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Breternitz, Patrick; Universität zu Köln [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 12): Königtum und Recht nach dem Dynastiewechsel: das Königskapitular Pippins des Jüngeren — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74404#0030
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1.3 Datierungsfragen

29

Vorbehalt und nicht im Detail möglich. Dennoch lässt sich aus den zusammen-
getragenen Beobachtungen als sehr gesichert festhalten, dass am Anfang der
Entwicklung ein vollständiger Text mit sieben Kapiteln gestanden haben muss.
Zweifel an der Originalität des Dokuments sind also nicht gerechtfertigt. Wie es
daneben zu der Separatüberlieferung eines eher geistlichen99 (Kapitel 1-3) und
eines eher weltlichen Blockes (Kapitel 4-7) kam, kann nicht mehr mit abschlie-
ßender Sicherheit geklärt werden. Dass der eher geistliche Block deutlich stärker
überliefert ist, könnte im Zusammenhang mit der Bedeutung des Themas Inzest
stehen. Zeitlich sind die einzelnen Textstufen nicht mehr zu verorten.
Es lässt sich nur spekulieren, auf welche Weise die Separatüberlieferungen
Teil jüngerer Kapitularien wurden. Dass sie jeweils am Ende der Texte stehen,
nahm Oelsner als Anlass zu vermuten, dass sich Versammlungsteilnehmer auf
ihrem Exemplar der Beschlüsse, die sie aus Ver beziehungsweise Compiegne mit
nach Hause genommen hätten, für sie passende Kapitel ergänzten und diese so
in die Überlieferung eingedrungen seien.100 Erst eine bessere Kenntnis der Ge-
samtüberlieferung der Kapitularien Pippins und der Abhängigkeiten der ein-
zelnen Kapitulariensammlungen untereinander könnte hier Licht ins Dunkel
bringen.

1.3 Datierungsfragen
Die Datierungsdebatte bezüglich des Königskapitulars ist komplex und tangiert
die Datierung, Echtheit und Einheit verschiedener Quellen der 750er Jahre. Die
Nennung Pippins als König im Incipit führt zu dessen Königserhebung 751 als
Terminus post quem.101 Alles, was über diesen Minimalkonsens hinausgeht,
wird von der Forschung debattiert. Von der 1677 erschienenen Edition von Eti-
enne Baluze102 und der ihm folgenden Forschung abgesehen galt bis vor einigen
Jahren das Konzil von Ver 755 als Terminus ante quem für das Königskapitular,
da ein Kapitel von Ver auf das Königskapitular verweise.103 Damit ergab sich ein

99 Eine strikte Trennung der sieben Kapitel des Kapitulars in geistlich und weltlich ist, wie oben
bereits angesprochen wurde, nicht möglich.

100 Vgl. Oelsner, Jahrbücher, S. 466.

101 Vgl. Ganshof, Kapitularien, S. 163.

102 Zur Rezeption der von Baluze 1677 publizierten Edition des Königskapitulars vgl. Breternitz,
Münzwesen.

103 Concilium Vernense c. 22, in: MGH Capit. 1, Nr. 14, S. 37 Z. 3-5: De peregrinis, qui propter Deum
vadunt, ut eis tolloneos non tollant; et de illos alios tolloneos quod vos antea perdonastis, ut sic fiat, ut ubi
legitime non debent esse, donati non sint. Die Worte quod vos antea perdonastis werden interpretiert
als Bezug auf Pippini regis capitulare c. 4, in: MGH Capit. 1, Nr. 13, S. 32 Z. 5-11: De theloneis vero
sic ordinamus, ut nullus de victualia et carralia, quod absque negotio est, theloneum praehendat; de saumis
similiter, ubicumque vadunt. Et de peregrinos similiter constituimus qui propter Deum ad Romani vel
alicubi vadunt, ut ipsos per nullam occasionem ad pontes vel ad exclusas aut navigio non deteneatis, nee
propter scrippa sua ullo peregrino calumpniam faciatis, nee ullum theloneum eis tollatis. Et si aliquis hoc
 
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