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Vöge, Wilhelm; Panofsky, Erwin [Bearb.]
Bildhauer des Mittelalters: gesammelte Studien — Berlin, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.31190#0166
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Repertorium für Kunstwissenschaft, Bd. XXII, i8gg, 5. 94—104 mit Fortsetzungen
in Bd. XXIV, 1901, S. 195—229 (hier S. 141) und S. 255—289 (hier S. lyi)

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Uber die ^amberger TDomsculpturen1

TEIL I

l. Das ältere Atelier, sein Zusammenhang mit Byzanz und die
Beziehungen zu Frankreich.

Es ist zuerst von Dehio ausgesprochen2, daß die beriihmtesten unter den Statuen des
Bamberger Domes, die Gruppe der Heimsuchung (Abb. l u. 2) und das Kaiserpaar
(Abb. 8) Nachschöpfungen französischer Originale sind, die noch heute am Portal der
Reimser Kathedrale stehen. Es mußte lockend sein, dem weiter nachzuforschen, zumal
auch die Bamberger Westthiirme auf Beziehungen zu Frankreich hinweisen. Weese hat
diese Arbeit unternommen und seine Ergebnisse in einer Monographie über die »Bam-
berger Domsculpturen« zusammengefaßt3.

Seine Arbeit verdient alle Anerkennung. Er beschränkt sich nicht auf die Sculpturen, son-
dern giebt auch die Baugeschichte, die er durch sorgfältige Kritik der Quellen aufhellt4.
Auch zur Deutung der Bildwerke wird einzelnes beigebracht: der Kahlschädel am Ostchor
(Abb. 3) z. B. wird mit Hilfe der Dirigierrolle von Rouen als Jonas erkannt5.

Im Mittelpunkte steht die Frage nach den französischen Einfliissen. Die Untersuchung
gewinnt dadurch ein iiber die Bannmeile localer Forschung hinausgehendes allgemeineres
Interesse. Dehio's Hypothese wird durch eine Reihe neuer Beobachtungen ergänzt und
bestätigt. Die Gruppe der Visitatio bleibt das eigentlich Schlagende; aber die Nachlese

1 Die hier abgedruckten Bemerkungen sind bereits im Winter 1897/98 niedergeschrieben wor-
den; äußere Griinde haben mich leider gehindert, die Studie druckfertig zu machen.

2 Jahrbuch der Königl. preuß. Kunstsammlgn. 1890, S. 194.

3 Die Bamberger Domsculpturen. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Plastik des XIII. Jahr-
hunderts von Artur Weese, Straßburg i. E. (Heitz und Mtindel) 1897. (Studien zur deutschen
Kunstgeschichte, Heft 10.) Einzelne der durchweg wohlgelungenen Abbildungen sind dem vor
Kurzem erschienenen Tafelwerk: Der Dom zu Bamberg. Photographisch aufgenommen von
Otto Auflegen. Miinchen, L. Werner 1897. 60 Bl. Lichtdruck, FoL, entnommen. Weese hat zu
diesem Werk eine Einleitung geschrieben. Photographieen der Bamberger Sachen sind durch die
Buchner'sche Buchhandlung in Bamberg zu beziehen.

4 Weese bringt eine bisher nicht beachtete Notiz von einem vernichtenden Brande des Jahres
1185 bei (Abdr. M. G. SS. XVII, 636). Die Wiederherstellung kam einem Neubau gleich. Es er-
scheint danach unmöglich, die ältesten Sculpturen (a. Georgenchor) iiber das Jahr 1185 zuriick-
zudatieren. — Der in einer Urkunge Egbert's von 1229 (Weese S. 141, Anm. 41) genannte
Wortwinus magister operis ist doch wohl der leitende Baumeister. — Weese weist der durch die
Weihe von 1237 abgeschlossenen Bauepoche auch den Westchor und die auf das Vorbild von
Laon zuriickgehenden Thiirme zu.

5 Hiibsch ist hier der Hinweis auf Donatello's Zuccone, der nach Weese ebenfalls auf Jonas zu
deuten wäre.
 
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