Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5. Januar 1937


XI. JAHRGANG, Nr. 1

D I E


WE
ARTo/ife WORLD

NST
LMONDE*ARTS

EINZIGE ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
ANERKANNTES ZENTRALORGAN FÜR SAMMLER, MUSEEN, BIBLIOTHEKEN, KÜNSTLER UND KUNSTHÄNDLER

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G.m.b.H,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: »Weltkunst Berlin«;
in den Monaten Mai bis Oktober jeden zweiten Sonntag.
Bankkonto: Deutsche Bank u. Diskonto-Gesellschaft, Depositen-Kasse M,
Berlin W 62, Kurfürstenstr. 115. Postcheckkonti: Berlin 118054; Den
Haag 1455 12; Paris 170014; Prag 59283; Wien 114783; Zürich 8159

Redaktion, Verlag und Lesesaal:
Berlin W 62, Kurfürstenstr. 76-77
Telefon: B 5 Barbarossa 7228

Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 35 Pfennige. Quartal für Deutschland inkl. Postzustellung
RM 4.50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag RM 5.50; für das
Ausland (nur im Umschlag) RM4.40; oder Tschechoslowakei Kc 50; Frank-
reich Frs. 38; Holland hfl. 3.25; Schweiz sfrs. 9.60; Österreich öS. 9.—;
und die nicht angeführten Länder RM 4.40; Übersee $ 1.80.

Rückblick auf
Die einschneidendste Maßnahme, die den
internationalen Kunsthandel seit langem be-
troffen hat, ist die im Sommer dieses Jahres
von verschiedenen Staaten vorgenommene
Währungsabwertung gewesen. Nach einer lan-
gen Zeit einer gewissen Stabilität wurde natur-
gemäß das Kunstwerk als wertbeständiges
Handelsobjekt, trotz vielfacher gegenteiliger
Anordnungen behördlicherseits, sofort einer
starken Preissteigerung unterworfen, die sich
auf einzelnen Märkten, wie vor allem dem Pa-
riser, in den Herbstauktionen geradezu in
einer Hausse auswirkte und nach einer Zeit
des Abwartens plötzlich eine Reihe wichtigster
Sammlungen zum Ausgebot kommen ließ. Auch
aus Holland wird berichtet, daß die Preise in-
folge der Abwertung angezogen haben, und die
englische Presse konstatiert gleichzeitig mit
Befriedigung, daß die auswärtige Konkurrenz
am Londoner Markt infolge der schwächeren
Kaufkraft mancher Länder abgenommen habe,
was einen Aufschwung des heimischen engli-
schen Kunsthandels anbahne. Es dürfte wohl
noch einige Zeit verstreichen, bis sich auf dem
internationalen Kunstmarkt die Verhältnisse
wieder stabilisiert haben.
Der deutsche Kunstmarkt ist von diesen
Vorgängen nicht betroffen worden. War es in
den Jahren vorher dem Mangel an wirklich
erstklassigem Sammlerbesitz auf dem Auktions-
markt zuzuschreiben, daß sich ein einiger-
maßen festes, börsenmäßiges Bild der Preis-
entwicklung auf dem Kunstmarkt nur schwer
feststellen ließ, so hat sich die Situation, wie
die diesjährige Versteigerungssaison in Deutsch-
land zeigte, doch beträchtlich gewandelt. Die
allgemeine wirtschaftliche Konsolidierung, die
bereits im freien Handel zu einer starken und
nicht immer zu befriedigenden Nachfrage ge-
führt hatte, lockte auch wieder geschlossene
Sammlungen auf den Versteigerungsmarkt, und
es zeigte sich erneut, daß für hochwertige Kunst-
werke in Deutschland nicht nur ein glatter
Absatz zu erzielen ist, sondern auch Preise und
Preisverhältnisse zwischen Mittelware und
Spitzenstücken, die ruhig mit den Verhältnissen
der Vorkriegszeit in Vergleich gesetzt werden
können.
Neben den laufenden Versteigerungen in
den Häusern Lepke-Berlin, Lempertz-Köln,
Hahn und Helbing-Frankfurt und dem Mün-
chener Kunstversteigerungshaus A. Wein-
müller waren es im Frühjahr vor allem drei
Ereignisse, die das Bild des Auktionsmarktes
bestimmten: die Auflösungen der Sammlung
Oppenheim bei Böhler in München (18.—20.
Mai), der Bestände der Fa. A. S. Drey bei Paul
Graupe in Berlin (17.—18. Juni) und die einer
Berliner Sammlung bei Hugo Helbing in
Frankfurt a. M. (25. Juni). Alle drei Samm-
lungen zeichneten sich durch ein durchgehend
hochstehendes Qualitätsniveau aus, so daß man,
was die Preise anbetrifft, auch auf den oft ver-
nachlässigten Gebieten des Kleinkunstwerkes
nicht enttäuscht wurde. Ja, es zeigte sich, daß
z. B. ein Gebiet wie das des Porzellans, das

