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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1871

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Oktober (Nr. 117 - 129)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30184#0525

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Donnerstag, 26. October 1871.

Fünfter Jahrgang.


§0. 187. ' ""««--Mi,,,
- He-delberg. —-- ^ -.—-.
Wochenblatt

Amts-Merkündigungsötalt für den Bezirk Schwetzingen.
Badische Hopfen; eitnng.
Erscheint wöchentlich drei Mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, mit der Sonniags-Beilage „Pfälzer Unterhaltungs-Blatt*. — Alle Postanstalten und Boten nehmen
Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 45 kr. Inserate die dreigespaltene PetitzeUe oder deren Raum 3 kr. Lokalanzeigen 2 kr.

Zur Hagesgeschichte.
Karlsruhe. Die Stadl Karlsruhe Hai
folgende Herren in die Ständekammer gewählt:
1) Ministerialrath Nicolai,
2) Gemeinderath Heinrich Lang,
3) Rechtsanwalt Jakob Gutmann.
Karlsruhe. 22. Oct. In der Kammer
bleiben von 63 Abgeordneten 24 bis 25, die
wiedergewählt sind oder voraussichtlich wieder
gewählt werden. Der Bezirk Gengenbach-Has-
lach hat ultramontan gewählt (Pfarrer Förderer
von Lahr), so daß, wenn noch Tauberdischofs-
Henri hinzukommt, die Kammer 9 ultramoutane
Mitglieder zählen wird, eine Zunahme gegen
früher 5, die wahrscheinlich größer ist, als sie
von nationaler und geringer als sie von kleri-
kaler Seite im Gefolge des neuen Wahlgesetzes
erwartet wurde.
Baden, 29. Oct. Bei den Ausgrabun-
gen, welche man bei dem Bau des neuen
Dampfbades noch immer vorznnehmen hat,
fand man gestern zwischen diesem Neubau und
der Klosterkirche, unweit des Römerbades einen
Grundstein, von dem man zuerst vermuthete,
er stamme aus der Römerzeit. Bei dem Oeff-
nen desselben fanden sich aber zwei Flaschen
Wein und einige Gold- und Silbermünzen vor,
auf welch letzteren dis Jahreszahl 1561 zu er-
kennen war. Es hat hier früher eine Kapelle
gestanden.
Wie öffentliche Blätter bereits gemeldet, hat
Lamey die Wahl in Baden (und in Lörrach)
abgelehnt; bei der Neuwahl dürften Stadlver-
rechner Schnef und Advokat Kusel die meisten
Chancen für sich haben; beide wären als Ver-
treter des hiesigen Bezirks ganz an ihrem Platze.
Die Herbstaussichten sind bei uns nicht
sehr glänzend, da die Trauben nicht besonders
süß sind, daher nur ein mittelmäßiger Wein zu
erwarten steht. Es sind daher auch schon meh-
rere der hiesigen Wirthe auf der Tour. um
noch gute alte Weine aufzukaufen.
München, 21. Oct. Gestern wurden
Hierselbst die kommissarischen Verhandlungen
zwischen den Vertretern Bayerns und Badens
über die Eisenbahnanschlüsse auf den angrenzen-
den Gebieten eröffnet.
Berlin, 21. October. In der nächsten
Woche werden nun erst die parlamentarischen
Arbeiten ernstlich in Fluß kommen mit einer
Reihe wenn auch vorerst kleinerer Gesetzesent-
würfe, denen sich Interpellationen und Anträge
aus dem Schooße deS Reichstages selbst an-
reihen werden. Unter letzteren ist zu nennen
ein Antrag der sämmtlichen 7 Mecklenburger
Abgeordneten; es wolle in die Reichsverfassung
ein Art. ausgenommen werden, welcher jedem
Lande eine wirkliche Volksvertretung verbürgt.
Der aus allen liberalen Fraktionen zahlreich
unterstützte Antrag bezweckt, endlich heillosen
Zuständen in Mecklenburg ein Ende zu bereiten.
Die Fortschritts- und national-liberale Par-

