitelmann 1913, 1 ff., mit kühnen Interpolations-
annahmen). Diokletianischen Ursprunges ist C. 3, 42,
8; 4, 32, 19. Betreffend einige andere Fälle ist die
Frage nicht zu entscheiden, ob neben dem Ver-
sprechen sempfänger auch der Dritte ein selbständiges
Klagerecht erwirbt, Hellwig, Verträge 33 ff. Dies gilt
namentlich von Ulp. D. 13, 7, 13 ff.; die Worte sed—
agere, die dem Dritten (Pfandschuldner und Eigen-
tümer der vom Gläubiger verkauften Sache) eine rei
vindicatio oder eine actio in factum zum Schutze des
vom Gläubiger für ihn ausbedungenen Auslösungs-
rechtes einräumen, sind interpoliert (Hellwig a. a. O.
33, Faber bei Krüger). Die gleiche Ungewißheit be-
steht bei Alex. C. 4, 65, 9- Die übrigen von Wind-
scheid § 316 a—g, (vgl. auch Dernburg 2, § 18),
hieher gezogenen Fälle haben mit der Frage gar

Zuwendung an die Tochter des den Hof übergebenden
Bauern30). Freilich bleibt in allen diesen Fällen des
römischen 3t) und hellenistischen33) Rechtes die eigent-
lich entscheidende Frage offen, nämlich ob dem Dritten
ein selbständiges Klagerecht erwächst, wie sie an-
gesichts unserer Urkunde aus Milet und ihrer be-
stimmten Formulierung (Z. 74 εάν δέ προεγλίπη(ί)
ό άπογράψκς, λκμβκνέτω των εφεξής χρόνων τό έξκί-
ρούμενονό άπογρκφείς) gar nicht erhoben werden kann.
Mit der gleichen Beschränkung steht innerhalb
der Überlieferung des griechischen Rechtes unserer
Urkunde der Vertrag nahe, den Xuthias (I. G. A. 68,
IGV/2 n. 139) mit der Stadtgemeinde Tegea in
Arkadien abschloß 33); die Urkunde stellt sich als
Hinterlegungsbescheinigung der Verwaltungsstelle
dar und Dritte sind insofern beteiligt, als bei Ab-
leben des Deponenten seine Verwandten zur Rück-
forderung berechtigt sind, und zwar zunächst ehe-
liche Söhne, dann Töchter, hierauf außereheliche
Abkömmlinge und die übrigen Angehörigen. Davon
nicht sehr verschieden ist es, wenn griechischem
Handelsbrauch entsprechend 33) Lykon aus Herakleia
keinen Zusammenhang: Ulp. D. 3, 3, 4 gewährt aus-
drücklich nur die anßerkontraktliche a° negotiorum
gestorum, die anderen Stellen stehen wenigstens auf
der Grenze der Stellvertretung Ulp. D. 13, 3, 3, 9,
Gaius 2, 14, 28, I; zweifelhaft ist nur Ulp. D. 1, 2,
I, 9, 8, dazu Mitteis, Stellvertretung 68, der den An-
spruch des Dritten „nicht aus dem Vertrage, sondern
aus der Bereicherung" entstehen läßt.
26) Wenger, Stellvertretung 167, Anm. I.
20) P. Str. 2, Z. 14 (217 n. Chr.) κκί δώσω
μισθωτικού οίνου κεράμί.[ον] εν, dazu Wenger, Fest-
gabe für Bekker 82 ff.
30) Grenf. 2, 71, Col. I, Z. 17 ff. (244—248),
nach der Annahme der Herausgeber und Wengers
a. a. O. 83, 84, Anm. 4 a—3, S. 12.
31) Siehe oben Anm. 27.
32) Darauf hat bereits Koschaker ZS. S. St.
1908 S. 311 hingewiesen; vgl. Rabel, Elterliche
Teilung, Festschrift 333.
33) So Bruck, Schenkung auf den Todesfall 40 ff.,
nicht dagegen Thalheim ZS. S. St. 1910, S. 399,
400.
3'*) Demosthenes 32, 4, 1236. είώθκσί δέ πάντες
oi τρκπεζίτκ'., δτκν τις άρφύρίον τίθείς Ιδιώτης άπο-
δουνκί τφ προστάττη, πρώτον του θέντος τοΰνομκ
γράσων κκί τό κεφάλκίον του άρφυρίου, επεί,τκ πκρκ-
φράφεί,ν ,,τώ δεΐνί άποδουνοκ δεΐ".
 
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