Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Vorrede.

V

hat, reichlich genug gegeben. Zunächst das Verhältniß zu Grund und
Boden, Bergzügcn und Thalöffnungen, vor allem das Verhältniß zum
Wasser, zum Fluß oder gar zum Meer, dann die Richtungen, Namen
der Straßen, die Überreste der Umfassungsmauern oder ihre Stellver-
treter, die Boulevards, die Gruppirung der religiösen, politischen und
staatswirthschaftlichen Hauptgebäude unter einander, die Gruppirun-
gen gewisser Gewerbthätigkeiten in jetziger-und die in Namen übrig
gebliebenen Andeutungen früherer Zeit, die rein bürgerliche Bauweise,
die in verschiedenen Stadttheilen oft so grelle Gegensätze bildet, die
Umgestaltung des nächsten um die Stadt liegenden Grund und Bo-
dens, endlich, was allerdings nur längeres Verweilen erschließen kann,
die ganze Fülle von Ausdrücken, Redensarten, Sitten, Rechtsformen,
die auf bestimmten Lokalverhältnissen basiren. Wem überhaupt das
geistige Auge geöffnet ist für solche Gesammtformen, den wird eine
kurze Anschauung schon viel lehren.
Von Frankreich hat Paris das Interesse der gebildeten Welt
fast ganz allein und in hohem Grade an sich gefesselt. Und gerade von
Paris ist es nicht der individuelle, städtisch-französische Charakter, son-
dern der kosmopolitische, den der Fremde meist nur sucht, iu dem er
ganz befangen bleibt. Gewiß hat es heutzutage noch seine ganz andere
Berechtigung, von Paris zu sagen, was schon zu Franz' I. und
Karls V. Zeit gesagt ist: ee u'68t ps8 uns vills, v'est un monäs,
eine Berechtigung in beider Hinsicht, im Hinblick auf die großen und
bewundernswerthen Culturanstalten und die Bedeutung der hier neben
einander auftretenden Interessen, aber auch im Hinblick auf das raffi-
k nirte Genußleben, das durchaus nicht speciell dem Pariser, nein gerade
jenem Zusammenfluß aller Nationen angehört. Aber wie ist gerade
Paris zu dieser Stellung gelangt, gehen vielleicht noch heutzutage den
Meisten unbekannt individuelle, speciell städtische Lebensformen dane-
ben her, was hat Paris früher als Stadt neben andern für eine Rolle
gespielt, das sind Fragen, die eine Anschauung der Stadtphysiognomie,
unterstützt durch historische Hülfsmittel, wohl beantworten kann. Ich
habe es versucht, gerade diesen Gesichtspunkt für Paris voranzustellen
und glaube damit wenigstens für uns Deutsche einen kaum betretenen
Weg durch die Weltstadt gegangen zu sein.
 
Annotationen