Die Grundherrschaft der Reichenau
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Otto III. zurück. Der Abt schuldet, vom Römer-
zuge abgesehen, keine Heerfolge. Auch das Ser-
vitium, die Heerberge, wird beschränkt. Ein
echtes Diplom Ludwigs d. Fr. (829) beschränkte
dieses bereits auf den Weg über Konstanz und
Chur, d. h. also über die rätischen Alpenpässe.
Die Fälschung engt es auf die Route Ulm-
Zürich und den reichenauischen Hof Minders -
dorf ein. Dieser darf deshalb, und darin liegt
m. E. eines der eigentlichen Fälscherziele dieser
Stelle, ja vielleicht der ganzen Urkunde, nicht
in Lehenshand gegeben werden. Dann kam
aber sein Ertrag nicht nur dem durchziehenden
Herrscher, sondern auch dem Kelleramt der
Mönche zustatten. Und in der Tat prangt in des-
selben Fälschers Udalrich KAO. (angeblich Wa-
lahfridscher Herkunft) Mmdersdorf mit Liefe-
rungen, die den reichen Keilhöfen von Altheim
und Unlingen gleichstehen.
Brandi wird mit der Annahme echter Vor-
lagen zweifellos recht haben. Oheims Schen-
kungsliste nennt unter den Zuwendungen Ottos
des Roten u. a. Riß dorf, wo noch das 14. Jahr-
hundert reichenauische Rechte kennt. Der Ort liegt
unweit der Bodmaner Seeniederung unmittelbar
an der alten Straße, die von Ulm über Mm-
dersdorf— Stockach zum Rhein und gen Zürich
führte. Er könnte also der Abtei sehr wohl im
Hinblick auf das Servitium geschenkt worden sein.
Ottos d. Gr. politische Absicht war bekanntlich,
die Lasten des Reiches auf die fürstlich ausge-
statteten Bistümer und alten Abteien zu legen.
Em Gedanke, der für die ottomschen Zuwen-
dungen an die Reichskirchen bestimmend wurde.
Mit Recht hat man sich aber gefragt, ob er nicht
seinerseits weniger freiem Entschluß als dem
Zwang der Verhältnisse entsprungen sei? Ge-
nauer gesagt: der von den Karolingern geübten
Verschwendung von Königsgut an die Reichs-
kirchen. Wofür mir eben der reichenauische Be-
sitz an dieser Heerstraße einen anschaulichen
Beleg zu bieten scheint. Jedenfalls verrät noch
mehr als zwei Jahrhunderte später die Städte-
politik der Staufer (hier die Anlage von Pfullen-
dorf und Überlingen), welch lebenswichtige Be-
lange für das Königtum auf dem Spiele standen.
Udalrichs Fälschung hat freilich im Spätmittel-
alter die Verlehnung Mmdersdorfs nicht aufhal-
ten können. Eberhard von Brandis leiht 1352 (?)
die Vogtei und den Keilhof mit Huben und Gü-
tern nebst einer Mühle, endlich auch die Kirche
an Graf Eberhard von Nellenburg und seine
Söhne. Em Hof, zwei Gütlein und die Eckarts-
mühle (zwischen Mmdersdorf und Schwacken-
reute) werden freilich 1363 und später noch von
den Äbten selbst zu Zinsleihe ausgetan.
Treten wir nun unsere Wanderung zunächst im
östlichen Hegau an, um bis zur Donaulinie vor-
zudringen und ostwärts durch Linzgau und Schus-
sengau die oberschwäbische Hochebene mit der
Bussenherrschaft zu erreichen. Eine von Eigel-
tingen in gerader Nordrichtung gedachte Linie
soll unser Gebiet von dem später (in Nr. 3) zu
betrachtenden abgrenzen.
Fast unser einziger Führer ist hier, wie im Linz-
gau, der Codex Salemitanus; was er erkennen
läßt, ist in der Hauptsache Streubesitz. Die
leistungsfähigen Villikati onen wurden wohl einst-
weilen noch durch das Interesse der Abtskammer
oder die Nutzungsrechte Belehnter dem Kloster
erhalten.
Ein Gut zu Hirschlanden (nördlich von
Eigeltingen), zu 26 M. Silber oder 3 M. Jahres-
ertrag geschätzt, kommt 1274 an Salem.22) Em
Wäldertausch von 1235 spielt gleichfalls hier,
ist aber bereits oben (Nr. 1) besprochen. Da-
gegen ist der Erwerb eines Hofs und einer Hube
zu B u r g t a 1 bei Stockach, Abfindung der Abtei
für die Kapelle Waldbeuren (1280), hier anzu-
bringen.23 ) In H omberg i. H. wird 1202 em dem
Ritter Bermgcr von Meßkirch, Mann Mangolds
von Rohrdorf, verlohntes Gut in Eigen der Abtei
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Otto III. zurück. Der Abt schuldet, vom Römer-
zuge abgesehen, keine Heerfolge. Auch das Ser-
vitium, die Heerberge, wird beschränkt. Ein
echtes Diplom Ludwigs d. Fr. (829) beschränkte
dieses bereits auf den Weg über Konstanz und
Chur, d. h. also über die rätischen Alpenpässe.
