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Koninklijke Nederlandse Oudheidkundige Bond [Editor]
Oudheidkundig jaarboek — 3. Ser. 1.1921

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Clemen, Paul: Denkmalpflege und Kunstverwaltung in neuem Deutschland in ihren Beziehungen zum Ausland
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https://doi.org/10.11588/diglit.19958#0037

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DEUTSCHLAND IN IHREN BEZIEHUNGEN ZUM AUSLAND

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die hervorragende Kunstwerke fremder Kultur, die seit langer Zeit schon auf das
engste mit unserm Kunstleben verwachsen sind, und wir rechnen hierzu auch die
grosse Menge der niederlandischen und hollandischen Kunstwerke hohen und höch-
sten Ranges, die sich in Deutschland befinden. Dabei wird das Datum des Erwerbs
mitzusprechen haben; es kann kein Zweifel sein, dass es grundsatzlich bei den
Sammlern wie in der öffentlichen Meinung als unbillig empfunden werden würde,
einen Privatmann, der vor wenigen Jahren erst irgend ein hochwertiges hollandisches
Bild in Inland erworben hat, und der sein Vermogen in dieser Weise anlegte wie
ein anderer in Kali- oder in Rüstungsaktien, jetzt zu verhindern, sich dieses Wertes
in aller Freiheit und ohne Beschrankung zu entaussern.

Zu dieser Verordnung ist nun noch eine zweite Reichsverordnung vom 8. Mai
1920 getreten, in der nicht der deutsche Privatbesitz, sondern der Besitz der
Gemeinden und Kirchen und aller Korporationen beaufsichtigt und geschützt werden
soll. Hiernach dürfen diese nur mit Genehmigung der Landeszentralbehörde ein
ihnen gehörendes Kunstwerk veraussern, verpfanden, wesentlich verandern, oder aus
dem Reichsgebiet ausführen. Die Verordnung ist absichtlich sehr allgemein gehalten
und greift sehr weit; sie möchte zunachst das Aufsichtsrecht des Staates über alle
irgendwie wertvollen Kunstwerke besonders stipulieren. Sie scharft damit z.T. nur
erneut ein, was bislang schon Rechtens war, aber nur wieder vergessen worden ist.
Sie folgt damit den in der neuen Verfassung des deutschen Reiches aufgestellten
Grundsatzen. Hier ist zum ersten Male in einer Verfassung in § 150 ausgesprochen:
„Die Denkmaler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft
geniessen den Schutz und die Pflege des Staates. Es ist Sache des Reichs, die
Abwanderung deutschen Kunstbesitzes in das Ausland zu verhüten.” Es war eine
gesetzgeberische Tat von weitreichender Bedeutung, dass diese ausdrückliche
Verpflichtung hier ausgesprochen war.

Das Ausland hat an diesen Reichsverordnungen das grösste Interesse und
muss ihnen wohl oder übel Rechnung tragen. Die staatlichen Museen wie die privaten
Sammler und vor allem die Handler müssen sich vor Augen halten, dass es mit
dem Erwerb von Kunstwerken hohen Ranges aus Deutschland eine etwas heikle
Sache ist, und dass der Erwerber hier gut tut, sich über die Zustandigkeit des
Verkaufers zum Verkauf auf das Genaueste zu informieren. Denn zu unrecht ver-
kaufte oder ins Ausland verbrachte Kunstwerke können jederzeit rückgefordert
werden; der Verkauf ist ungültig und die in Deutschland befindlichen Handler und
Agenten setzen sich den schwersten Strafen aus. Dass diese Verordnungen die Gefahr
nicht ganz beschwören können und die Ausfuhr auch nicht ganz verhindern wollen,
liegt auf der Hand, diese Ausfuhr soll nur eingeschrankt werden, und es soll dem
immer mehr verarmenden Deutschland die Möglichkeit gegeben werden, wenigstens
seinen wichtigsten Kunstbesitz, auf dem sich die deutsche Kunstgeschichte oder die
Geschichte des Kunstlebens innerhalb Deutschlands aufbaut, zu halten. Deutschland
war früher im höchsten Masse ein Kunstimportland; es ist jetzt seit seinem Zu-
sammenbruch ein Land des offenen und geheimen Kunstexports geworden, ein Boden,
 
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