Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vöge, Wilhelm; Panofsky, Erwin [Bearb.]
Bildhauer des Mittelalters: gesammelte Studien — Berlin, 1958

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31190#0134
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
98

Repertorium für Kunstwissenschaft, Bd. XXVII, 1904, S. 1-12

Vom gotischen Jchwung und den plastischen Schulen
des 23. Jahrhunderts

Die »schwebende« Studie Francks1 über die Beziehungen der Straßburger Skulpturen
(Querhaus) zu Chartres ist erschienen. Ich habe schon ausgesprochen (in dieser Zeitschr.
1901, 197 ff.), daß ich an diese Zusammenhänge glaube und begrüße das Buch mit auf-
richtiger Freude als einen wertvollen Beitrag. Franck faßt die Sache anders an, als iiblich;
er beginnt mit den Bewegungsmotiven, kommt später erst auf die Formensprache, der
er überhaupt kein zusammenfassendes Kapitel einräumt. Die Kompositionen (in Straß-
burg und Chartres) zu vergleichen, wird dem Leser an der Hand der Abbildungen mehr
selbständig überlassen, eine genaue Datierung — was kärglich erscheinen mag, nach
langem Wartenlassen — iiberhaupt erst in einer späteren Arbeit in Aussicht gestellt,
welche den Straßburger Bau behandeln soll. Alles das ist im Grunde zu loben. Es wäre
mißlich, wenn solche Arbeiten stets nach einem Schema ausfielen. Offenbar ist es Franck
auf etwas Persönliches, auf eine literarische Leistung angekommen. Als eine solche
wiirde man die Schrift — bei dem Interesse des Stoffes und einer z.T. feinfiihligen Ver-
arbeitung — auch bezeichnen dürfen, wenn nicht neben vielem Hiibschen — zu vgl. z. B.
die Glossen zur Gewandung — allerhand Ärgerliches stände, stilistisch und inhaltlich.
Originell wie die Form ist vielfach der Beweis fiir den Zusammenhang. Gliicklich scheint
mir, was iiber die Entwicklung der Statuensockel (S. 93 ff.) gesagt wird. Allerdings bieten
sie nur einen ungefähren Anhalt fiir die Abfolge der Figuren (was Franck auch selbst sagt
S. 101), wie über den Zeitpunkt der Abzweigung nach Straßburg. Und wenn bei der
Ecclesia (Abb. 1) und Synagoge (Abb. 2) (bereits) eine Fuge Statue und Sockel scheidet,
so hat das bei dem Maßstab der Figuren weiter nichts Auffallendes. Die Frage ist, ob bei
den Aposteln diese Trennung vorgenommen war. Wie's am Engelpfeiler ist, wird nicht
recht deutlich. — Auch für Francks Auffassung geht der Straßburger besonders nach der
Seite des Ausdrucks »weit hinaus iiber den Boden der Chartreser Schule« (S. 103). Der
»Modestia-Meister« (Chartres) erreicht nicht entfernt die Dramatik der »Altercatio«
oder selbst der Straßburger Evangelisten (S. 84). Doch der Versuchung, die Modestia
(Abb. 3) als ein »Jugendwerk« des Straßburgers aufzufassen, hat Franck nicht ganz
widerstanden (S. 102 oben, dazu S. 83, wo »der Lehrer« des Straßburgers fiir Ste. Mo-
deste mit in Frage ist). Ich glaube weder hier, noch bei den »ritterlichen Märtyrern« der
Siidhalle (S. 102 f.) an einen so engen Zusammenhang; bei ihnen spricht besonders die

1 Der Meister der Ecclesia und Synagoge am Straßburger Münster. Beiträge zur Geschichte
der Bildhauerkunst des 13. Jahrhunderts in Deutschland, mit besonderer Beriicksichtigung ihres
Verhältnisses zur gleichzeitigen französischen Kunst von Dr. Karl Franck-Oberaspach. Mit
12 Taf. und 21 Abb. i. Text. Diisseldorf (Schwann) 1903, 8°, 115 S.
 
Annotationen