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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1871

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Juni (Nr. 64 - 76)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30184#0284

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sich in Paris im Depot befanden. In den Docks
von Billette sind allein für 60 Mill. derartiger
Maaren zu Grunde gegangen. Man glaubt daß
diese Verluste sofort vergütet werden, um dem
ausländischen Handel in Paris das Vertrauen
nicht zu benehmen. Der Verlust, welcher durch
das Verbrennen der öffentlichen Gebäude in Paris
angerichtet wurde, ist noch nicht zu berechnen. Der
Wiederaufbau des Hotels der Ehrenlegion wird
ungefähr 1 Mill. kosten. Diese Summe soll auf
Subskriptionswege aufgebracht werden. Außer den
Petroleusen hat man jetzt eine andere scheußliche
Sekte unter den Jnsurgentenweibern entdeckt, näm-
lich die, welche beauftragt waren, die Soldaten
mit Vitriol zu begießen. Man bemerkte dieses zu-
erst , als man Osfiziere und Soldaten auffand,
deren Gesichter furchtbar verbrannt waren, und
man erhielt Gewißheit in der Sache, als man
bei mehreren Frauen, welche in Versailles gefangen
sind, Vitriol vorfand und zur Ueberzeugung ge-
langte, daß diese Art von Missethäterinen ebenfalls
militärisch organisirt waren und ihre genauen In-
struktion hatten. Einem Theile der Anhänger
der Kommune ist es ungeachtet der vielen Verhaf-
tungen bis jetzt gelungen, sich den Nachsuchungen
der Behörden zu entziehen. Viele sollen sogar
über die Gränze entkommen sein. Des Abends
hat Paris noch immer seinen trostlosen Anblick.
Die öffentlichen Orte, wie Cafes, Weinhäuser u.
s. w., müssen um 11 Uhr geschloffen werden und
die Zahl der brennenden Laternen hat sich auch
noch nicht vermehrt.
In Marseille sind am 8. Juni 500 Pe-
troleusen angekommen, um in die Strafkolonien
über Toulon abgesandt zu werden.
Madrid, 2. Juni. Der schauerliche Aus-
gang der Komnmnistenherrschaft in Paris hat of-
fenbar einen tiefen Eindruck auf die hitzigen spa-
nischen Republikaner gemacht. Als in der Kongreß-
sitzung vom 29. v. M. der Abgeordnete Hevia
über die Auslieferung der rothen Flüchtlinge an
die französische Regierung sprach, nahm der Mi-
nister der auswärtigen Angelegenheiten das Wort
und gab seiner Entrüstung über die rothe Wirth-
schaft den stärksten Ausdruck. Es ist traurig, es
ist entsetzlich, rief er, daß der jenen Elenden inne-
wohnende Verwüstungstrieb weder die großen Denk-
mäler Frankreichs, noch seine Kunstschätze, weder
das Leben ausgezeichneter Männer, noch das Le-
ben bescheidener Bürger verschont hat. Sie began-
nen ihre blutige Laufbahn mit der Erschießung
eines Republikaners, des alten Generals Clement
Thomas, sie beendigten sie mit der Ermordung
des Erzbischofs von Paris, eines der weisesten,
freisinnigsten Prälaten Europas, und des vereh-
rungswürdigen Priesters Deguerry. Ewiger Fluch
jenen Verbrechern, den Urhebern jener Thaten von
unglaublichem Fanatismus. Sie sind dem unaus-

