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10. Januar 1937

XI. JAHRGANG, Nr. 2

D I E


ART»/* WORLD

LMONDE*sARTS


EINZIGE ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
ANERKANNTES ZENTRALORGAN FÜR SAMMLER, MUSEEN. BIBLIOTHEKEN, KÜNSTLER UND KUNSTHÄNDLER

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: »Weltkunst Berlin«;
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Künstlerheim, Kunstheim u. Kunsthandel
Kulturpolitische Probleme. Von Dr. Kurt Karl E b e r 1 e i n

unabhängig von den goldenen Ketten des Hofes
und der Academie ohne schwere Sorgen ar-
beiten zu können. Aus Wien vernehmen wir
1801 die klagende Stimme unseres Beethoven in

Solange es Künstler gibt hatten sie immer
wieder den begreiflichen Wunsch, ungestört
von den Forderungen des Tages und seiner
Not im sichern Schutz eines Herrn oder einer
Gemeinschaft dem Werke zu leben und das
tägliche Brot zu finden. Schon im Altertum
war der Hof des Fürsten oder Tyrannen, sel-
tener das Haus eines reichen Maecenas die
Zuflucht manchen Künstlers oder Denkers, und
so ging es bis in die Neuzeit, zumal nachdem
die französischen Könige ihren Hofkünstlern
Wohnung im Louvre gegeben hatten und die
Academien nach dem Vorbilde Italiens sich
überall durchsetzten. Inzwischen blieb die
Klosterwerkstatt das Asyl frommer Künstler,
und die Idee eines Kunstklosters fand immer
wieder z. B. durch die deutschen Nazarener in
S. Isidoro zu Rom den alten Gedanken der Ar-
helisgemelnschatt und des brüderlichen Gil-
denlebens. Daß auch Adelige und reiche
Bürger manchem Meister in Schloß und Guts-
haus gesicherte Zuflucht gewährten — ich
denke z. B. an Watteau, Rousseau, Schiller,
Wagner u. a. — ist bekannt genug. Neben das
Schloß trat seit der Renaissance die im „Tasso“
verherrlichte Villa, die als Künstlerheim in der
römischen Villa Malta Ludwigs I., in der Wag-
nervilla Ludwigs II. zu Tribschen wie auch
anderweitig fortlebte. Hier ist nun Nietzsches
..alter Lieblingsgedanke“ zu nennen, „eine Art
Kloster für freie Geister zu gründen“. Diesen
Wunsch erfüllte ihm die bekannte „Idealistin"
Malwida v. Meysenbug, als sie 1876 den Freund
Nietzsche, seinen Schüler Brenner und Dr. Ree
in die Villa Rubinacci bei Sorrent zu sorgloser
Arbeit und Ruhe einlud und die schwierigen
Geister mütterlich betreute. Diesem sommer-
lichen Künstlerheim verdanken wir das be-
rühmte Büchlein für freie Geister „Mensch-
liches Allzumenschliches“. Solche K ü n st-
ier h e i m e haben späterhin Staat und Bürger-
sinn nicht nur für alte verdiente Schauspieler,
sondern auch für junge reifende Künstler ge-
schaffen. Ich erinnere nur an die Villa Romana
und ähnliche Stiftungen. Aber noch fehlen
uns Künstlerheime im deutschen Lebensraum
des Reiches für ältere ringende Künstler,
welche sorgenfrei leben und schaffen können
müssen, sei es auch nur für die Sommerzeit
oder für den Winter. Daß es sich aber nur
um bewährte Meister handeln kann, die eine
Kommission zuverlässiger Fachleute auszu-
wählen hätte, ist wohl selbstverständlich.
Ein ganz anderer Gedanke ist der des
Kunstheimes, der gleichsam zwischen
Künstler und Kunsthandel steht und in ein-
zelnen Städten, wie z. B. in der Schweiz, not-
gedrungen zu einem zuweilen peinlichen
Tauschhandel zwischen den Künstlern und den
Ladenbesitzern mit Hilfe von Gutscheinen ge-
führt hat. Hier scheint nun ein alter Wunsch
zeitgemäß wach zu werden und vor neue Kul-
turaufgaben zu stellen.
Was auch Klopstocks seltsame „Gelehrten-
republik“ erträumt hatte, das geschützte Da-


