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5. Rechtspflege
Fokus der Betrachtung soll auf Pippins Handeln im Gericht und bei der Beur-
kundung liegen, wie es in den beiden Placita sichtbar wird.285
5.5.2.1 Pippins Placita vor und nach dem Dynastiewechsel
Die nur als Chartularkopie überlieferte Königsurkunde vom 1. März 752 be-
handelt die Auseinandersetzung zwischen St-Denis und einem gewissen Gis-
lemar über eine villa. Die Urkunde beginnt mit einer Intitulatio.286 Es folgt die
sogenannte Gerichtshalterformel: „Als wir im Namen Gottes in unserer Pfalz
Verberie zusammen mit unseren Vornehmen und Getreuen (zu Gericht) saßen,
um die Fälle aller (Leute) zu hören und gerechte Urteile festzusetzen, [...]."287
Daran schließt sich die Untersuchungsphase an.288 Abt Fulrad von St-Denis kam
zur Pfalz und verklagte Gislemar. Dessen Mutter namens Loba habe in ihrem
Testament bestimmte Güter dem Kloster St-Denis vermacht. Ihr Sohn Gislemar
habe die strittigen Güter nach dem Tod seiner Mutter zurückgehalten. Gislemar
erschien auch selbst vor Gericht und konnte das Testament seiner Mutter nicht
abstreiten. Gislemar erstattete die besagten Güter dem Kloster zurück. Es folgt
die sogenannte Definitivsentenz: „Daher beliebten wir zusammen mit unseren
Vornehmen und Getreuen, das sind Milo, [...] Augarius und Witbert, der Graf
unserer Pfalz, und den zahlreichen Übrigen zu urteilen, dass Gislemar persön-
lich vor uns stand und keinerlei Rechenschaft ablegen konnte, [...]."289 Insgesamt
werden sieben Namen aufgezählt. Die Definitivsentenz geht direkt über in das
Rechtsgebot: „deswegen befehlen wir, dass [...]".290 Nun wird noch einmal der
ganze Sachverhalt mit der Nennung sämtlicher Güter aufgeführt.
Die durch dasselbe Chartular überlieferte Urkunde D Arnulf. 18 datiert auf
den 11. Februar 748 und behandelt den Rechtsstreit zwischen einer gewissen
Christiana und dem Kloster St-Denis über eine villa. Das Hausmeierplacitum
weist keine Intitulatio auf und beginnt direkt mit der Gerichtshalterformel. Diese
ist nicht in der 1. Person Plural, sondern in der 3. Person Singular formuliert und
enthält auch Pippins Titel.291 Ansonsten fallen weitere Unterschiede auf. So fehlt
in der Hausmeierurkunde die Invocatio in dei nomine, die aber ansonsten regel-
mäßig in den Hausmeierurkunden begegnet. Auch in merowingischen Kö-
nigsplacita findet sich nicht immer eine Invocatio, so dass ihrem Fehlen in diesem
Hausmeierplacitum keine Bedeutung zukommt. Bedeutender scheint hier, dass
285 Die Terminologie der Urkundenbestandteile folgt Weitzel, Dinggenossenschaft, Bd. 1, S. 226.
286 D Pip 1, in: MGH DD Karol. 1, S. 3 Z. 13: Pippinus rex Francorum vir illuster.
287 D Pip 1, in: MGH DD Karol. 1, S. 3 Z. 13-15: Cum nos in dei nomine Vermeria in palatio nostro una
cum proceribus nostris vel fidelibus ad universorum causas audiendas vel recta iudicia terminanda
resideremus, [...].
288 D Pip 1, in: MGH DD Karol. 1, S. 3 Z. 15-31.
289 D Pip 1, in: MGH DD Karol. 1, S. 3 Z. 32-35: Proinde nos una cum proceribus velfidelibus nostris, id est
Milone, Rotgario, Cheimgaudo, Chrothardo, Gerichardo, Autgario et Wiberto comite palatii nostri vel
reliquis quam pluribus visi fuimus iudicasse, ut [...].
290 D Pip 1, in: MGH DD Karol. 1, S. 3f. Z. 35-7: [...] propterea iubemus, ut [...].
291 MGH D Arnulf. 18, S. 42 Z. 16f.: Cum resedisset inluster vir Pippinus maior domus Verno in palatio
publico ad universorum causas audiendas et iusto iudicio terminandas, [...].
