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3. Zölle
Verbot illegaler Zolleintreibung wiederholt wird, aber nirgends mehr von kon-
kreten Sanktionen die Rede ist.207
3.4 Zwischenfazit
Der Zollbeschluss aus Ver, der auf den ersten Blick wie eine Bestätigung des
Königskapitulars wirkt, bestätigt dieses zwar teilweise, stellt aber auch gleich-
zeitig eine Abmilderung der älteren Regelung dar. Es ist schwieriger abzu-
schätzen, was zu der Abmilderung der ursprünglichen Regelung innerhalb eines
guten Jahres führte. Dass die Regelungen zu den Zöllen zwar in Ver genannt
werden sollten, aber die Versammlungsteilnehmer generell keine Sanktionie-
rung bei Zuwiderhandlungen anstrebten, erscheint unwahrscheinlich. Das be-
wusste Weglassen der Strafandrohung scheint eher durch die außergewöhnliche
Aufteilung des Königsbanns bedingt zu sein. Über die Frage, ob diese Regelung
in der Praxis nicht funktionierte, zu viele Falschbeschuldigungen bewirkte oder
schlichtweg nicht durchsetzbar war, lässt sich nur spekulieren.
Wie dem auch sei, es wird deutlich, dass das Zurückdrängen illegaler Zoll-
erhebung für die Versammlung, auf die das Königskapitular zurückgeht, ein
wichtiges Anliegen war. Es entsteht schon fast der Eindruck, dass das Vorpre-
schen mit den 30 Solidi ein Zeichen von Aktionismus gewesen sein könnte. Diese
Beobachtung und die Wiederholung in Ver können traditionell als Hinweis auf
besonders große Missstände in diesem Bereich gedeutet werden. Diese Deutung
ist nicht von der Hand zu weisen. Doch darf ein anderer Aspekt nicht übersehen
werden, der sich vor allem auf die Zollbefreiung für Pilger bezieht. Denn der
Schutz der Pilger ist wie der Schutz der Schwachen insgesamt eine der Aufgaben,
die einen guten König ausmachen.208 Indem sich Pippin für Pilger und ihren
Schutz einsetzte, ja bei der Strafandrohung wohl auch ein gutes Stück über das
Ziel hinausschoss, inszenierte er sich selbst als guter König.
Dass Pippin den Schutz der Schwachen und Hilflosen sehr ernst nahm,
spiegelt sich nicht nur in den Schriftquellen, sondern auch in den numismati-
schen Quellen wider. Ein Denar Pippins, der auf der Vorderseite seinen Namen
und auf der Rückseite das Wort EL1-MOS1-NA trägt und vom überwiegenden
Teil der Forschung als Almosenpfennig interpretiert wurde,209 deutet auf eine
207 Vgl. Mischke, Kapitularienrecht, S. 103-109; Caroli Magni capitulare generale c. 22, in: Mordek,
Bibliotheca capitularium, Nr. 13, S. 993.
208 Vgl. Ewig, Königsgedanken, S. 39 u.ö.; Anton, Fürstenspiegel, S. 404-419; Dort — Reuther, Ar-
menfürsorge.
209 Berlin, Münzkabinett, Obj. 18245572. Depeyrot, Numeraire carolingien, S. 204 Nr. 47, löst ELI-
MOSI-NA als Angouleme auf und interpretiert die Rückseite als Prägestätte. Auch Kluge, Am
Beginn, S. 90 Nr. 18 tendiert zur Auflösung als Ortsnamen, versieht die Auflösung Depeyrots
jedoch mit einem Fragezeichen. Kluge geht jedoch fälschlicherweise davon aus, dass bereits
Ernest Gariel ELE-MOSI-NA als Ortnamen verstanden habe, dabei hat Gariel, Monnaies royales,
Bd. 1, S. 54 Nr. 8, lediglich das lateinische Wort elemosina in französischer Übersetzung (aumöne)
verzeichnet. Die Interpretation der Legende als Angouleme erscheint sehr unwahrscheinlich.
