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weis der Entstehung der Wcstportale - d.h. ihrer Archi-
tektur-"spätestens ab 1220" schuldig. Meint er damit
die Westportale in ihrer heutigen Form, so wäre ihre
Ansetzung "spätestens ab 1220" schon im Hinblick auf
die Einwirkung der Amienser Portaldisposition auf die
jetzigen Reimser Westportale zu früh. Für welche Portal-
architektur sollten dann aber in Reims "spätestens ab
1220" die dreizehn Figuren am jetzigen Mittelportal der
Reimser Westfaseade (inklusive der Figuren des Josephs-
meisters) so früh in Auftrag gegeben worden sein?
Wenn man die von mir vorgeschlagene Rekonstruktion
des ikonographischen Programms für Reims 11 (Frühstufe)
zugrundelegt, kann man die Einwirkung von Amiens an den
Reimser Westportalen näher bestimmen.
Für die Gruppe der Darbringung lässt sich der
ikonographische Zusammenhang und wohl auch ein stili-
stischer - vor allem wegen der Figur des Simeon - mit
Amiens m.E. nicht leugnen. Das Skulpturenprogramm des
rechten Seitenportals von Reims 11 (Frühstufe) gleitet
also aus dem Bereich der Chartreser Ikonographie in den
Bereich des ikonographischen und auch des stilistischen
Einflusses von Amiens über. Die Gruppe des Salomon und
der Königin von Saba, ikonographisch vom Chartreser
Nordquerhaus herzuleiten, fungiert dabei gewissermassen
als Bindeglied. Der ikonographische Einfluss von Amiens
bleibt sonst jedoch für die Skulpturen der Reimser West-
fassade ebenso gering wie der stilistische. Die beson-
deren ikonographischen Eigentümlichkeiten von Amiens,
die hl. drei Könige und Herodes im Gewände, fehlen in
Reims, ebenso auch die beiden Zyklen der grossen und^
kleinen Propheten (in Amiens an den Strebepfeilern).'
1) Vitry 1, Tf. XXII.
2) Adolf Katzenellenbogen: The Prophets of the West-
fassade of the Cathedral at Amiens, GBA 1952, p.
241 ff.
 
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