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Albert, Peter P.; Beyerle, Konrad [Editor]
Die Kultur der Abtei Reichenau: Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724-1924 (1. Halbband) — München: Verlag der Muenchner Drucke, 1925

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Zur Einführung in die Geschichte des Klosters
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Beyerle, Konrad: Zur Einführung in die Geschichte des Klosters, 1, Von der Gründung bis zum Ende des freiherrlichen Klosters (724-1427)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61010#0230
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Von der Gründung bis zum Ende des freiherrlichen Klosters (724—1427)

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dabei mußten auch bereits vorgenommene Ver-
fügungen von Ministerialen wieder rückgängig
gemacht werden. Denn wo die Ministerialen zu
eigenmächtig vorgegangen waren oder die Urkun-
den sonst zu Streitigkeiten Anlaß boten, wich
der Abt diesen Streitigkeiten nicht aus und suchte
das Mögliche für das Kloster zu retten. Die Ge-
schichte der Grundherrschaft der Reichenau wird
diese Dinge näher darzulegen haben. Wir hören
1260 vom Austun von Wachszinsgütem, ,um das
Licht auf dem Marienaltar des Klosters zum
Fest Mariä Himmelfahrt wiederherzustellenh
Also hatte es nicht einmal mehr zur feierlichen
Begehung des Patroziniums der Klosterkirche
gereicht. In großer Zahl hat auch Albrecht
von Ramstein noch Verfügungsakte zugunsten des
Klosters Salem vorgenommen, ,cuius profectum
amplectimur toto corde’. Darum braucht auch
nicht als Gesinnungsumschwung aufgefaßt zu
werden, wenn Abt Albrecht, im Jahre 1285 vom
Papste zum Koadjutor des Klosters Salem be-
stellt, den Auftrag an den Scholaster von St.
Thomas in Straßburg weitergibt, da er mit den
eigenen Geschäften seines Klosters überlastet sei.
Der Abt wußte bei vielen seiner Verfügungen
auch Vermögensvorteile für die bedürftige Klo-
sterkasse von Reichenau herauszuschlagen. Emern
derartigen Beispiel sind wir schon begegnet, es
könnte leicht vermehrt werden. Um den Rei-
chenauer Hof in Ulm wieder in die Hände zu be-
kommen, gestattete Abt Albrecht 1264 den Sa-
lemern, bis zu 40 reichenauische Hufen, d. h.
die daran dem Kloster zustehenden Rechte, zu
erwerben. Seme Bemühungen, den zu allernächst
liegenden Besitz vor weiterer Schmälerung zu
bewahren, hat Abt Albrecht stets fortgesetzt.
In den ersten Regierungsjahren mußte die Hei-
lung wohl auch durch eine Amputation erkauft
werden. Eine solche Gewaltkur war der V e r -
kauf von Hof und Kirche Zurzach für
300 Mark Silber an das Bistum Konstanz. Es

geschah 1265, in den ersten Regierungsjahren des
Abtes, bei Allensbach. Die große Zeugenreihe,
die eigenhändigen Unterschriften der Konvents-
herren verraten die Wichtigkeit des Aktes, der
eine größere Sanierungsaktion darstellte. Als
zwei Jahre darauf Abt Albrecht die Rechte des
Marktes Radolfzell erweiterte und dem zur
Stadt herangewachsenen Ort eine erste Hand-
feste erteilte, da konnte Abt Albrecht nicht ohne
Befriedigung von sich sagen, daß er die Rechte
der Abtei über Radolfzell mit großem Aufwand
aus der Lehenspfandschaft der Herren von Frie-
dingen zurückerworben habe.
Hartnäckig hat Abt Albrecht die Rechte der
Reichenau gegenüber dem Deutschritter-
orden aus Anlaß der Gründung der Kommende
Mainau durch Jahrzehnte verfochten. Den Ver-
such, eine Kommende auf dem Klostergebiet von
Sandegg zu gründen, hat der Abt in kurzer Zeit
zunichte gemacht; auf der entlegeneren Mainau
ließ er sichs schließlich gefallen. Es handelt sich
dabei um Vorgänge, die em kulturgeschichtliches
Bild von allgemeiner Bedeutung bieten.
Zum letzten Male war am Bodensee das Kreuz
im Jahre 1225 durch den Kardinallegaten Konrad
von Urach gepredigt worden. Mit Friedrich II.
sind 1228 die letzten schwäbischen Ritter nach
dem Orient gezogen. Der Deutschherrenorden
wurde aus dem Heiligen Lande vertrieben und
siedelte sich seitdem in Deutschland selbst an,
nicht nur in dem von ihm zur Bekehrung und
Kolonisation auserkorenen slavischen Grenzlande
Preußen. Die einzelnen Häuser des Ordens,
Kommenden genannt, wurden zu Balleien zusam-
mengefaßt, deren es in Deutschland bald 12 gab.
Der weiße Mantel mit dem Kreuzfahrerkreuz,
die eigenartige Verbindung ritterlicher und reli-
giösgenossenschaftlicher Lebensweise, sie muß-
ten auf das deutsche Rittertum eine nicht geringe
Anziehung ausüben. Der Ruhm der Kreuzfahrer-
genossenschaft, das eindrucksvolle Gewand, die
 
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