das Jahr 1936
seit Jahren beinahe völlig darniederlag, einem
solchen Interesse begegnete, daß Spezialkenner
zu der Aeußerung gezwungen waren, daß hier
z. T. die besten Konjunkturpreise wieder er-

reicht oder sogar überboten waren. Aehnliches
ist etwa auf dem Gebiete des Glases festzu-
stellen, wo bei Böhler für ein deutsches Stück
des 16. Jahrhunderts 8000 M. angelegt wurden,
oder der mittelalterlichen Plastik, wo ein
Preis wie 31 000 M für die Kölnische Madonna
um 1520, die in Frankfurt zur Auktion kam,
immerhin aufmerken ließ. Die höchsten Ge-
mäldepreise erzielten die bekannten französi-
schen Impressionisten der Sammlung Oppen-
heim: zwei Gemälde von Cezanne 50 500 und
29 000 M, ein Manet 24 500 M. Und ebenda
wurde für die kleine venezianische Vedute von
Guardi 20 600 M angelegt. Auf der genannten
Versteigerung in Frankfurt brachten Bildnisse
von Mair von Landshut, Ludger tom Ring und
Wertinger 17 000, 11 500 und 15 500 M, ein Ve-
ronese 25 000 M, ein Isenbrant 15 500 M, zwei
Landschaften von Ruisdael 15 500 und
12 000 M, Bilder von Jan Steen und Wouwer-

man 19 000 und 10 500 M. Und auf der Drey-
Versteigerung stieg ein mit 6000 M taxierter
Veronese ebenfalls auf 23 800 M, eine Bleiche
von Ruisdael erzielte 20 500 M, eine Madonna
Signorellis 11 400 M, zwei Florentiner Täfel-
chen des Paris-Meisters 12 500 M, ein Francia
10 800 M und zwei Veduten von Canaletto

10 700 M. Die Versteigerung der Sammlung
eines Großindustriellen durch Helbing-Frank-
furt (11.—15. Mai) stellte das starke Interesse
für Hauptwerke der deutschen Malerei des 19.
Jahrhunderts erneut unter Beweis, wie Preise
von 20 500 und 17 500 M für zwei Spitzweg-
Bilder, 10 300 und 8100 M für Arbeiten von
Leibi und Menzel zeigen. Das sind auf den
Versteigerungen, 'abgesehen von den Einzel-
preisen, Umsätze, die in den vorhergehenden
Jahren beinahe undenkbar waren.
Eine durchgehende Neubewertung erfuhr
z. B. auch die Plastik. Außer dem bereits ge-
nannten Spitzenstück wurden z. B. auf einer
Versteigerung des Münchenei' Kunstauktions-
hauses (26.—27. Juni) für eine dem Riemen-
schneider zugeschriebene Muttergottes 12 500 M
bezahlt: auf der Oppenheimer Auktion er-
zielten eine andere, kaum mehr als 20 cm hohe
Madonnenstatuette aus dem Umkreis desselben


Lukas Cranach d. Ae., Liebeshandel. 1532. Leihgabe des Stockholmer Nationalmuseums für die
Ausstellung „Das Sittenbild", Berlin, Prinzessinnenpalais (Photo Archiv)

