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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1871

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Februar (Nr. 14 - 25)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30184#0069

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Donnerstag, 9. Februar 1871. ^0. 17. Füly Jahrgang.


Amts-'Nerküttdigungsölatt für den Bezirk Schwetzingen.





fcn; citun g.

Erscheint wöchentlich drei Mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag. — Alle Postanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — P r e i s vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigespaltene Pctitzeile oder deren Nauru 3 kr. L o k a l a n z e i g e n 2 kr.

Schwetzingen, 7. Februar. Nachstehende j
Mittheilung aus Genf kam uns heute zu, und
geben wir solche ihrem Wortlaute nach wieder.
Wir unterlassen es, diesem rührenden Nachruf
etwas beizusügen, tonnen aber nicht umhin, aus-
zusprechen, daß es sür uns sehr schmeichelhaft ist,
in weiter Ferne höchst achtbare Männer zu wissen,
die durch „so schöne Erinnerungen an unsere Hei-
math geknüpft sind." Hier der Brief:
„Genf, Sonntag 5. Febr. 1871.
„Herr Redakteur!
„Heute Morgen um 10 Uhr wurde einer
Ihrer Landsleute, Michael Lieöerknecht aus
Hdingen, Lazarethgehülfe bei der 2. badischen
Feld-Ambulanz, ans dem hiesigen protestantischen
Kirchhofe beerdigt.
„Mehrere Hundert Deutsche und Schweizer
gaben ihm das Geleite; der Chor des deutschen
Arbeiter-Vereins saug ihm in's Grab die schönen
Worte Göthe's: „lieber allen Wipfeln ist Ruh rc."
„Herr Pastor Ehni von der deutsch-luthe-
rischen Gemeinde hielt dem braven deutschen Söl-
ten eine ergreifende Leichenrede.
„Michael Lieberknecht war ain l. Februar
mit dem Personal seiner Lazareth-Abtheilung und
den circa 60 Verwundeten, welche aus Dijon un-
ter Leitung des badischen Stabsarztes Dr. Reu-
mann über Lyon und die Schweiz nach der Hei-
math zurückgeführt wurden, in Genf angekommen.
Es sollte ihm nicht vergönnt sein, den vaterlän-
dischen Boden wieder zu sehen. Ein schweres
Leiden, das er sich in den Strapazen des Krieges
zugezogeu, erlaubte ihm nicht mehr die Fortsetzung
der Reise. Seine Kameraden ließen ihn trauernd

zurück: sie gaben ihm einstimmig das Zengniß der
treuesten und aufopferndsten Pflichterfüllung. Auch
die Herren Aerzte stimmten diesem Lobe bei.
„Er verschied letzten Freitag im hiesigen
Kantonsspital, von teilnehmender Sorgfalt um-
geben.
„Er ruht in fremder, aber gastlicher Erde.
„Deutscher Gesang, deutsche Rede
weihten sein Andenken.
„Möge diese Mittheilung zum Tröste der
Angehörigen und Freunde beitragen, die der Ver-
storbene in der Heimath hinterläßt!
„Ich konnte nicht umhin, ihm in Ihrem
Blatte einen ehrenden Nachruf zu widmen, da mich
an diese seine Heimath so schöne Erinnerungen
knüpfen.
„Genehmigen Sie, Herr Redakteur, meine
hochachtungsvollen Grüße.
De'.

Zur Hagesgeschichte.
Brüssel, 6. Febr. Die Jndependance ver-
öffentlicht die vom Pariser Komite unter Vorsitz
Dufaures aufgestellte Kandidatenliste. Darunter
die Regieruugsmitglieder: Favre, Gambetta, Cre-
mieux, Glais-Bizoin, Picard, Jules Simon, Pelle-
tan, Emanuel Arago, Garnier-Pages, Ferry,
Rochefort; ferner die Admirale: Saiffet, Ronciere,
Pothuan; die Generale: Srebault, Bellemann;
7 Vertreter der Wissenschaft: Faustin, Helle, Leb-
lond, Germainsay, Ricords, Saintklair, Deville,
Berthelot, Thiers; die Bankiers: Alfons Roth-
schild, Mallet; die Ingenieure: Solacroup, Pierard,
Sauvage; die Publicistcn: Lemoinne vom Debats,

