Die Reichenau als römisches Kloster
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die Gewalt und den Schutz des Päpstlichen Stuh-
les berichtet, vielmehr nur die neu verliehenen
Privilegien der Konsekration durch den Papst
und des Tragens der genannten Insignien hervor-
hebt und bestätigt. Auch die päpstliche Quelle
erwähnt diese Privilegien, aber sie stellt den
wichtigen Satz voran, daß das Kloster ,cum Om-
nibus sibi pertinentibus ditioni et tuitioni sedis
apostolicae subditum esse . Deusdedit fügt noch
hinzu, daß der Abt ,pensionis nomine bei seiner
Konsekration ein Sakramentar, em Epistel- und
Evangelienbuch und zwei weiße Pferde dem
Hl. Stuhl zu übergeben habe. Ohne Zweifel hat
Otto III. diese Übereignung des Klosters in die
Herrschaft des Päpstlichen Stuhles auch seiner-
seits zugestanden; er konnte ja in dem dadurch
bewirkten päpstlichen Schutz — was auch auf
andere Reichsklöster zutraf — eine Verstärkung
des königlichen Schutzes erblicken. Allein es
schimmert doch von vornherein eine Verschieden-
heit der königlichen und der päpstlichen Auf-
fassung durch. Dies tritt noch deutlicher in die
Erscheinung, wenn man das den Codices der La-
teranensischen Bibliothek entnommene Verzeich-
nis der Territorien, Städte und Klöster ms Auge
faßt, die dem Hl. Stuhl unterstanden und ihm
zinspflichtig waren. Die Reichenau begegnet hier
als einziges deutsches Kloster, außer Remire-
mont, neben verschiedenen italienischen Klöstern,
darunter Monte Cassmo, von dem fast mit den
gleichen Worten gesagt wird12): Jgitur Casinense
monasterium beati patris Benedicti nullius ditioni
vel iuri subditum habet tuitionem ab apostolica
sede.‘ Hieraus darf man entnehmen, daß die Stel-
lung Reichenaus zum Päpstlichen Stuhle trotz
seines reichsklösterlichen Charakters von vorn-
herein, jedenfalls zur Zeit Gregors VII., an der
Kurie nicht anders aufgefaßt wurde als die der
übrigen dem Hl. Stuhle kommendierten Klöster
und Anstalten. Im Zweifel könnte man sein, ob
der bei der Konsekration vom Reichenauer Abt
zu leistende Tribut als Rekognitionszins zu zah-
len war, zur Anerkennung des durch die Kommen-
dation begründeten Schutzverhältnisses. Lerche13)
stellt das in Abrede: ,Der Rechtstitel dieser Lei-
stung berührt sich in keiner Hinsicht mit dem
Schutze. Auch eine Art Rekognitionszins kann in
dieser Abgabe nicht liegen. Es handelt sich hier
um eine ganz vereinzelte Abmachung*, während
Quedlinburg, Donauwörth und Hirsau geschützt
und tributär waren und letzteres ,den Zms für
den empfangenen Schutz leistete*. Diese Auf-
fassung ist wohl richtig und wird selbst noch
durch die Urkunde Innocenz’ III. bestätigt, wo-
nach der Zms der Reichenau nicht ,ad indicium
protectionis seu tuitionis entrichtet wurde, son-
dern ,ad indicium, quod monasterium b. Petri
iuris existat et eius ditionis . Zum Unterschied
von der weitaus größten Zahl der Klöster und
Anstalten, die den meist geringen Zms in der
Regel in periodischer Wiederkehr zu entrichten
hatten, war jedenfalls Reichenau nur bei der
Konsekration des Abtes in Rom zur Abgabe
seiner nicht unerheblichen Naturalleistungen ver-
pflichtet. D les wurde auch später immer so ge-
handhabt und erklärt am besten, wieso schließ-
lich die Leistungen des Reichenauer Abtes an
den Papst, seit der erstere nicht mehr über eine
kunstgeübte Schreibstube verfügte und auch die
Entrichtung der beiden Schimmel beschwerlich
wurde, inGeldservitien ausmünden konnten.11) Die
alten Leistungen aber hatten eine besondere Be-
deutung und waren in Vergleich zu den meisten
übrigen — denn was bedeutete sonst em Maro-
botinus dagegen — ziemlich hoch. Der Bischof
von Bamberg, der dem Hl. Stuhle unmittelbar
unterstand, hatte jährlich em gesatteltes weißes
Pferd — eine Abgabe, zu der auch Remiremont
verpflichtet war — abzuliefern, was aber durch
eine Geldgabe von 12 Mark guten Silbers er-
setzt werden konnte. Außer den geforderten li-
turgischen Büchern belief sich also der Reichen-