Hans Holbein d. Ae., Muttergottes. 1493.
(nach Restaurierung)

Neuentdeckung in der Kirche zu Hindelang
(Photo Bayr, Landesamt f. Denkmalpfl.)

sein schöpferischer Naturen fand im 18. und
19. Jahrhundert an einzelnen Höfen z. B. in
Weimar eine gewisse Erfüllung. Doch blieb
der Traum des ringenden Künstlers unerfüllt.

einem Brief an den Kapellmeister Hofmeister
zu Leipzig: „Es sollte nur ein Magazin der
Kunst in der Welt sein, wo der Künstler
seine Kunstwerke nur hinzugeben hätte um zu

nehmen, was er brauchte; so muß man noch
ein halber Handelsmann dabei sein und wie
findet man sich darin — Du lieber Gott — das
nenne ich noch einmal sauer ...“ In diesem
Klageruf des Genies erscheint der Gedanke
eines Kunstheimes (nicht eines „Künstler-
hauses“ wie es die Kunstvereine dann schufen!),
das als ein Treuhänder der Meister über des
Tages Not und Sorge hinaushilft und die neuen
Kunstwerke (ohne den Kunsthändler, aber
auch für den Kunsthändler) abnimmt. Wir
müssen also zweierlei, das Künstlerheim und
das Kunstheim, scharf unterscheiden!
Was also bleibt zu hoffen, zu wünschen, zu
tun? Das Eine wie das Andere! Wir brau-
chen Künstlerheime des Reiches als
Zufluchtstätten und Künstlerklöster der besten
schöpferischen Kräfte sofern sie bedürftig
sind; aber auch Künstlerheime als Alters-
heime für die bedürftig gealterten Meister.
Alle diese Heime sollten als Siedlung in deut-
schen Gauen, aber nicht im Ausland, liegen,
denn wir wissen heute die „Rassenseele“ der
Landschaft anders zu werten und zu schätzen.
Wir brauchen ebenso Kunstheime des
Reiches (was einst Beethoven „Magazin der
(Fortsetzung Seite 2)
Ein neuentdeckter
Holbein der Aeltere
In unserem Bericht über die Ausstellung
des Landesamtes für Denkmalspflege in Mün-
chen (Nr. 51/52, 1956) haben wir das von Kon-
servator Roth im Allgäu entdeckte Ma-
donnenbild von Hans Holbein d. Ae. erwähnt.
Wir bringen heute die Abbildung des inter-
essanten Gemäldes, dessen Zuschreibung von
Generaldirektor Dr. E. Buchner bestätigt wor-
den ist. Dasselbe ist 1495 datiert, in welchem
Jahre der Meister nachweislich in Augsburg
weilte.
Man hat vermutet, daß ihm eine Kopie des
berühmtesten aller Madonnen-Gnadenbilder,
das vom Hauptaltar der Paulskapelle in
S. Maria Maggiore in Rom vorgelegen habe.
Das ist aber nur indirekt und insofern richtig,
als auch frühere Darstellungen der Gottes-
mutter mit dem Jesusknaben davon ihren Aus-
gang nahmen. Das römische Bild, das der
Ueberlieferung nach eine Kopie des Bildnisses
sein soll, das St. Lucas gemalt habe und das
sich später im Besitz der byzantinischen Kai-
serin Eudoxia befunden habe, sieht in fast
allen Einzelheiten ganz anders aus und zeigt
vor allem die strenge hieratische Feierlichkeit
des Ikons. Es soll eine Wiederholung aus dem
15. Jahrhundert sein und mutet noch früher
an als Cimabue (Ca. 1240—1502). Wenn man
einen Künstler nennen will, dessen Werk Hol-
bein als Vorbild gedient hat, könnte es am
ehesten Duccio aus Siena sein, bei dem sich
die ersten gotischen Anklänge zeigen. Er be-
tont bereits das Mütterliche und gibt den
Händen freiere und ausdrucksvollere Bewe-
gungen. Es muß Meister Holbein gereizt
haben, diesen unnahbaren byzantinisch-italie-
nischen Madonnentyp ins Schwäbische zu
übersetzen. L. F. F.

PAUL TIECKE
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