Amls-Werkündigungsötatt fiir den IZezirk Schwetzingen.
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ParLewerhältmssc in Baden.
Der Termin der Reichstogswahlen ist nun-
mehr vom Kaiser auf den 3. Marz festgesetzt. Da
ist cs denn hohe Zeit, daß die Parteien ihre Reihen
mustern, sich ihrer Stärke vergewissern und die
Kraft ihrer Gegner Zu bemessen suchen.
Daß außerhalb des Parteirahmens sich
eine irgendwie maßgebende Stimmenzahl ansammeln
werde, ist nicht anzunehwen; nur die vorhandenen
Parteien also sind in Rechnung zu ziehen.
Das allgemeine gleiche und directe Wahlrecht
macht cs nun freilich ziemlich schwer, die Chancen
derselben mit einiger Sicherheit abzuschützen, doch
ist Jeder, der die Verhältnisse des badischen Lan-
des kennt, überzeugt, daß nur die nationalliberale
und .die ultramontaue Partei ernstlich in Frage
kommen können. Die Demokraten werden
es nur in e i n e in Wahlbezirke wagen können,
einen eigenen Candidaten auszustellen, imUebrigeni
sind sie, gleich-der Nationalconservativen, nur von
secundarer Bedeutung, d. h. von Bedeutung nur
in dem Falle, daß sie sieh einer andern Partei
anschlleßen.
Wie bekannt, hat die demokratische Partei
auf diesem Wege der nltramontanen noch bei den
Gemeiudewahlen im vergangenen Jahre manchen
guten Dienst geleistet, bis der „Pfälzer Bote"
plötzlich erklärte, daß die katholische Volkspartei
nicht mehr gesonnen sei, den Demokraten „die
Kastanien aus dein Feuer Zu holen."
Neuerdings ist denn auch dein „Mannheimer
Anzeiger" ein Licht ausgegangen über die Be-
scheerung, welche der Ultramontanismus allen wahr-
haft freiheitlichen Bestrebungen im neuen Reiche
zugedacht hat, und das Organ des Grünen Hauses
in Mannheim hat in Folge dessen jedes Com-
proiniß mit dieser Partei feierlich zurückgewiesen.
Ob aber die badische Demokratie in alle n
ihren Lheileu diesen Abscheu theilt, ob nicht wenig-
stens im kritischen Augenblicke der Haß gegen die
Natioualliberaleu die Oberhand gewinnt, das wird
sich erst noch zeigen müssen. Schwarze und rothe
Volkspartei haben ja oft und laut genug versichert,
daß hinter den NaUonalliberalen nur eine winzige
Minderheit des badischen Volkes siehe; wen könnte
es da Wunder nehmen, wenn sie jetzt gemein-
s a m die größten Anstrengungeil inachten, diese
Behauptung zu beweisen?
Am allerwenigsten fällt die national-conser-
vative Partei in die Wagschale. Ihr bleibt nur
der Weg des Kompromisses. um sich zur Geltung
zu bringen. Daß sie dies Kompromiß nicht mit
der liberalen Partei schließen kann, dafür
hat sie selbst gesorgt, indem sie durch ihr Or an
bis in die jüngste Zeit herein die Schöpfungen
der sre sinnigen Gesetzgebung Bad-ms in den letzten
Jahren als eme Politik ungesunden Experimentirens
verurtheiite.
Dagegen weiß dasselbe Organ dem Ultramon-
tauismus von der Nuance Bissing gar süße Lieb-
l Losungen zu sagen, wobei freilich ein grausamer j
Zufall es fügte, daß just am gleichen Tage der
„Pfälzer Bote" seinen Leuten unter ausdrücklicher
Bezugnahme auf die Wahlen die „Warte" wegen
Schmähungen auf die katholische Volkspartei
denuncirte.
Ob sich hier also die Herzen auf dem ge-
meinsamen Boden des Conservatismus noch finden
werden, mag einstweilen dahingestellt bleiben.
Im Uebrigen geben wir der ultramontanen
Partei gerne die Erklärung, daß wir ihre Stärke,
auch abzüglich ihrer etwaigen Hülfstruppen, keines-
wegs unterschätzen, woraus der „Pfälzer Bote"
ersehen mag, daß er sich unsertwegen ganz ohne
Noth zu einem Grade von Aerger hat aufreizen
lassen, der auch der b.'stfundirten Körperconstitution
schädlich werden muß.
Nicht entfernt ist uns in den Sinn gekommen,
die Einigkeit seiner Partei in Betreff der Ziele,
i welche sie im deutschen Reiche zu verfolgen gedenkt,
in Zweifel zu ziehen.
Andererseits aber dürfen die Ultramontanen
überzeugt sein, daß wir uns ebensowenig eine U e-
berschätzung ihrer Kräfte zu Schulden kommen
lassen werden.