^ iei bereiten eine Interpellation vor, bestimmt, ?
Nachrichten über die gewährten Unterstützungen
an die Landwehrmänner und Reservisten zu
erhalten und zu erfahren, wie weit die dafür
vom Reich bestimmten 4 Mill. ansreichen.
Aus dem Lippe'schen, 29. Oct. Im
lippe'schen „Reg. u. Auz.-Bl." findet sich fol-
gendes Inserat: „Der Unterzeichnete sieht sich
veranlaßt, davor zu warnen, Sr. Durchlaucht
dem Prinzen Alexander zur Lippe etwas zu
borgen, indem die Zahlung wenn überall, doch
jedenfalls erst nach Ablauf einer Reihe von
Jahren erfolgen würde. Detmold, den 14. Okt.
1871. Pustkuchen, Curator Sr. Durchlaucht
des Prinzen Alexander zur Lippe." (Genannte
Durchlaucht ist der jüngste Bruder des regieren-
den Fürsten.)
Paris, 22. Oct. Die Amtsztg. sagt:
Die deutsche Armee hat von Berlin Befehl er-
hallen, die 6 Departements zu räumen. Dis
4. Division im Süden und die bayrische Divi-
sion im Westen haben gestern die Rückzugsbe-
wegung begonnen.
Der Prinz Napoleon ist gestern Abend in
Ajaccio augelungt; 159 bis 299 Personen
i waren ihm entgegengegaugen, aber keine Kund-
gebung fand statt.
Aus Fecamp wird der plötzliche Tod Pi-
nard's gemeldet. Der Verstorbene gehörte zu
den bedeutendsten hiesigen Finanzmännern. Seit
1849 Direktor des Comptoir d'Escompte, hat er
diese Anstatt auf den hohen Rang. den sie
jetzt einnimmt, erhoben.
Der ehemalige Generalkonsul Victor Place,
; dessen Freisprechung wir meldeten, will einen
' Verleumdungsprozeß gegen den Herzog d'Audif-
i fret-Pasquier anstrengen. Man erinnert sich,
^ welche Anschuldigungen derselbe als Berichter-
^ statter in Sachen der Lieftrungsverträge auf
; der Tribüne gegen Place erhob.
Der Spectateur von Langres veröffentlicht
j einen Brief Gambetta's, worin derselbe sich
! weitläufig über die Generalrathswahlen ausläßt,
i Er sieht darin einen Triumph seiner Partei, d.
h. der Partei der radikalen, im Unterschiede
l von derjenigen der formalistischen Republikaner.
^ Er spricht seine Befriedigung aus über die Er-
weiterung der Vorrechte, welche das Dezentrali-
sationsgesetz vom 19 Aug. den Generalräthen
verleiht, aber er räch denselben, nicht Politik
zu treiben und insbesondere nicht auf die Auf-
lösung der Nationalversammlung, so wünschens-
werth sie sein möge, hinzuarbeiten.
Eine schauerliche Ballonfahrt wird von
amerikanischen Blättern wie folgt geschildert:
Am 39. September wollten zu Poalt in Orange
County, Jndia, Professor Wilbur und George
H. Knapp, Redakteur der Orange Counly Union,
eine Ballonfahrt machen. Gerade als sie in
j den Ballon gehen wollten, gaben die Seile nach
- und Beide machten einen Sprung, um in das
! Schiff zu gelangen, aber sie sprangen zu kurz
l und ergriffen nur die Stricke. Als der Ballon

emporstieg, ließ Knapp seinen Halt fahren und
siel von einer Höhe von etwa 39 Fuß herab
ohue sich erheblich zu verletzen. Professor Wil-
bur aber hielt sich fest an dem Strick und ver-
suchte in das Schiss zu klettern, was ihm jedoch
nicht gelang. Der Ballon schoß auswärts und
der Aeronaut hing unter dem Schiffchen. Die
Zuschauer standen starr vor Schrecken bei diesem
furchtbaren Anblick da. Als der Ballon etwa
eine Meile hoch emporgesiiegen war, ließ der
unglückliche Mann seinen Halt los und kam nun
wirbelnd zur Erde herunter. Erst sah er wie
ein kleiner, etwa ein Fuß langer Stock aus.
Als er der Erde sich näherte, schoß er, die Füße
abwärts gekehrt, herunter; dann aber breitete
er sich horizontal aus. dann krümmte er sich,
stürzte kopfüber, streckte sich und fiel Kops ab-
wärts gekehrt auf die Erde. Als er fiel, traf
er die Erde mit dem Kopfe und derselbe wurde
sofort zur unkenntlichen Masse zermalmt. Der
Körper, der ein 8 Zoll tiefes Loch in den Bo-
den schlug, war schlimm zerschmettert und er
prallte, als er den Boden traf wieder ab und
fuhr 4 Fuß in die Höhe. Und dieses alles
mußte die junge Gattin und die kleine Tochter
des unglücklichen Mannes mit arischen.
New-Nsrk, 29. Octbr. In Winnepeg
herrscht große Aufregung, da nahe beim See
Shebandowcm ein Goldlager entdeckt fein soll.
Große Menschenmassen setzen sich dahin in Be-
wegung.
Gouverneur Hoffmcmn ermächtigte den
j Staatsanwalt und Charles O'Comwr, eine
Klage gegen die Beamten der Stadt NewPork-
anzustrengen.

pariser Zustände.
So eben von einem Ausflug nach Paris
zurückgekehrt, wollen wir nicht versäumen, einige
Reiseerfahrungen zu veröffentlichen, die zum
Theil geeignet sein dürften, allgemein verbreitete
Meinungen über die Zustände in Paris einiger-
maßen zu berichtigen.
Gegenüber den oft gehörten Klagen über
die Strenge des Paßwesens und den Schreck-
bildern von der Deutscheuhetze in Paris, nach
welchen ein Besuch daselbst etwas „Lebensge-
fährliches" sein müßte, können wir kcmstatiren,
daß unsere wohlkondinomrten Reisepässe uns
während einer zehntägigen Reise nirgends ab-
gefordert wurden, und daß wir, obgleich wir in
Kaffeehäusern, auf der Straße und in Omni-
bussen sehr häufig deutsch redeten, nicht die min-
deste Unannehmlichkeit zu erfahren hatten, ja daß
wir das Wort „krussisn" nie in feindseliger
Weise gegen uns aussprechen hörten.
Was die Zerstörungen in der Stadt und
Umgegend anbelangt, so wird von dem, was
die deutschen Kugeln zerstört, nirgends gespro-
chen ; dagegen werden die Verwüstungen, welche
die Kommunisten und Versailler angerichlet haben,
mit Trauer und Zorn zugleich angesehen. Sind
 
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