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18

Drittes Capitel.

ohne Licht verglichen werden kann. Man hörte das Jammern von Weibern,
das Geschrei von Kindern und die Kufe von Männern ; die einen riefen nach
ihren Eltern, andere nach ihren Kindern, andere nach ihren Gatten ; nur an der
Stimme erkannten sie sich. Einige beklagten ihr eigenes Schicksal, Andere das
der Ihrigen. Einzelne wünschten aus Todesfurcht zu sterben, Viele erhoben ihre
Hände zu den Göttern, aber die Meisten glaubten, auch mit den Göttern sei es
jetzt aus, und es sei dies die letzte und ewige Nacht, das Ende der Welt. Auch an
solchen fehlte es nicht, welche die wirklichen Schrecknisse durch eingebildete
vermehrten : Misenum hieß es, sei theils eingestürzt, theils stehe es in Flammen;
unwahre Nachrichten, die aber doch geglaubt wurden.« Wir haben die Schil-
derung dieser Scenen beigefügt, weil sie uns ein Bild dessen gehen, was, und
sicher in erhöhtem Maße, unter der unglücklichen Bevölkerung Pompejis vor-
ging. »Dann wurde es etAvas heller: uns schien dies ein Anzeichen nicht des
wieder anbrechenden Tages, sondern des sich uns nahenden Feuers. Das Feuer
blieb uns nun freilich fern; die Finsterniss trat wieder ein, neuer und schwerer
Aschenregen folgte, den wir von Zeit zu Zeit abschüttelten um nicht von ihm
begraben und erdrückt zu werden .... Endlich lichtete sich diese fürchter-
liche Finsterniss nach und nach und verwandelte sich in eine Art Bauch oder
Nebel; bald wurde es dann auch wieder völlig Tag, und selbst die Sonne
erschien am Himmel, obgleich nur sehr blass, so et\va AAÜe bei einer Sonnen-
finsterniss. Jeder Gegenstand, der sich unseren Blicken bot, war verändert,
indem er mit Asche wie mit einem tiefen Schnee bedeckt war.«

Ergänzend tritt diesem Berichte zur Seite, was der Historiker Cassius Dio
(lib. 66, c. 2^ sq.) um 200 n. Chr. unter Commodus erzählt. Freilich aber
stammt sein Bericht offenbar aus den Erzählungen minder kaltblütiger Beob-
achter, und zeigt den Einfluss der in Folge eines so erschütternden Ereignisses
nothwendig eintretenden Mythenbildung. »In Campanien folgten schreckliche
und seltsame Ereignisse. Nämlich im Herbst desselben Jahres brach auf ein
Mal ein großes Feuer aus. Der Berg Vesuvius liegt nah am Meere bei Nea-
polis, und hat reichliche Feuerquellen. Früher Avar er überall gleich hoch und
das Feuer stieg mitten aus ihm empor. Denn nur hier ist er in Brand gekom-
men, die ganze Außenseite ist aber auch bis jetzt feuerlos geblieben. AVeil
sich nun diese nie entzündet hat, der innere Theil aber am Feuer verdorrt
und zu Asche wird, so haben die Gipfelwände rings umher noch jetzt die
ursprüngliche Höhe, die ganze Brandstätte aber ist von der Zeit verzehrt und
durch das Zusammenfallen hohl geworden, dergestalt, dass der ganze Berg,
Avenn man Kleines mit Großem vergleichen darf, einem Schauplatze für Thier-
gefechte ähnlich ist. Und zwar enthält seine Höhe Adele Baum- und Wein-
pflanzungen, der Kreis aber ist dem Feuer überlassen und giebt am Tage
Bauch Aron sich, bei Nacht aber eine Flamme, so dass es aussieht, als würde
in ihm viel Bäuchenverk aller Art angezündet. Und das geschieht immer so,
bald stärker bald wieder schwächer; oft stößt er auch Asche aus, Avenn viel
auf einmal eingesunken ist, und wirft Steine empor, wenn er vom Dampfe
überwältigt Avird ; dann tost und brüllt er, weil er nicht feste, sondern schmale
und verborgene Luftöffnungen hat. Das ist die Beschaffenheit des Vesuvius
und solches geschieht auf ihm fast jedes Jahr. Alles andere aber, was sich in
 
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