Die ewigen Kaisertoaste von dieser Seite, mit
denen man uns in's Bockshorn jagen zu können
meint, mögen uns, ihrer moralischen Quali-
tät nach, wohl anwidcrn, gelten uns aber, in
Ansehung ihres politischen Gewichtes, für ein
höchst harmloses Vergnügen.
Das badische Volk wird den Herren am
Wahltage beweisen, daß es ihre Taschenspielerstückchen
zur Genüge durchschaut hat.
Zur Hagesgeschichte.
Karlsruhe, 30. Januar. Der badische
Polizeikommissär in Basel tetegraphirt: Die Bour-
baki'sche Armee mit Kanonen ist bei Pruntrut und
Neuenburg in di? Schweiz eingerückt. Selbstmord-
versuch Bourbakl's bestätigt.
Berlin, 29. Jan. Die Berufung der Kon-
stituante nach Bordeaux, welche eine Exekutiv-
kommission der provisorischen Regierung bestätigen
wird, bereitet hauptsächlich die Friedenspräliminarien
vor, deren Annahme wahrscheinlich ist.
Die Poutuskouferenz Unterzeichnete in ihrer
ersten Sitzung ein Prinzipienprotokoll über den
allgemeinen Bestand der Verträge. Alles Wesent-
liche ward geregelt.
Der deutsche Bevollmächtigte v. Ernsthausen
in Luxemburg hat die Jnternirungssrage geordnet;
die deutschen Beschwerden sind beigelegt.
Frankfurt, 27. Jan. In dem hiesigen
Gefängnisse befindet sich ein französ. Beamter aus
Metz, welcher beim Einzug der Deutschen in die
Festung einen Schuß auf die Töte abfeuerte. Das
Kriegsgericht verurtheiite ihn zum Tode, der Kaiser
begnadigte ihn jedoch zur Einsperruug auf un-
bestimmte Zeit.
Brussel, 37. Jan. Wie der Jndep. belge
aus Lyon vom 23. d. gemeldet wird, ist fran-
zösischerseits die Brücke von St. Jean de Losne
(bei Dijon) gesprengt worden, weil man einen
kräftigen Vorstoß des Feindes auf die Haute Vour-
gogue befürchtet.
Das Journal du Cher meldet: Der Lehrer
des kaiserlichen Prinzen, Filou, ist in Angers ver-
haftet worden, bei demselben fand man chiffrirte
Depeschen.
Ans Lille wird vom 27. d. berichtet, daß der
Feind feine Stellungen bei Cagnicourt und Cro-
silles verschanzt.
Hauptq. Versailles, 26. Jan. Seit einigen
Tagen weilen hier eine Anzahl japanesischer Offi-
ziere, die unsere Kriegsführung studiren wollen.
Vor Paris, 27. Jan. Seit heute früh
schweigen unsere Belagerungsbattericn auf sämmt-
lichen Fronten, und unser Ohr vermißt den für
den Soldaten herzerquickenden Donner ihrer Ge-
schütze, an den er sich seit gerade 3 Wochen ge-
wöhnt hatte. Noch gestern Abend behorchten wir
die Kanonade im Norden, wo die Batterien feit 2
Tagen vermehrt und bis auf 2000 Schritte vor
die Double Conronne du Nord herangerückt waren.
Unsere Mörser spielten munter vor St. Denis und
Bourget, und man hörte deutlich, wie ihre Geschosse
bis tief in die Vorstädte Belleville, Chapelle und
la Vilette eindrangen. Ist das Ohr durch lange
Uebung geschärft, so vermag es ans dem Klangs
des Einschlagens ganz wohl zu unterscheiden, was
ungefähr von dem Geschosse getroffen wurde, und
gestern war ans dem langen polternden Nachklingen
unverkennbar wahrzunehmen, daß Mauern, Häuser
u. dgl. niedergelegt waren.
Virtorr, 25. Jan. Diesen Morgen fand
ein Zusammenstoß im Tunnel von Montmedy statt.
Der erste Wagen, der Gefangene von der Fnid-
herb'schen Armee enthielt, wurde zerstört, 7 franz.
Offiziere und 3 Preußen wurden getödtet.
Chillons, 23. Jan. Gestern früh um 8
Uhr wurden ganz in der Nähe der Stadt 4 Fran-
zosen kriegsrechtlich erschossen. Sie hatten bayrische
Marketender überfallen, sie beraubt und nnt den
Frauen Unfug getrieben. Ein Pfarrer und ein
Lehrer waren die Hauptanstifter dieses Verbrechens
gewesen. Jener war entkommen; dieser wurde
als der Letzte erschossen, nachdem er die Erschießung
der übrigen mit angesehen hatte.
Versailles, 22. Jan. Die franz. Tobten
vom 19. Jan. sahen entsetzlich ans, namentlich
diejenigen, welche sich im Todeskampf noch in dem
feuchten, aufgeweichten Boden umhergewälzt. In