löschlichen Verdammungsurtheil der Geschichte an-
heimgefallen rc. Darauf erhob sich Castelar, das
Haupt der Republikaner, erklärte sich ganz einver-
standen mit der Auslieferung der Verbrecher und
fuhr dann höchst erregt fort: „Ich werde nie
meine Grundsätze verläugnen. gewiß nicht in den
Tagen ves Mißgeschicks. Aber ich rufe laut aus,
daß wir uns nimmermehr einem Verbrechen, einer
Verletzung des Rechts, einem politischen Ver-
fahren anschließen werden, welches die ewige
Grundlage der Gerechtigkeit verkennt; denn wenn
irgend eine Sache sich rein von Schuld und Ver-
brechen wahren muß, so ist es gewiß die Sache
der Freiheit, der Demokratie, der Republik, denn
sie ist die heilige Sache der durch die Gewalt und
das Unrecht Unterdrückten. Aber lasten Sie uns
unsere klare Einsicht nicht durch die schwarzen
Wolken verhüllen, welche sich über den traurigen
Schauplatz jener Thaten erheben. Furchtbar wa-
ren sie. Um sie zu beschreiben, brauchte es der
Feder eines Jesaias, um sie zu malen, des Pin-
sels eines Michel Angelo. Sie finden an Grau-
sen ihres Gleichen in dem Falle von Tyrus, von
Jerusalem, in dem Mahle Belsazars zu Babylon
und in der Nacht Sardanapals zn Ninive. Aber
wenn wir ihren Ursprung suchen, so finden wir
ihn in der Unterdrückung der Freiheit, in einer-
zwanzigjährigen Cäsarenherrschaft, die nach Auslö-
schung aller Rechtsbegriffe, nach der Versklavung
eines ganzen Menschenalters, blind und übermü-
thig die Schrecken des Krieges entfesselte, um zu
sterben, wie stets der Despotismus in der Geschichte
gestorben ist, unter den schaurigsten Katastrophen,
unter dem Fluche des menschlichen Gewissens und
der Verdammniß des Himmels." Uebrigens wol-
len wir nicht in Abrede stellen, daß es unter den
Republikanern Spaniens Leute gibt, welche denn
doch nicht ganz den Abscheu Castelars gegen die
Pariser Kommune theilen.
Literatur.
Die in Stuttgart erscheinende weltbekannte
Zeitschrift „Ueber Land und Meer" bringt aus
Anlaß des Friedensschlusses eine besondere Fest-
nummer : Kaisernummer betitelt, von der,
um sie allgemein zugänglich zu machen, der Verle-
ger eine Separatausgabe zum Preise von 10 Sgr.
veranstaltet hat. Die Blätter dieser Kaisernummer
entfalten eine unvergleichliche Pracht der Ausstat-
tung und dürfen den Werth eines nationalen Erin-
nerungszeichens beanspruchen, wie es in gleicher
origineller Schönheit und zu so billigem Preise
nicht weiter gesunden werden mag. Denn die Num-
mer enthält aus der Feder Wilhelm Jensen's eine
gedrängte, sehr ansprechend geschriebene Geschichte
des ganzen Kriegs bis zum Abschluß der Friedens-!
Präliminarien und, was als eine besonders glück-!
liche Idee bezeichnet werden muß, sümmtliche tele-'

graphische Kriegsbotschaften, die in ihrer Aufeinan-
derfolge selbst wieder die ganze glorreiche Geschichie
des Kriegs lebendig vor Augen führen. Gleich
aus dem ersten Blatte erblicken wir die Apotheose
Deutschlands mit einem herrlichen Gesänge Ema-
nuel Geibel's. Hieran schließen sich die vorzüglich
ausgeführten Portraits des Kaisers, der Kaiserin,
des Kronprinzen und dessen Gemahlin, mit deren
Facsimiles, die Wacht am Rhein, von Scheuren's
Meisterhand gezeichnet, ein großes, historisches
Bild: der Kaiser von Deutschland mit Gefolge',
ferner die Hohenzollernburg mit reizendem Gedicht,
weiterer prachtvoller Illustrationen nicht zu geden-
ken. Dem ganzen ist eine werthvolle und meister-
haft ausgeführte „Karte der Belagerung von Pa-
ris" beigefügt, welche über die Stellungen und
Operationen des Belagerungsheeres speziellen Aus-
schluß gibt. So stellt diese Seperat-Ausgabe der
„Kaisernummer" sich als ein schönes Gedenk-
blatt dar an die eben abgeschlossene große Zeit,
und wir empfehlen diesselbe auf's Wärmste unfern
patriotischen Mitbürgern nicht nur, sondern auch
allen Angehörigen des deutschen Heeres, denen die
Wiedergeburt des Vaterlandes zu danken ist.

— Friedrich der Große decorirte einst einen
Offizier; Ew. Majestät, sagte dieser, nur auf dem
Schlachtfelde kann ich eineu Orden von ihnen an--
nehmen, — A bah erwiederte hieraus der König,
sei er kein Narr und hänge er das Ding da an,
ich kann doch um Seinetwillen keinen Krieg an-
saugen.