3. Zölle
Verbot illegaler Zolleintreibung wiederholt wird, aber nirgends mehr von kon-
kreten Sanktionen die Rede ist.207
3.4 Zwischenfazit
Der Zollbeschluss aus Ver, der auf den ersten Blick wie eine Bestätigung des
Königskapitulars wirkt, bestätigt dieses zwar teilweise, stellt aber auch gleich-
zeitig eine Abmilderung der älteren Regelung dar. Es ist schwieriger abzu-
schätzen, was zu der Abmilderung der ursprünglichen Regelung innerhalb eines
guten Jahres führte. Dass die Regelungen zu den Zöllen zwar in Ver genannt
werden sollten, aber die Versammlungsteilnehmer generell keine Sanktionie-
rung bei Zuwiderhandlungen anstrebten, erscheint unwahrscheinlich. Das be-
wusste Weglassen der Strafandrohung scheint eher durch die außergewöhnliche
Aufteilung des Königsbanns bedingt zu sein. Über die Frage, ob diese Regelung
in der Praxis nicht funktionierte, zu viele Falschbeschuldigungen bewirkte oder
schlichtweg nicht durchsetzbar war, lässt sich nur spekulieren.
Wie dem auch sei, es wird deutlich, dass das Zurückdrängen illegaler Zoll-
erhebung für die Versammlung, auf die das Königskapitular zurückgeht, ein
wichtiges Anliegen war. Es entsteht schon fast der Eindruck, dass das Vorpre-
schen mit den 30 Solidi ein Zeichen von Aktionismus gewesen sein könnte. Diese
Beobachtung und die Wiederholung in Ver können traditionell als Hinweis auf
besonders große Missstände in diesem Bereich gedeutet werden. Diese Deutung
ist nicht von der Hand zu weisen. Doch darf ein anderer Aspekt nicht übersehen
werden, der sich vor allem auf die Zollbefreiung für Pilger bezieht. Denn der
Schutz der Pilger ist wie der Schutz der Schwachen insgesamt eine der Aufgaben,
die einen guten König ausmachen.208 Indem sich Pippin für Pilger und ihren
Schutz einsetzte, ja bei der Strafandrohung wohl auch ein gutes Stück über das
Ziel hinausschoss, inszenierte er sich selbst als guter König.
Dass Pippin den Schutz der Schwachen und Hilflosen sehr ernst nahm,
spiegelt sich nicht nur in den Schriftquellen, sondern auch in den numismati-
schen Quellen wider. Ein Denar Pippins, der auf der Vorderseite seinen Namen
und auf der Rückseite das Wort EL1-MOS1-NA trägt und vom überwiegenden
Teil der Forschung als Almosenpfennig interpretiert wurde,209 deutet auf eine
207 Vgl. Mischke, Kapitularienrecht, S. 103-109; Caroli Magni capitulare generale c. 22, in: Mordek,
Bibliotheca capitularium, Nr. 13, S. 993.
208 Vgl. Ewig, Königsgedanken, S. 39 u.ö.; Anton, Fürstenspiegel, S. 404-419; Dort — Reuther, Ar-
menfürsorge.
209 Berlin, Münzkabinett, Obj. 18245572. Depeyrot, Numeraire carolingien, S. 204 Nr. 47, löst ELI-
MOSI-NA als Angouleme auf und interpretiert die Rückseite als Prägestätte. Auch Kluge, Am
Beginn, S. 90 Nr. 18 tendiert zur Auflösung als Ortsnamen, versieht die Auflösung Depeyrots
jedoch mit einem Fragezeichen. Kluge geht jedoch fälschlicherweise davon aus, dass bereits
Ernest Gariel ELE-MOSI-NA als Ortnamen verstanden habe, dabei hat Gariel, Monnaies royales,
Bd. 1, S. 54 Nr. 8, lediglich das lateinische Wort elemosina in französischer Übersetzung (aumöne)
verzeichnet. Die Interpretation der Legende als Angouleme erscheint sehr unwahrscheinlich.