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Michelangelo; Steinmann, Ernst [Hrsg.]
Die Portraitdarstellungen des Michelangelo — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 3: Leipzig: Klinkhardt & Biermann, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.47056#0075
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Ist es Zufall, ist es Absicht? In der Behandlung dieser nach vorne gestrichenen Locken,
die wie ein Kranz die Stirn umgeben, scheint Ricciarelli von einer antiken Büste im
Kapitolinischen Museum gelernt zu haben, die uns auch sonst in einer überraschenden
Ähnlichkeit wie ein Doppelgänger Michelangelos aus den Tagen des Antoninus Pius ent-
gegentritt ü
Das Problem, vor das uns diese Bronzen stellen, gestaltet sich darum so schwierig, weil
es ihrem Schöpfer nicht vergönnt gewesen ist, sie selbst zu ziselieren. Wie die unziselierten
Bronzen ausgesehen haben, davon aber gibt uns das Exemplar im Castello Sforzesco in
Mailand die deutlichste Vorstellung. Durch das Ziselieren kann die Wirkung der Bronze
sowohl gesteigert als auch geschwächt werden, und daher gehört diese Arbeit durchaus zu
der Tätigkeit des Meisters, der den Guß ausgeführt hat. Jacopo del Duca konnte deswegen
an Lionardo Buonarroti schreiben, die Bronzen müßten mit Grabstichel und Feile sozu-
sagen neugemacht werden, und er wünsche nur, daß Lionardo das Abbild Michelangelos
und nicht das eines anderen erhalten möchte.
Ist es einerseits zu bedauern, daß Daniello an sein Werk nicht die letzte Hand anlegen
konnte, so ist es doch auch andererseits höchst merkwürdig zu sehen, wie sich die ver-
schiedenen Ziseleure mit ihrer Aufgabe abgefunden haben. Ja, die Abstufungen in der
künstlerischen Qualität dieser Bronzen sind oft so bedeutend, daß man ihre Zuweisung
an verschiedene Künstlerhände ohne weiteres verstehen kann.

i) Die Marmorbüste stammt aus der Sammlung Albani. Vgl. Stuart Jones, A catalogue of the ancient sculptures pre-
served in the Municipal collections of Rome. Oxford 1912, p. 132, Nr. 57, PI. 32.


Antike Marmorbüste im Kapitolinischen Museum zu Rom.
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