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Zwölftes Kapitel.
bei und mit Recht hat jede bis jetzt auf das ihr Eigenthümliche, von
ihr am leichtesten Auszubildende besondere Sorgfalt verwandt: die
eine, wie Gent, auf den Blumenflor, die andere ans ihre Palmen-
häuser, wie Brüssel, Antwerpen also auf die Zoologie. Zoologische
Gärten sind mir meist wie Miniaturausgaben und kleinliche Nachäffun-
gen der großen Schöpfung Gottes, als eines großen, reich zusammen-
gesetzten Ganzen erschienen, sehr nützlich zum Einprägen bestimmter
Thierformeu und für viele auch amüsant, aber leicht komisch in ihren
Versuchen, den ganzen Charakter eines Landes auf ein Paar Quadrat-
fuß darzustellen. Wenn irgendwo, ist hier in Antwerpen die Anord-
nung des Ganzen eine sehr geschickte, eine Menge engbegränzter, in
sich wohl gruppirter Anlagen stimmen sehr wohl zu den dort befindlichen
Thiergruppen und erregen leicht den Gedanken eines wirklich Zusam-
mengehörigen. Die Gebäude sind sehr stattlich, so vor allem ein un-
geheurer Saal für eine zoologische, besonders an Vögeln sehr reiche
Sammlung; wodurch also unmittelbar die Übersicht und Vergleichung
der lebendigen Thiere mit anderen Species erleichtert wird. Ich über-
lasse es andern, über die Zahl, Seltenheit, gute Erhaltung der Thiere
selbst im Vergleich zu andern zoologischen Gärten ein Urtheil zu spre-
chen; mir hat immer die ästhetische Auffassung am nächsten gelegen,
welche die Menge und Abstufung ganz gesättigter Lokalfarben, wie
sie in unserer Naturumgebung nicht vorkommen, an den Gefiedern vor
allem fremder Vögel studirt und die bestimmten Bewegungen der grö-
ßeren Thiere, die vor allem in der Symbolik der Sprachen und der
bildlichen Bezeichnung seit uralter Zeit einen so scharfen Ausdruck ge-
funden, sich einzuprägen sucht.
Wir stehen im zoologischen Garten unmittelbar dem Ausgangs-
punkt unserer Wanderung durch Antwerpen nahe. Neben uns tönt
die Eisenbahnglocke und dort braust der Bahnzug, augenblickliche
Menschenfülle und dann Einöde bezeichnen hinreichend den raschen
Wechsel unseres heutigen Reiselebens. Noch wäre manche Wanderung
zu machen, vor allem um das individuelle Leben von heute gegenüber
dem einstigen kennen zu lernen: zu den öffentlichen Vergnügungs-
lokalen im Harmoniegarten, in der Pepiniöre, in den zahllosen Esta-
minets. Auf der Straße gilt es, die vielfachen Spiele der Erwachse-
Zwölftes Kapitel.
bei und mit Recht hat jede bis jetzt auf das ihr Eigenthümliche, von
ihr am leichtesten Auszubildende besondere Sorgfalt verwandt: die
eine, wie Gent, auf den Blumenflor, die andere ans ihre Palmen-
häuser, wie Brüssel, Antwerpen also auf die Zoologie. Zoologische
Gärten sind mir meist wie Miniaturausgaben und kleinliche Nachäffun-
gen der großen Schöpfung Gottes, als eines großen, reich zusammen-
gesetzten Ganzen erschienen, sehr nützlich zum Einprägen bestimmter
Thierformeu und für viele auch amüsant, aber leicht komisch in ihren
Versuchen, den ganzen Charakter eines Landes auf ein Paar Quadrat-
fuß darzustellen. Wenn irgendwo, ist hier in Antwerpen die Anord-
nung des Ganzen eine sehr geschickte, eine Menge engbegränzter, in
sich wohl gruppirter Anlagen stimmen sehr wohl zu den dort befindlichen
Thiergruppen und erregen leicht den Gedanken eines wirklich Zusam-
mengehörigen. Die Gebäude sind sehr stattlich, so vor allem ein un-
geheurer Saal für eine zoologische, besonders an Vögeln sehr reiche
Sammlung; wodurch also unmittelbar die Übersicht und Vergleichung
der lebendigen Thiere mit anderen Species erleichtert wird. Ich über-
lasse es andern, über die Zahl, Seltenheit, gute Erhaltung der Thiere
selbst im Vergleich zu andern zoologischen Gärten ein Urtheil zu spre-
chen; mir hat immer die ästhetische Auffassung am nächsten gelegen,
welche die Menge und Abstufung ganz gesättigter Lokalfarben, wie
sie in unserer Naturumgebung nicht vorkommen, an den Gefiedern vor
allem fremder Vögel studirt und die bestimmten Bewegungen der grö-
ßeren Thiere, die vor allem in der Symbolik der Sprachen und der
bildlichen Bezeichnung seit uralter Zeit einen so scharfen Ausdruck ge-
funden, sich einzuprägen sucht.
Wir stehen im zoologischen Garten unmittelbar dem Ausgangs-
punkt unserer Wanderung durch Antwerpen nahe. Neben uns tönt
die Eisenbahnglocke und dort braust der Bahnzug, augenblickliche
Menschenfülle und dann Einöde bezeichnen hinreichend den raschen
Wechsel unseres heutigen Reiselebens. Noch wäre manche Wanderung
zu machen, vor allem um das individuelle Leben von heute gegenüber
dem einstigen kennen zu lernen: zu den öffentlichen Vergnügungs-
lokalen im Harmoniegarten, in der Pepiniöre, in den zahllosen Esta-
minets. Auf der Straße gilt es, die vielfachen Spiele der Erwachse-