DIE WELTKUNST
Jahrg. XI, Nr. 12 vom 21. März 1937
sonders anziehend, neben einem Bild des Fla-
men Cornelis de Vos (Stehendes Kind), die
drei Werke des Holländers J.G. Cnyp (s. Abb.
Seite 1) in Erscheinung. Das frühe 17. Jahr-
hundert wird durch zwei in ihrer kühlen star-
ren Eleganz sich einprägende Bilder von
Moreelse (darunter gleichfalls Zwillinge, zwei
Mädchen in reicher rotweißer Tracht vor
schwarzem Grund) und den Kölner Wedige
mit einem großen, als Komposition aufschluß-
reichen Gruppenbild von 1616, „Hausmusik“,
Franz Lenk, „Frühmorgens"
Ausstellung : Galerie Abels, Köln a. Rh.
werden zu können. Dieser Fehler kann nicht
schleunig genug abgestellt werden. Der Maß-
stab von gut und schlecht muß überwunden
werden. Und an seine Stelle muß das Ver-
ständnis für die Idee eines Kunstwerkes treten.
An dieser Idee sollen sich die Geister scheiden,
(st es nationalsozialistisches Ideengut, das wir
in dem Kunstwerk und in seiner Darstellung
erkennen, so sind wir dafür. Ist das Gegenteil
der Fall, dann haben wir nicht nur das Recht,
sondern die Pflicht, dagegen zu sein.
Kurz gesagt: Kunstbetrach-
tung heißt: mehr Tatsächliches
zur Sache, und weniger Schul-
meisterei!
Alte und neue
Gemälde
Die Galerie Abels in Köln
hat einen Teil der gegenwärtig
ausgestellten Werke alter und
neuer Kunst in einem kleinen
illustrierten Katalog vereinigt,
der aus allen Gebieten der
Malerei treffliche Beispiele an-
führt. Unter den alten Gemäl-
den findet man eine „Heilige
Familie“ von Costa, und gute,
z. T. seltene Niederländer wie
de Moinper, van der Ilulst,
A. Ostade, Wynants, Eglon van
der Neer, Abraham Bruegel.
Mit einigen interessanten Bei-
spielen ist die deutsche Malerei
am Uebergang vom 18. zum
19. Jahrhundert vertreten: Carl
Gotth. Grass, Jan Kobell, Ludw.
Chr. Wagner, Lorenzo Quaglio
u. a. Von neueren Meistern
ragen insbesondere Arbeiten
von Leibi. Courbet, Munch.
Vlaminck. Schrimpf. Hofer,
Lenk und Peiner hervor.
(Kl. Abels)
herausgcstellt. Das 18. Jahrhundert, dem sich
die Sammeltätigkeit der Düsseldorfer Galerie
endlich vermehrt zuwendet, ist vornehmlich
durch ein kostümmäßig-repräsentatives Kna-
benbild des kaum bekannten Kölners J. J. Bor-
chers berücksichtigt.
Für das 19. Jahrhundert zeugen vor allem
zwei Bilder der Berliner Nationalgalerie, der
neue Wasmann (Paul, Maria und Filomena
von Putzer) und Steinles Bildnis seiner Tochter
Karoline. Hummel, Kersting, Schwind, sowie
die künstlerisch und geschmackvoll schon
leichter wiegenden Arbeiten von Begas, Hüb-
ner, Scliadow bis zu Boettcher, Bockeimann
und Vautier geben den großzügigen Umkreis
des Materials weiter an. Auf die Generation
der Thoma, Leibi, Trübner wurde bewußt ver-
zichtet. Daß aus der gewählten Zeitspanne in
Düsseldorfer Privatbesitz weitere wertvolle
Bilder noch zu finden wären, sei nur am Rande
v ermerkt.