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die Gewalt und den Schutz des Päpstlichen Stuh-
les berichtet, vielmehr nur die neu verliehenen
Privilegien der Konsekration durch den Papst
und des Tragens der genannten Insignien hervor-
hebt und bestätigt. Auch die päpstliche Quelle
erwähnt diese Privilegien, aber sie stellt den
wichtigen Satz voran, daß das Kloster ,cum Om-
nibus sibi pertinentibus ditioni et tuitioni sedis
apostolicae subditum esse . Deusdedit fügt noch
hinzu, daß der Abt ,pensionis nomine bei seiner
Konsekration ein Sakramentar, em Epistel- und
Evangelienbuch und zwei weiße Pferde dem
Hl. Stuhl zu übergeben habe. Ohne Zweifel hat
Otto III. diese Übereignung des Klosters in die
Herrschaft des Päpstlichen Stuhles auch seiner-
seits zugestanden; er konnte ja in dem dadurch
bewirkten päpstlichen Schutz — was auch auf
andere Reichsklöster zutraf — eine Verstärkung
des königlichen Schutzes erblicken. Allein es
schimmert doch von vornherein eine Verschieden-
heit der königlichen und der päpstlichen Auf-
fassung durch. Dies tritt noch deutlicher in die
Erscheinung, wenn man das den Codices der La-
teranensischen Bibliothek entnommene Verzeich-
nis der Territorien, Städte und Klöster ms Auge
faßt, die dem Hl. Stuhl unterstanden und ihm
zinspflichtig waren. Die Reichenau begegnet hier
als einziges deutsches Kloster, außer Remire-
mont, neben verschiedenen italienischen Klöstern,
darunter Monte Cassmo, von dem fast mit den
gleichen Worten gesagt wird12): Jgitur Casinense
monasterium beati patris Benedicti nullius ditioni
vel iuri subditum habet tuitionem ab apostolica
sede.‘ Hieraus darf man entnehmen, daß die Stel-
lung Reichenaus zum Päpstlichen Stuhle trotz
seines reichsklösterlichen Charakters von vorn-
herein, jedenfalls zur Zeit Gregors VII., an der
Kurie nicht anders aufgefaßt wurde als die der
übrigen dem Hl. Stuhle kommendierten Klöster
und Anstalten. Im Zweifel könnte man sein, ob
der bei der Konsekration vom Reichenauer Abt
zu leistende Tribut als Rekognitionszins zu zah-
len war, zur Anerkennung des durch die Kommen-
dation begründeten Schutzverhältnisses. Lerche13)
stellt das in Abrede: ,Der Rechtstitel dieser Lei-
stung berührt sich in keiner Hinsicht mit dem
Schutze. Auch eine Art Rekognitionszins kann in
dieser Abgabe nicht liegen. Es handelt sich hier
um eine ganz vereinzelte Abmachung*, während
Quedlinburg, Donauwörth und Hirsau geschützt
und tributär waren und letzteres ,den Zms für
den empfangenen Schutz leistete*. Diese Auf-
fassung ist wohl richtig und wird selbst noch
durch die Urkunde Innocenz’ III. bestätigt, wo-
nach der Zms der Reichenau nicht ,ad indicium
protectionis seu tuitionis entrichtet wurde, son-
dern ,ad indicium, quod monasterium b. Petri
iuris existat et eius ditionis . Zum Unterschied
von der weitaus größten Zahl der Klöster und
Anstalten, die den meist geringen Zms in der
Regel in periodischer Wiederkehr zu entrichten
hatten, war jedenfalls Reichenau nur bei der
Konsekration des Abtes in Rom zur Abgabe
seiner nicht unerheblichen Naturalleistungen ver-
pflichtet. D les wurde auch später immer so ge-
handhabt und erklärt am besten, wieso schließ-
lich die Leistungen des Reichenauer Abtes an
den Papst, seit der erstere nicht mehr über eine
kunstgeübte Schreibstube verfügte und auch die
Entrichtung der beiden Schimmel beschwerlich
wurde, inGeldservitien ausmünden konnten.11) Die
alten Leistungen aber hatten eine besondere Be-
deutung und waren in Vergleich zu den meisten
übrigen — denn was bedeutete sonst em Maro-
botinus dagegen — ziemlich hoch. Der Bischof
von Bamberg, der dem Hl. Stuhle unmittelbar
unterstand, hatte jährlich em gesatteltes weißes
Pferd — eine Abgabe, zu der auch Remiremont
verpflichtet war — abzuliefern, was aber durch
eine Geldgabe von 12 Mark guten Silbers er-
setzt werden konnte. Außer den geforderten li-
turgischen Büchern belief sich also der Reichen-