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TAFEL 68 und 69.
Marmorkopf in der Villa Melzi d'Eril in Bellaggio.
Dieser Kopf wurde publiziert von Giulio Carotti in dem als Privatdruck erschienenen
Prachtwerk: Capi d’arte appartenenti a S. E. la duchessa Josephine Melzi d’Eril-Barbö
1901, p. 104.
Höhe des Kopfes vom Scheitel bis zur Spitze des Bartes 29 cm. Umriß des Schädels
57 cm. Ein Stück vom Hinterkopf ist ergänzt worden. Der Marmor hat im Laufe der
Zeit einen warmen goldgelben Ton angenommen. Wie der Kopf im Palazzo Muti, so
war auch der Kopf in der Villa Melzi bestimmt, in einen marmornen Schultermantel ein-
gelassen zu werden.
>L’ espressione e maninconica lo sguardo divagante, la bocca esprime amarezza, i
muscoli delle guancie e della bocca rallentati; rughi a solchi profondi sulla fronte; sopra
ciglie corrugate dalla constante riflessione.« So beschreibt Carocci den Kopf, den ich
selbst nicht sehen konnte. Er teilt auch mit, daß der Kopf vor etwa hundert Jahren vom
Duca Giovanni Melzi (1788-1832) in Rom erworben wurde. Die einzigartige Bedeutung
dieses Porträts, dessen Schöpfer wir nicht kennen, liegt darin, daß es einen Typus darstellt,
der sonst überhaupt nicht wieder vorkommt. Die Haare sind kürzer und der Bart ist
länger als bei Daniello da Volterra. Auch die Bildung der Nase ist verschieden. Dagegen
kehren die tiefen Falten über dem fest geschlossenen Munde und zwischen den Augen-
brauen in beiden Köpfen wieder. Besonders beachtenswert erscheint bei der Melzi-Büste
die Bildung des Ohres. Bei den Volterra-Büsten, die, wie ich annehmen möchte, nach
der Totenmaske entstanden sind, ist die Ohrmuschel breit und rund, hier dagegen schmal
und länglich, wie Michelangelos Ohr in Wirklichkeit gewesen ist.
Das Geheimnis dieses merkwürdigen Kopfes zu lösen, ist uns heute nicht mehr möglich.
Haben wir hier einfrüheres Werk des Daniello da Volterra, odereine Arbeit des Ammanati,
oder des Pierino da Vinci? Suida hat an Guglielmo della Porta gedacht, der aber seit
1554 mit Michelangelo tödlich verfeindet war. Auffallend ist auch die Ähnlichkeit des
Melzi-Kopfes mit der Haarlemer Zeichnung, und so ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen,
daß Daniello da Volterra diesen Kopf des Meisters noch zu seinen Lebzeiten gearbeitet hat.
Marchese Piero Misciattelli schenkte mir die Publikation Caroccis, die im Handel
nicht erhältlich ist. Aus dieser sind die Abbildungen auf Tafel 69 reproduziert. Dank
der Vermittlung des Comm. B. Nogara ließ die Frau Herzogin Melzi d’Eril verschiedene
Originalaufnahmen der Büste herstellen, die mir freigebig zur Verfügung gestellt wurden.
In der Villa Melzi befindet sich auch eine Michelangelobüste von Canova.
In der Michelangelo-Literatur begegnet uns der Kopf der Villa Melzi nur noch bei Thode
[V, 537, Nr. XI], der das Verdienst hat, ihn auch weiteren Kreisen bekannt gemacht
zu haben.
TAFEL 70.
Bronzebüste bei Frau Martin Liebermann in Berlin.
Höhe: mit Postament 31,5 cm, ohne Postament 22,5 cm.
Wundervolle braune Patina. Die skizzenhaft behandelten Haare und der dichte Bart
sind stark ziseliert. Gesichtsfläche und Stirn sind sorgfältig durchgearbeitet. Die Pupillen
der tiefliegenden Augen sind so ausgehöhlt, daß man denken möchte, sie seien ursprünglich
eingesetzt gewesen. Überall meint man, unter der dünnen Haut das Knochengerüst zu

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