5. Rechtspflege
Fokus der Betrachtung soll auf Pippins Handeln im Gericht und bei der Beur-
kundung liegen, wie es in den beiden Placita sichtbar wird.285
5.5.2.1 Pippins Placita vor und nach dem Dynastiewechsel
Die nur als Chartularkopie überlieferte Königsurkunde vom 1. März 752 be-
handelt die Auseinandersetzung zwischen St-Denis und einem gewissen Gis-
lemar über eine villa. Die Urkunde beginnt mit einer Intitulatio.286 Es folgt die
sogenannte Gerichtshalterformel: „Als wir im Namen Gottes in unserer Pfalz
Verberie zusammen mit unseren Vornehmen und Getreuen (zu Gericht) saßen,
um die Fälle aller (Leute) zu hören und gerechte Urteile festzusetzen, [...]."287
Daran schließt sich die Untersuchungsphase an.288 Abt Fulrad von St-Denis kam
zur Pfalz und verklagte Gislemar. Dessen Mutter namens Loba habe in ihrem
Testament bestimmte Güter dem Kloster St-Denis vermacht. Ihr Sohn Gislemar
habe die strittigen Güter nach dem Tod seiner Mutter zurückgehalten. Gislemar
erschien auch selbst vor Gericht und konnte das Testament seiner Mutter nicht
abstreiten. Gislemar erstattete die besagten Güter dem Kloster zurück. Es folgt
die sogenannte Definitivsentenz: „Daher beliebten wir zusammen mit unseren
Vornehmen und Getreuen, das sind Milo, [...] Augarius und Witbert, der Graf
unserer Pfalz, und den zahlreichen Übrigen zu urteilen, dass Gislemar persön-
lich vor uns stand und keinerlei Rechenschaft ablegen konnte, [...]."289 Insgesamt
werden sieben Namen aufgezählt. Die Definitivsentenz geht direkt über in das
Rechtsgebot: „deswegen befehlen wir, dass [...]".290 Nun wird noch einmal der
ganze Sachverhalt mit der Nennung sämtlicher Güter aufgeführt.
Die durch dasselbe Chartular überlieferte Urkunde D Arnulf. 18 datiert auf
den 11. Februar 748 und behandelt den Rechtsstreit zwischen einer gewissen
Christiana und dem Kloster St-Denis über eine villa. Das Hausmeierplacitum
weist keine Intitulatio auf und beginnt direkt mit der Gerichtshalterformel. Diese
ist nicht in der 1. Person Plural, sondern in der 3. Person Singular formuliert und
enthält auch Pippins Titel.291 Ansonsten fallen weitere Unterschiede auf. So fehlt
in der Hausmeierurkunde die Invocatio in dei nomine, die aber ansonsten regel-
mäßig in den Hausmeierurkunden begegnet. Auch in merowingischen Kö-
nigsplacita findet sich nicht immer eine Invocatio, so dass ihrem Fehlen in diesem
Hausmeierplacitum keine Bedeutung zukommt. Bedeutender scheint hier, dass
285 Die Terminologie der Urkundenbestandteile folgt Weitzel, Dinggenossenschaft, Bd. 1, S. 226.
286 D Pip 1, in: MGH DD Karol. 1, S. 3 Z. 13: Pippinus rex Francorum vir illuster.
287 D Pip 1, in: MGH DD Karol. 1, S. 3 Z. 13-15: Cum nos in dei nomine Vermeria in palatio nostro una
cum proceribus nostris vel fidelibus ad universorum causas audiendas vel recta iudicia terminanda
resideremus, [...].
288 D Pip 1, in: MGH DD Karol. 1, S. 3 Z. 15-31.
289 D Pip 1, in: MGH DD Karol. 1, S. 3 Z. 32-35: Proinde nos una cum proceribus velfidelibus nostris, id est
Milone, Rotgario, Cheimgaudo, Chrothardo, Gerichardo, Autgario et Wiberto comite palatii nostri vel
reliquis quam pluribus visi fuimus iudicasse, ut [...].
290 D Pip 1, in: MGH DD Karol. 1, S. 3f. Z. 35-7: [...] propterea iubemus, ut [...].
291 MGH D Arnulf. 18, S. 42 Z. 16f.: Cum resedisset inluster vir Pippinus maior domus Verno in palatio
publico ad universorum causas audiendas et iusto iudicio terminandas, [...].