Nefftzer vom Teinps, letzterer schlug die Kandidatur
aus, befürwortete statt seiner die Kandidatur seines
Kollegen Hebrard; ferner figuriren die Maires:
Desmarets, Bouvalet, Carnot, Martin, Vacheret,
ehemaliger Maire Cochin; ferner Hugo, Blanc.
Quinet Vergangenen Donnerstag erschien die erste
Numer von Rochefort's neuem Journal.
Versailles, ck. Febr. Bismarck hat außer
dem gegenüber dem Gambetta'schen Wahldekret vom
31. Jan. bereits von Bordeaux mitgetheilten Protest
auch eine längere Note ähnlichen Inhalts
gleichzeitig an Favre gerichtet, der durch Zusage
der Aufhebung der Beschränkung der Wahlfreiheit
sie heute beantwortete.
Bern, 5. Febr. Der Einmarsch ist beendigt.
Gestern rückten die letzten Franktireurs über die
Gränze, sie weigerten zuerst die Waffenabgabe.
General Herzog ist nach Neuenburg zurückgekehrt.
In Colombier steht ein großer Park von über
2000 Pferden.
Neuettburg, 5. Febr. Militärzüge zu
Fuß und per Bahn gehen nun in's Innere der
Schweiz. Die Bespannung des geflüchteten Parks
ist so elend, daß auf offener Straß»' Kriegsmaterial
znrückgelassen werden muß. Verendete Pferde
liegen an allen Straßen. Die Jnternirten sind
äußerst niedergedrückt.
Berlin, 5. Febr. Die Pontusangelegenheit
ist im Wesentlichen erledigt.
Der offizielle Charakter des Versailler Tele-
gramms über die Friedensbedingungen: Elsaß,
Metz, 2 Milliarden Thlr., wird bestätigt.
Berlin, 6. Febr. Der Friedensvertrag

Ueber die Aufführung der
gefangenen „Rächer^
in Thun (Schweiz) berichtet man von dort den
Basl. Nachr. :
An den ihnen angebotenen Arbeiten auf der
Allmend beteiligen sich nur wenige; den übrigen
ist es sonst wohl in den warmen Zimmern.
Meistens die Araber arbeiten an der Abtragung
des alten Zielwalles, um sich etwas zu verdienen.
Für 6 Stunden Arbeit im Tag erhalten sie 70
Cent. Zulage, was neben dem Sold von 25 Cent,
und der freien Verpflegung immerhin ordentlich ist.
Aber auch sie arbeiten nur, um am Abend
alles zu verbrauchen um am Morgen vorne anzu-
fangen, wenn sie mögen.
Eine etwas strenge Aufsicht ist sehr nöthig,
denn es sind verwilderte Elemente unter diesem
Rächerkorps neben recht ordentlich gebildeten,
namentlich was eigentliche Franzosen sind/
Unter diesen befinden sich ziemlich viele Ver-

heirathete, welche von Hause aus theilweise bedeu-
tende Summen Geldes erhalten. Manche hingegen
vergessen oft im Wirthshans das Zahlen; dagegen
gibt es dann auch wieder solche, die dieß für die
Andern gut machen.
Auch ein württembergischer Turko soll hier
sein, dessen Vater nach Afrika auswanderte. Der
württemb. Araber soll noch ziemlich viel Schwäbisch
geerbt haben von seinem Vater.
Er erzählt, daß er sich nach arabischer Sitte
dort eine Frau gekauft habe, und zwar zum ziem-
lich niedrigen Preis von 150 Fr. Beim Beginn
des Krieges habe er sie einfach fortgeschickt, wie
es in Afrika üblich sei und in Europa hie und
da vielleicht erwünscht wäre.
Die ganze internirte Kolonie scheint sich fast
ausschließlich dem Schnaps zu ergeben; nur einige
Noblere trinken Wein, und die Araber finden,
der Wein in Thun sei eben doch nicht an den
Stadtmauern von Konstantinopel gewachsen.

Vermischtes.
— Gegenseitiges Uebereinkommen. „Wenn
ich Dich miethe," sagte eine Hausfrau, welche mit
einem neuen Stubenmädchen in Unterhandlung
stand, „so geschieht es unter der Bedingung, daß
allemal, wenn ich ausgehe, Du zu Hause bleibst."
— Damit bin ich gern einverstanden, antwortete
das Mädchen, natürlich vorausgesetzt, daß Sie
dasselbe thun, wenn ich ausgehe.

— Das 30stündige Bombardement hat die
Stadt Mezieres zu drei Vierteln zerstört. Man
sieht überall nur Ruinen. 55 Personen wurden
geiödtet, darunter 11, die in einem Keller erstick-
ten. Eine Wiltwe mit ihren vier Kindern befin-
det sich noch in einem Keller. Sie sind alle todt.

— Zweibrücken. Einem heute in hiesiger
Stadt bettelnden Haudwerksburschen wurde mit
dem Eiusperren durch die Polizei gedroht. Der
Fechtbruder beruhigte aber seinen Wohlthäter da-
mit, daß ja jetzt Kaiser und Könige eingefangen
würden, da könne es auch einmal einem Bettel-
mann passiren; außerdem spare er 6 kr. Schlafgeld.
 
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