Die Fälschung engt es auf die Route Ulm-
Zürich und den reichenauischen Hof Minders -
dorf ein. Dieser darf deshalb, und darin liegt
m. E. eines der eigentlichen Fälscherziele dieser
Stelle, ja vielleicht der ganzen Urkunde, nicht
in Lehenshand gegeben werden. Dann kam
aber sein Ertrag nicht nur dem durchziehenden
Herrscher, sondern auch dem Kelleramt der
Mönche zustatten. Und in der Tat prangt in des-
selben Fälschers Udalrich KAO. (angeblich Wa-
lahfridscher Herkunft) Mmdersdorf mit Liefe-
rungen, die den reichen Keilhöfen von Altheim
und Unlingen gleichstehen.
Brandi wird mit der Annahme echter Vor-
lagen zweifellos recht haben. Oheims Schen-
kungsliste nennt unter den Zuwendungen Ottos
des Roten u. a. Riß dorf, wo noch das 14. Jahr-
hundert reichenauische Rechte kennt. Der Ort liegt
unweit der Bodmaner Seeniederung unmittelbar
an der alten Straße, die von Ulm über Mm-
dersdorf— Stockach zum Rhein und gen Zürich
führte. Er könnte also der Abtei sehr wohl im
Hinblick auf das Servitium geschenkt worden sein.
Ottos d. Gr. politische Absicht war bekanntlich,
die Lasten des Reiches auf die fürstlich ausge-
statteten Bistümer und alten Abteien zu legen.
Em Gedanke, der für die ottomschen Zuwen-
dungen an die Reichskirchen bestimmend wurde.
Mit Recht hat man sich aber gefragt, ob er nicht
seinerseits weniger freiem Entschluß als dem
Zwang der Verhältnisse entsprungen sei? Ge-
nauer gesagt: der von den Karolingern geübten
Verschwendung von Königsgut an die Reichs-
kirchen. Wofür mir eben der reichenauische Be-
sitz an dieser Heerstraße einen anschaulichen
Beleg zu bieten scheint. Jedenfalls verrät noch
mehr als zwei Jahrhunderte später die Städte-
politik der Staufer (hier die Anlage von Pfullen-
dorf und Überlingen), welch lebenswichtige Be-
lange für das Königtum auf dem Spiele standen.
Udalrichs Fälschung hat freilich im Spätmittel-
alter die Verlehnung Mmdersdorfs nicht aufhal-
ten können. Eberhard von Brandis leiht 1352 (?)
die Vogtei und den Keilhof mit Huben und Gü-
tern nebst einer Mühle, endlich auch die Kirche
an Graf Eberhard von Nellenburg und seine
Söhne. Em Hof, zwei Gütlein und die Eckarts-
mühle (zwischen Mmdersdorf und Schwacken-
reute) werden freilich 1363 und später noch von
den Äbten selbst zu Zinsleihe ausgetan.
Treten wir nun unsere Wanderung zunächst im
östlichen Hegau an, um bis zur Donaulinie vor-
zudringen und ostwärts durch Linzgau und Schus-
sengau die oberschwäbische Hochebene mit der
Bussenherrschaft zu erreichen. Eine von Eigel-
tingen in gerader Nordrichtung gedachte Linie
soll unser Gebiet von dem später (in Nr. 3) zu
betrachtenden abgrenzen.
Fast unser einziger Führer ist hier, wie im Linz-
gau, der Codex Salemitanus; was er erkennen
läßt, ist in der Hauptsache Streubesitz. Die
leistungsfähigen Villikati onen wurden wohl einst-
weilen noch durch das Interesse der Abtskammer
oder die Nutzungsrechte Belehnter dem Kloster
erhalten.
Ein Gut zu Hirschlanden (nördlich von
Eigeltingen), zu 26 M. Silber oder 3 M. Jahres-
ertrag geschätzt, kommt 1274 an Salem.22) Em
Wäldertausch von 1235 spielt gleichfalls hier,
ist aber bereits oben (Nr. 1) besprochen. Da-
gegen ist der Erwerb eines Hofs und einer Hube
zu B u r g t a 1 bei Stockach, Abfindung der Abtei
für die Kapelle Waldbeuren (1280), hier anzu-
bringen.23 ) In H omberg i. H. wird 1202 em dem
Ritter Bermgcr von Meßkirch, Mann Mangolds
von Rohrdorf, verlohntes Gut in Eigen der Abtei