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Die Verschüttung Pompejis.

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genauere Beschreibung ihrer Gestalt geben, als indem ich sie mit der eines
Pinienbaums vergleiche, denn sie schoss zu einer bedeutenden Höhe empor
wie ein Stamm und breitete sich oben in Zweige aus, indem sie, glaube ich,
zuerst durch einen Luftstoß, so weit dessen Kraft reichte, in die Höhe ge-
trieben wurde, dann aber, wo diese Kraft nachließ, oder ihr eigenes Gewicht
zur Geltung kam, sich in die Breite ausdehnte. Sie erschien bald glän-
zend, bald dunkel und gefleckt, je nachdem sie mehr mit Erde oder mit
Asche erfüllt war.« Darauf folgen die Angaben über das, was der ältere Pli-
nius zur Bettung seiner Freunde unternahm, welche nahe am Fuße des Vesuv
wohnend, der dringendsten Gefahr ausgesetzt waren, und welche er zur See
zu retten hoffte, wobei der dicker werdende und mit Bimssteinstücken und
schwarz gebrannten Steinen untermischte Aschenregen in sein Schiff stürzte,
während das Meer neue Untiefen zeigte und der Berg herabzustürzen, das Ufer
vorzurücken schien. »Mittlerweile«, fährt der Briefsteller fort, »stiegen vom
Vesuv an verschiedenen Orten große Flammen empor, was durch die einge-
tretene nachtgleiche Finsterniss noch schrecklicher sichtbar wurde.« Weiter
wird erzählt, wie Plinius in Stabiae das Zimmer, in welchem er ruhte, ver-
lassen musste, weil sonst die in dem Hofe, aus welchem es zugänglich war,
sich häufenden Massen von Asche und Bimsstein den Ausgang gesperrt
haben würden, wie man dann, als wegen des heftigen Erdbebens die Häuser
einzustürzen drohten, ins Freie ging, indem man sich durch auf den Kopf
gebundene Kissen gegen die herabfallenden Massen schützte, wie dann plötz-
lich Flammen und Schwefeldämpfe aus dem Boden drangen, wie Plinius,
von diesen Gasen betäubt, umsank und so sein Ende fand. In dem zweiten
Briefe wird noch Folgendes erwähnt, was für uns Interesse bietet. »Schon
mehre Tage vor dem Ausbruch hatten verschiedene Erdstöße stattgefunden,
die aber wenig beachtet wurden, da sie in Campanien gewöhnlich sind; in der
Nacht aber (nach dem Ausbruch) waren sie so besonders heftig, dass sie Alles
um uns her nicht nur erschütterten, sondern umzuwerfen drohten.« Am näch-
sten Morgen war das Licht äußerst matt und dämmerig; die Wagen, in denen
Plinius mit seiner Mutter die Stadt (Misenum) verließ, wurden von Erd-
stößen hin und her geworfen, und konnten auch durch die Unterstützung mit
großen Steinen nicht festgehalten werden. Die See schien sich vom Lande
zurückzuziehen, getrieben von den krampfhaften Bewegungen der Erde, so
dass das Ufer erweitert wurde und Seethiere auf dem trockenen Sande liefen
blieben. »Auf der andern Seite brachen aus einer furchtbaren schwarzen Wolke

große Flammen hervor, die Blitzen glichen, aber größer waren.Bald

darauf senkte sich die Wolke auf die Erde und bedeckte das Meer, so dass die
Insel Capreae und das Vorgebirg Misenum unseren Blicken entzogen wur-
den.Aschenregen, obgleich noch nicht sonderlich dick, begann zu

fallen; ich blickte zurück: dichte Finsterniss lag hinter uns und kam, wie
ein über die Erde sich ergießender Strom, uns immer näher. Wir wichen, so
lange wir noch sehen konnten, von der Straße auf die Felder aus, um nicht im
Gewühl der Menschen erdrückt zu werden. Kaum hatten wir uns hier nie-
dergelassen, so umgab uns eine Finsterniss, die nicht mit der einer mondlosen
oder wolkigen Nacht, sondern nur mit der in einem verschlossenen Zimmer

Overbeck, Pompeji. 4. Aufl.

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