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Albert, Peter P.; Beyerle, Konrad [Editor]
Die Kultur der Abtei Reichenau: Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724-1924 (1. Halbband) — München: Verlag der Muenchner Drucke, 1925

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Zur Einführung in die Geschichte des Klosters
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Beyerle, Konrad: Zur Einführung in die Geschichte des Klosters, 1, Von der Gründung bis zum Ende des freiherrlichen Klosters (724-1427)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61010#0113
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K. Beyerle

allen anderen sollten sie durch Propst und
Kämmerer geliefert werden, damit die Brüder
nicht gezwungen seien, sich außerhalb des Klo-
sters um Geld und gute Worte diese Dinge an-
fertigen zu lassen. Tuchwalker, Schneider und
Schuster seien anzuweisen, so befiehlt Heito wei-
ter, die für die Brüder nötigen Arbeiten nicht,
wie bisher, außerhalb des Klosters, sondern
dann vorzunehmen. In Küche und Bäckerei hät-
ten alle mitzuhelfen; die jungen Novizen und
Pulsanten hätten nach Anweisung dabei den Brü-
dern zur Hand zu gehen, bis zum 1. September
sei ein genauer Turnus der Brüder für die Kü-
chenarbeit einzuführen, denen dann die übrigen,
wie bisher, helfen sollten. Die Äbte von Aachen
verboten den Mönchen die Geflügelspeise,
Krankheitsfälle ausgenommen; Heito billigt diese
strengere Essensvorschrift, obwohl die Regel
auch dies unentschieden gelassen habe. Schon
begegnet ist uns die Äußerung Heitos zur Vor-
schrift, die Äbte sollten nicht häufiger als nötig
sich außerhalb des Klosters auf den Höfen des
Klosters aufhalten. Es war zugleich vorgeschrie-
ben worden, die Verwaltung der Gutshöfe sollte
auch nicht an Mönche übertragen werden. Diese
Bestimmung machte Front gegen die Einrich-
tung der sogenannten Distriktspröpste, die uns
aus St. Gallen wohlbekannt ist. Nunmehr er-
fahren wir aus dem Munde Heitos, daß es
auch in seinem Kloster so war.36) Mitte August,
d. h. offenbar zur Reichenauer Kirchweihe, wo
der Wechsel dieser mönchischen Gutsverwal-
ter in Reichenau stattzufmden pflegte, seien, so
schreibt jetzt Heito vor, statt der Mönche tüch-
tige Maier (,.actores boni ) auszusuchen, die in
Zukunft die Klosterhöfe zu verwalten hätten.
Wenn man in Aachen anzuordenen für nötig be-
fand, zum Aderlaß sei keine bestimmte Zeit an-
zusetzen, er sei nur nach Notwendigkeit anzu-
ordnen, so fügt Heito bei, daß die betreffenden
Mönche Fastenspeijsen erhalten sollten; für1 Kran-

ke, die Heiltränke einnehmen müssen, sollten die
Zinshühner des Klosters verwendet werden. Zur
Forderung schlichter Mönchskleidung bemerkt
Heito, Kleider aus Ziegenfellen oder solche mit
Seidenborten an den Rändern seien den Mön-
chen zu verbieten, jedenfalls nicht mehr an-
zufertigen.
Mit der Zahl von Kleidern und Schuhen, mit
Austeilung von Salbe und Seife, soll es wie bis-
her gehalten werden; abgetragene Stücke seien
bei Empfang der neuen zurückzugeben und durch
den Prior an die Armen zu verteilen. Gegerbtes
Leder sollten die Mönche auch in Hinkunft
fürs ganze Jahr empfangen, bis das Kloster
eigene Schuster hält, von denen dann die Mönche
Schuhe nach der Vorschrift der Aachener Ver-
sammlung zu bekommen hätten. Die Strenge der
Reformen hatte die Äbte in Aachen veranlaßt,
auch an den Karzer, das Haftlokal, zu denken
und vorzuschreiben, daß sich darin ein Ofen be-
finde. Em Stückchen schwäbischer Schalkhaftig-
keit bricht hier durch, wenn Heito meint, man
könne sich auf der Reichenau mit dem vorhande-
nen Karzer ohne Ofen begnügen, bis dringendere
Bauten, die das Feuer zerstört, wiederhergestellt
seien. Wir hören hier nebenbei von einer schäd-
lichen Feuersbrunst in den Tagen Heitos. Aachen
hatte bestimmt, die Aufnahme von Novizen habe
der Regel entsprechend zu erfolgen. Tonsur und
Ordenskleid, so fügt Heito bei, sollen die an-
gehenden Mönche erhalten, wenn sie ihr Profeß-
gelübde unterzeichnet haben. Die Gefahr, wel-
che der äußeren Schule des Klosters durch die
Reformer drohte, erhellt aus der Bemerkung des
Abtbischofs, über die Aufnahme von Priestern
und von Schülern habe die Synode bis jetzt
nichts angeordnet. Ihre Aufnahme solle daher in
der bisher üblichen Weise erfolgen, bis em nähe-
res Dekret ergehe. Die Äbte verboten den Mön-
chen das Baden, Krankheitsfälle ausgenommen,
völlig. Es muß Heito schwer gefallen sein, hier
 
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