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Albert, Peter P.; Beyerle, Konrad [Editor]
Die Kultur der Abtei Reichenau: Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724-1924 (1. Halbband) — München: Verlag der Muenchner Drucke, 1925

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Beyerle, Konrad: Vorwort
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https://doi.org/10.11588/diglit.61010#0019
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Vorwort

IX

aufgebaut hätte; es vernichtete nicht nur alte
Kirchen, sondern auch altgefestigte Traditionen
und geistige Zusammenhänge. Erst mußte sich der
neue Besitzer des säkularisierten Kirchengutes
seiner Kulturpflichten bewußt werden. Der Badi-
schen Landesbibliothek und dem Badischen Ge-
nerallandesarchiv gereicht es zur Ehre, daß ihre
Gelehrten, em F. Mol ter, em C. G. D ümge,
ein J. Bader, vor allem aber J. Mo ne, schon
in der ersten Hälfte des 19. Jhts. den Hand-
schriften und Urkunden der Reichenau ihr In-
teresse zugewandt haben. Mones „Anzeiger für
die Kunde des deutschen Mittelalters und die
von ihm begründete „Zeitschrift für die Geschichte
des Oberrheins1* sind von Anbeginn auch Publika-
tionsstätten für Augiensia gewesen. Der Viel-
seitigkeit Mones verdankt die Reichenauforschung
grundlegende Entdeckungen. Mone erkannte die
große geschichtliche Bedeutung des Reichenauer
Verbrüderungsbuches und vermittelte der germa-
nistischen Forschung die Kenntnis seiner alt-
nordischen Namenreihen; Mone las zuerst auf
Reichenauer Palimpsestblättern die ehrwürdigen
Schriftstücke altgallikanischer Meßformulare und
gab damit der liturgiegeschichtlichen Durchfor-
schung der Reichenauer Handschriften neuen An-
stoß. In seiner Quellensammlung zur badischen
Landesgeschichte (1848) bot Mone eine erste
Übersicht der Reichenauischen Geschichtsquel-
len und brachte ihre hagiographischen Denkmäler
sowie, unter dem Titel „Jahrgeschichten von Rei-
chenau", die von ihm aus verschiedenen Reichen-
auer Handschriften gesammelten historischen Ein-
träge m chronologischer Reihe zum Abdruck.
Auch die Nachfolger J. Mones, K. Roth von
Schreckenstein und Fr. v. W e e c h , teilten
sein Interesse für die Reichenau. Jener schrieb
(1876; das liebevoll gezeichnete Bild des Abt-
bischofs Diethelm von Krenkingen, des Beraters
der Hohenstaufen, das zum ersten Mal auch
Verfassungs- und Ständefragen der Reichenau

berührte. Diesem verdankt die Reichenauforschung
den Codex Diplomaticus Salemitanus — füllen
doch die sorgsam gehüteten Urkunden der Zi-
sterze Salem vielfach die Lücken der schlechten
Reichenauer Urkundenüberlieferung — sowie eine
Geschichte des Mägdebergs (1873), die die Spät-
zeit reichenauischen Burgenbesitzes beleuchtet.
Die Chronik des Gall Oheim hatte E. A. Barack
(1866) im Stuttgarter Literarischen Verein erst-
mals im Druck veröffentlicht. Der lokale Bedarf
an historischer Aufklärung wurde bis auf unsere
Tage gedeckt durch O. F. H. Schönhuths
Chronik (1835) — sie ist beachtlich durch die
Verwertung von P. Stahels Annalenwerk — so-
wie durch die beiden Schriften von F. X. Stai-
ger (1860) und J. Marmor (1873); von den
beiden letzteren ist das Staigersche Büchlein das
wertvollere durch die Angaben, die es zur ge-
schichtlichen Ortskunde der Insel bringt. Der
schöne Aufsatz über die Reichenauer Kirchen,
den I. König in Band 6 des von ihm begründe-
ten „Freiburger Diözesanarchivs" veröffentlichte
(1871), war durch F. Adlers grundlegende
baugeschichtliche Studie über die Kloster- und
Stiftskirchen der Insel Reichenau (1870) an-
geregt; er orientierte über die bis 1848 zurück-
gehende architekturgeschichtliche Literatur der
Reichenau, gibt einen guten Abriß über die ältere
Klostergeschichte und nimmt auf Grund desselben
zu den baugeschichtlichen Thesen Adlers Stel-
lung Aus jenen vorangegangenen architekturge-
schichtlichen Arbeiten, mit denen überhaupt die
kunstgeschichtliche Reichenauforschung einleitet,
seien die „Denkmale der Kunst und Geschichte
des Heimatlandes* * von Bayer und F i c k 1 e r
(1856 57) und H. Hübsch’ grundlegendes
Werk über die altchristlichen Kirchen (1863)
genannt.
Reichenaugeschichte ist überdies vielfach berührt
in Ficklers „Quellen und Forschungen zur Ge-
schichte Schwabens und der Ostschweiz (1859).
 
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