Meisters 8000 M, zwei winzige Kreuzigungs-
figuren 5000 M, und bei Helbing stiegen eine
Marienbüste aus dem Kreis des Veit Stoß auf
8000 M, zwei schwäbische Heiligenbüsten der-
selben Zeit auf 7600 M, ein Florentiner Ma-
donnenrelief auf 5500 M. Aus den Beständen
von A. S. Drey wären entsprechend zu nennen
eine Magdalena von Andrea della Robbia mit
8000 M, die Standfigur des hl. Georg aus dem
Pacher-Kreis mit 5400 M, eine Madonna der
Veit Stoß-Werkstatt mit 5550 M.
(Fortsetzung S. 2)

Das Sittenbild
Ausstellung im Prinzessinnen-
palais, Berlin
Die von den Staatlichen Museen
mit der Nationalgalerie veranstalteten
Ausstellungsfolgen von Deutscher Kunst seit
Dürer haben durch ihre thematische Anord-
nung das Verdienst, kulturhistorisch wichtige
Bilder als Teile eines Zusammenhanges zu
zeigen und von auswärtigen, ausländischen
Galerien und aus privatem Besitz hervor-
ragende Werke bekannt zu machen, die dem
Betrachter sonst nur schwer oder überhaupt
nicht zugänglich wären. Nach dem „Bildnis
in der Plastik“, dem „Ereignisbild“ und dem
„Stilleben“ folgt nunmehr das durch die
Genremalerei des vorigen Jahrhunderts etwas
in Verruf geratene „Sittenbild“. Wieviel
lebendige malerische Werte früher auf diesem
lebensnahen Darstellungsgebiet fruchtbar ge-
macht worden sind, zeigt diese nach Gruppen
wie Soldaten- und Berufsleben, Geselligkeit,
Belustigungen, Markt, Handel, Jagd usw. an-
gelegte, etwa 150 Bilder umfassende Schau.
Von Köln kam Dürers Flügelbild „Pfeifer und
Trommler“, aus dem Stockholmer National-
museum Cranachs großer „Liebeshandel“
(s. Abbildung). Auch Hans Wertingers kleine
„Monatsbilder“ aus dem Germ. National-
museum in Nürnberg, die aus Hamburg,
Aschaffenburg und Göttingen entliehenen
Tafeln von Matthias Scheits und Joachim von
Sandrarts gewaltige „Fischhändlerin“ seien
unter den älteren Bildern dieser Veranstaltung
hervorgehoben. Ebenso ist die deutsche Kunst
der letzten hundert Jahre mit schönen Proben
vertreten. Das Wallraf-Richartz-Museum in
Köln steuerte dazu vier Bilder von Leibi bei.
Uhde kommt mit den Trommlern (Abb. S. 2)
und der Kinderstube (Hamburg) zur Geltung,
Kersting u. a. mit einem Innenraum (Kiel) und
dem Caspar David Friedrich-Bild (Mannheim).
Nicht vergessen werden darf Otto Scliolderers
„Geiger am Fenster“ (Frankfurt a. M.) und
Rayskis „Jagdpause im Wermsdorfer Wald“
(Schloß Moritzburg). Auch der Anteil der Cho-
dowiecki, Christian W. E. Dietrich, Joh. Erdm.
Hummel, Menzel, Georg Phil. Rugendas,
Schwind, Joh. Konrad Seekatz, Spitzweg, Wald-
müller und manch anderer deutschen Maler
der anonymes Dasein in ruhigen und be-
wegten Stunden schildernden Bildgattung
kommt vortrefflich zur Veranschaulichung.
Hans Zeeck

PAUL TIECKE
Berlin W 62, Iülzowplatz 11 - Telefon: Kurfürst B 1 1762
RAHMEN . RESTAURIERUNGEN ALLER ART

ANKAUF GALERIE FRITZ SEILER VERKAUF
Gemälde alter Meister / Alte und antike Teppiche / Gobelins

Berlin W 9, Bellevueslraße 13

Tel.: B 2 LUlzow 0562

L. BERNHEIMER
MÜNCHEN LENBACHPL.3

ANTIQUITÄTEN:

MÖBEL / KUNSTGEWERBE / KAMINE / ÖFEN
TAPISSERIEN / TEPPICHE / STOFFE / STICKEREIEN
OSTASIATISCHE KUNST / VERTÄFELUNGEN etc.
 
Annotationen