Aus Stadt und Land.
Schwetzingen. In der Dienstagsnummer
der „Karlsr. Ztg." lesen wir: Durch allerhöchsten
Befehl Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs
vom 6. ds. werden in Folge der Demobilisirung
des großh. Armeekorps di? aus Kriegsdauer ange-
stellteu Feldürzte Eduard Erkenbrecht von Hocken-
heim und Karl Werner von Schwetzingen entlasten.
Schwetzingen. Laut Bekanntmachung des
Gr. bad. Divisions-Gerichts zu Karlsruhe sind der
Desertion für schuldig erklärt und deshalb in eine
Strafe von je 200 sl. und zur Tragung der Ko-
sten verurtheilt worden: Georg Bernhard Sa am
und Wilhelm K uPinge r von Neulußheim, Pe-
ter Bach von Plankstadt, Jakob H eim, Johann
Fassns Dorn und Josef Stol! von Hockenheim.
Brühl, 12. Juni. Dem Kanonier F. Mei-
ner, Sohn des hiesigen Gemeinderaths C. Meixner,
wegen ausgezeichnet tapferer Haltung mit dem
Eisernen Kreuze decorirt, wurde die ehrenvolle
Auszeichnung zu Theil, zum feierlichen Truppen-
eiuzug in Berlin als Vertreter seiner Batterie kom-
mandirt zu werden. ü.

süddeutscher Mäßigkeit und Bescheidenheit statt.
Wir haben dabei nicht wohl an eine Absicht der
Franzosen, die Deutschen unter sich zu entzweien,
zu denken. Es ist dies der Ausfluß der schlauen
französischen Koketterie, welche den Sieger durch
Lob zu gewinnen, zu mäßigen sucht. Dazu kommt,
daß unter den Franzosen noch der uns nicht eben
ehrende Aberglaube verbreitet ist, wir Süddeutsche
seien nur gezwungen mitgezogen Französische Ge-
nerale sagten zu den glücklicherweise nicht zahlrei-
chen süddeutschen Gefangenen: xunvrss W. oder
L. (xsmvr68 xstits) was habt ihr bei uns zu
thun? Die Tapferkeit der Unsrigen hätte sie doch
belehren können, daß diese mit Leib und Seele
als gute Deutsche mitfochten. Aber es giebt Dinge,
womit die Franzosen so lange getäuscht wurden,
womit sie sich gerne selbst schmeichelten, daß sie
ihnen durchaus nicht aus dem Kopf zu bringen
sind.

Vermischtes.
— Die Pflichten eines amerikanischen Special-
xorrespondenten schildert die „New-2)ork Times" in

folgender Weise: „Der Specialcorrespondent mag
verheirathet oder Junggeselle sein, er muß immer,
unter allen Umständen, seine Pflicht erfüllen; diese
Pflichten ihn zu lehren, ist eine schwere, sehr kost-
spielige Arbeit, eine Arbeit voll Aerger und Ver-
druß. Es ist gut, wenn er ein halbes Dutzend
Sprachen ziemlich fließend spricht, wenn er in allen
möglichen, nur bewohnbaren Gegenden gelebt hat
und die Rockey-Mountains ebenso gut wie das
Innere Afrikas kennt. Er muß ein guter Koch,
ein Musikkenncr, ein Whistspieler erster Klasse, ein
Sportsman, ein guter Schütze, ein guter Redner,
ein Freimaurer, ein Philosoph, ein Raucher —
denn Tabak ist ein gutes Palliativmittel gegen
Hunger — und ein Packmeister der vollkommensten
Art sein, denn er muß im Stande sein, ein
Schreibzeug, eine Depescheubüchse, einen Stiefel-
knecht , eine Bibel, ein Füßchen Brandy, einige
Hemden, einen Regenmantel, eine Blendlaterne
und einen Bratrost in den Sattelranzen Zu packen.
Der erfahrene Specialcorrespondent ist nie ohne
Paß, ohne große Zahl von Visitenkarten mit Na-
men und genauer Adresse, ohne Revolver — dessen
Besitz er übrigens so viel als möglich verheimlichen

soll nie ohne Nähkästchen, das mit Nadeln,
Fingerhut, Knöpfen und Zwirn wohl gefüllt ist :
ein Regenschirm, Korkzieher und ein Paar gute
Wasserstiefeln dürfen natürlich nicht fehlen. Er
muß einen Paradeanzug haben, denn er kann nicht
wissen, wann er zu fürstlichen Tafeln gezogen wird.
Dann erst, wenn er mit all' diesen Dingen um-
zugehen versteht, dann, wenn er zweimal die Cho-
lera und diverse Tropensieber gehabt, dann erst,
wenn er Pulverdamps in gehöriger Menge gero-
chen , kann er sagen: er ist ein fertiger Special-
correspondent !

HVieiriiA iiilL Viele!
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ctor kOlAMisin NslisvtsQ OriAina,i-Doos6, rsoütksrti^t
sied, äs,8 Vei'trLusQ sinsEits äurod aiisrlremnts
LoüäitLt cksi' ÜAi'ML, ÄQäsrssits cluroli äsu sied. tiier-
S,U8 ki'AkvkQäöu 6U01'W6I1 AvsLt?. Dis ^V6Z6U ivi'kr
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