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Albert, Peter P.; Beyerle, Konrad [Hrsg.]
Die Kultur der Abtei Reichenau: Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724-1924 (1. Halbband) — München: Verlag der Muenchner Drucke, 1925

DOI Kapitel:
Vorgeschichte und Klostergründung
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Pfeiffer, Maximilian Joseph: St. Pirminius in der Tradition der Pfalz
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https://doi.org/10.11588/diglit.61010#0074
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St. Pirminius in der Tradition der Pfalz

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das erste Viertel des 9. Jahrhunderts. Der Ver-
fasser kennt nur in sagenhaftem Wissen die Ent-
stehungsgeschichte der Reichenau, von den übri-
gen Klostergründungen sind ihm nicht einmal alle
Namen bekannt. Er klagt darüber in Kapitel 8
in unmutvollen Worten.
Im neunten Hauptstück wendet er sich der Ent-
stehung von Hornbach zu und schildert, wie die
Mönche des Pirminius das Land urbar gemacht.
Nach seinem Bericht ward Pirminius gerufen
durch einen Edeling .Wernharius, hohem Fran-
kengeschlecht entstammend (alta prosapia Fran-
corum ortus)’, der ihm die Auswahl ließ, in seiner
Mark einen tauglich erscheinenden Ort zu suchen.
Pirminius fand ihn und baute sich zunächst eine
Laube gegen die Sonnenhitze. Später aber zeigte
ihm ein Schweinehirt besseren Platz, wo des
Wernharius Hirten ihre Hütten hatten an der
Stelle, den man des Zusammenflusses zweier
Gewässer wegen Gamundium heißt. Da ließ er
sich nieder und begann, der Gottesmutter em
Kloster zu bauen.
Später begabte der Herr Wernharius den Hei-
ligen noch mit anderen Gütern. Im Wasgenwald
schenkte er ihm den Platz, ,der jetzt Pirmini-
seusna heißt deshalb, weil zu jener Zeit die
Schweinehirten des heiligen Pirminius dort ihre
Wohnstätten sich erlesen hatten (idcirco, quia in
illo tempore subulcorum sancti Pirminn ibi erant
electae mansiunculae)/
Pirminius besuchte von Hornbach aus öfter das
Kloster Weißenburg. Der Steig übers Gebirge,
den er wanderte, hieß callis sancti Pirminn, Pir-
minssteig. In Hornbach konnte er sich des Be-
suches des hl. Bonifatius erfreuen, kurz vor dessen
letzter Reise ms Friesenland.
Em dem beim Tode des hl. Bonifatius verzeich-
neten Glockenwunder ähnliches begab sich am
Grabe des Pirminius. ,Wido, aus dem Stamme
des vorbesagten Wernharius, ist der hochmäch-
tige weltliche Gebieter des Ortes Gamundium

gewesen. Dieser hat sowohl durch seine Bau-
tätigkeit wie durch seine Übereignung von Gold
und Silber zur Ehre Gottes und zur äußeren Aus-
schmückung des Tempels des hl. Pirminius an
vorbesagtem Orte viele Guttaten verrichtet/ Die-
ser Wido ließ eine Glocke von Sankt Pirmm
(= dem Kloster Hornbach) nach Lochwilere
holen. Aber siehe, sie blieb stumm. Der Schutz-
herr (senior) erkannte, daß seine Tat Gott und
dem Heiligen nicht wohlgefällig war. Er hieß
die Glocke sofort an ihren vorigen Ort zurück-
bringen, wo sie ,bis auf den heutigen Tag nicht
aufgehört hat, ihren gewohnten hellen Klang zur
Ehre Gottes und des hl. Pirminius erschallen zu
lassen' (Kapitel 14).
Zu diesem kurzen Auszug der Vita sind zunächst
noch einige Feststellungen zu treffen.
Der Verfasser nennt keine genau bestimmte Zeit.
Er spricht lediglich im Anfang seiner Erzählung
von den Zeiten König Theuderichs, in die er den
Beginn der Wirksamkeit Pirmins auf der Rei-
chenau verlegt.
Er führt die Gründung Hornbachs auf einen
Wernharius zurück.
Er nennt einen Wido, der em hochmächtiger
weltlicher Gebieter, der Senior des Klosters ge-
wesen ist.
Diese letzte Angabe ist die einzig greifbare und
zur Beweisführung taugliche der ganzen Vita,
denn dieser Wido ist eine geschichtlich bekannte,
allerdings — mit einer Ausnahme — der pfäl-
zischen Geschichtschreibung bisher fremd geblie-
bene Persönlichkeit.
Folgen wir zunächst der Spur dieses Wido in
den Hornbacher Urkunden. Dort erscheint in
einem Diplom von 796 Mai 12 . ein Wido als
Schenker, der dem ,Kloster des hl. Petrus, das
Gamundias genannt wird, und von unseren
Vorfahren im Bhesgau an den beiden Flüß-
chen Trualb und Sualb bekanntlich errichtet und
vom verehrungswürdigen Bischof Pirminius zu
 
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