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Pinder, Wilhelm
Die deutsche Plastik: vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende der Renaissance (Band [2] (Pind,2,2)): Die deutsche Plastik der Hochrenaissance — Wildpark-Potsdam: Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.55160#0073
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OBERBAYERN UND FRANKEN

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von dem Berliner Krönungsfragment sehr gut herleiten, das von
allen Seiten her gesehen in die 50 er Jahre rückt. Starke Ver-
wandtschaft besitzt eine Steinmadonna der heutigen Frauen-
kirche, ebenfalls aus der alten stammend (Wolter, Jahrb. IV,
Abb. 29, Festschr., Abb. 31; von Wolter hypothetisch dem Gabriel
Angler zugeschrieben). Derber, aber nicht ganz fremdartig, die
zwei Figuren bei Wolter, Festschr., Abb. 24. Schließlich kommt
man von der Berliner Gruppe noch zu einer ebenfalls einer Krö-
nung entstammenden Maria des Leipziger Grassi-Museums.
(Abgeb. bei Wilm, Die gotische Holzfigur, Taf. 163, als „1520“.)
Etwa Anfang der 60 er Jahre zu setzen, von lieblicher, immer
noch scheinbar „schwäbischer“ Weichheit im Kopfe. Interessant
ein Vergleich des Leipziger Werkes mit dem Berliner auf die Ge-
wandpartie zwischen den Beinen hin. Bei der etwas späteren
Leipziger Figur ist das Zeichnerische der Falten noch mehr zurück-
gegangen. Falten und Intervalle sind zu einer Form zusammen-
gezogen. — In loser Verbindung, als ein Werk, das schon die
Stimmung etwa von Pachers Frühzeit atmet, ist noch die vor-
zügliche Sitzmadonna von Laufen zu nennen (O.-Bayern, Taf.
281). — Sollte übrigens nicht auch der Hl. Papst des Suermondt-
Museums in Aachen (Schweitzer, I 39 rechts, „fränkisch“ ge-
nannt, in Wahrheit auch dieser Gruppe angehören? Er steht der
Berliner Krönung recht nahe.
In dieser ganzen Gruppe ist eine kultivierte Feinheit, die nicht
allgemein von bayerischer Kunst erwartet wird. Werke wie die Ma-
donna von Hohenfürch (Inv. O.B. Taf. 76) oder die Holzfigur von
Pliening (O.B. Taf. 201) entsprechen dem üblichen Begriffe mehr.
Dies beweist nur, daß dieser ungerecht ist. Es darf aber allerdings
vermutet werden, daß ein tirolisch-salzburgischer Einstrom, baju-
varisch im besten Sinne, doch nicht ursprünglich münchnerisch,hier
stark gewirkt hat. — Zuweilen findet sich eine Beziehung zu ober-
pfälzischen Werken. Mit der Asbacher Madonna ist die von Neun-


281. Maria. Leipzig, Grassi-Museum.

bürg v. W. (Inv. N. v. W., Fig.32) in Stimmung, Proportionen, Pla-
stizität verwandt. Die von Kirchloibersdorf (Wasserburg, Inv. O.B.
Taf. 243) ist der von Söllern (Riedenburg, Fig. 130) vergleichbar.
Wenn der von Wilm a. a. O. Taf. 118 abgebildete „Jugendliche Bischof um 1480“ unanfechtbar echt ist (was
zu hoffen steht) und wirklich münchnerisch, so gibt er ein Beispiel von seltener Deutlichkeit für einen plastischen
„Konrat Witz“. Nicht häufig wird man in der dunklen Zeit, — es kann sich nur um die 40er Jahre handeln —
eine so klare Übertragung von Witzens kantig zubehauenen Formen auf reale Plastik finden, wie besonders der
Kopf des Bischofs sie bedeutet. — Daß der Pancratius von Niederbergkirchen (O.B., Taf. 255) noch in die 40er
Jahre gehört (Inv.: „um 1500“), beweist allein schon die Rüstung. Auch in ihm steckt etwas vom Stile des Baseler
Malers, sicher nur als Zeitdokument; zugleich ist er eine wichtige Vorform der Sterzinger Ritterheiligen.

b) Franken.
)
Es kann auffallen, wie außerordentlich reich, besonders im niederbayerisch-oberpfälzischen
Gebiete, die Ausbeute der Inventare für unsere Epoche ist. Kaum ein Zufall — man hat offenbar
deren Werke seltener gekauft, man hat sie wohl oft als mindere Stücke benachbarter Perioden
angesehen. Der Handel hat sie mehr verschont, soweit sie nicht auch durch besonderes kultliches
Ansehen geschützt waren. Diese Stütze der Inventarisation fehlt für wichtigste Teile Frankens
noch völlig. Es ist in diesem Abschnitte mit großer Unvollständigkeit zu rechnen. Eichstätt,
das Franken schon zugerechnet wird, aber ebenso nahe Beziehungen zu Augsburg, also Schwaben,
 
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