Marc Aurel S t o m m e I
Pommersche Ausstellung
Pommern, das in diesen Tagen das Geden-
ken an die 300jährige Zugehörigkeit zu Bran-
denburg-Preußen feiert, steht zugleich unter
dem Zeichen einer künstlerischen Veranstal-
tung, die Interesse auch außerhalb der Provinz
beanspruchen darf. Man hat dort in der Stadt
Köslin den Malern aus dem Reich, die in
den weiten Ebenen dieses Landes am Meer
und seinen alten Küstenstädten schon seit
langem ihre Motive gefunden haben und
einigen tüchtigen heimischen Kräften eine
Kunstausstellung aufgebaut, für deren Aus-
wahl und Hängung der Granitbildhauer
Joachim U t e c h - B e 1 g a r d sorgte. Die
tragenden Werte dieser von etwa 75 Künst-
lern beschickten Schau bestehen nicht nur in
einer Reihe von Bildnissen des gebürtigen
Stettiners I' ritz Rhein, Landschaftskollek-
tionen von Hans H a r t i g, Ernst Kolb e
und Eugen Deck ort, sondern auch in
Kunstkritik, und Kunstbetrachtung
. (Forts, v. S> 1)
Die Kunstkritik führte zum mindesten in ihrer
äußeren Form und ihrem Stil die Tradition
fort, die sich unter dem früheren System ein-
gebürgert hatte. Man legte bis in die jüngste
Zeit hinein den Schwerpunkt auf die Frage, ob
die Aufführung, ob der Film usw. nach rein
kunstästhetischen Gesetzen als gut oder
schlecht zu bewerten seien. Demgemäß wur-
den über Autoren und Künstler nach berühm-
tem Muster vom Podium des souveränen
Kunstrichters aus spaltenlang gute und
schlechte Zensuren ausgeteilt. Aber es wurde
selten erkannt, daß es viel wichtiger war, fest-
zustellen. für welche Sache gekämpft wurde
Die Lehre, die wir aus dieser Erfahrung
ziehen müssen, ist folgende: Der Schriftleiter,
der sich mit den Fragen der Kunst publizistisch
beschäftigt, muß heute vor allem ein poli-
tischer Mensch sein. Das ist auch der Sinn
der Umwandlung von der Kunstkritik zur
Kunstbetrachtung. Der Kunstschriftleiter des
nationalsozialistischen Staates soll an seine
Aufgabe mit Jenem geistigen Rüstzeug heran-
treten, zu dem ihn die Verantwortung vor dem
nationalsozialistischen Kulturwillen verpflich-
tet. Die Kunstbetrachtung unterscheidet sich
von der früheren Kunstkritik um Gotteswillen
nicht dadurch, daß nunmehr kritiklos alles
und jedes, was heute über die Bühne oder die
Leinwand geht, als gut und vorbildlich, oder
gar als unübertrefflich geschildert wird.
Es ist ein katastrophaler Irrtum, wenn
manche Zeitungen nun glauben, durch eine
widerliche Lobhudelei der Anordnung über
das Verbot der Kunstkritik am besten gerecht
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Christus als Auferstandener. Niederbayern
1. H. 16. Jh. Lindenholz, H. 32 cm
Versteigerung von Kunstwerken aus dem Besitz
der Staatl. Museen Berlin: J. Böhler und R. Lepke,
München, 1.—2. Juni 1937 (Photo Schwarz)
Einzelwerken, die der Fülle von Einsendungen
feste Gliederung geben. Mit Hans Sau-
bruch, dem Sohn des bekannten Chirurgen,
ist der künstlerische Nachwuchs überragend
vertreten (s. Abb.).
Besonders schön gelungen ist die graphische
Abteilung. Hier wurde mit dem Raum nicht
gespart, um ganzen Serien der phantastischen
Zeichnungen von Paul
Holz aus dem Bauern-
und Fischerleben, den
intimen Tuschblättern
Peter Fischers, den
stimmungsvollen großen
Aquarellen von V ö 1 -
k e r-W iesbaden, den
eindringlichen Schwarz-
weißdarstellungen Egon
von Kamekes und
den schönen Holzschnitt-
folgen Herbert T u -
cholskis die bestmög-
lichste Wirkung zu ge-
ben. Tm ganzen eine Aus-
stellung, die dem Vieler-
lei aus dem Wege geht,
durch Granitköpfe und
Holzgestalten von Utech
und Bronzen von Kurt
Schwertfeger be-
lebt wird, und für die
pommersche Landschaft
und seinen Menschen-
schlag ein überzeugendes
Bekenntnis ablegt.
Ilans Z e-e c k
Aurel Bernal h , Riviera (Photo Künstlerhaus)
Ungarische Kunstausstellung: Wien, Künstlerhaus
Ungarische Kunst
I)ie Ausstellung im W i e n e r K ii n s t 1 e r -
haus, die um die Mitte des vorigen Jahr-
hunderts einsetzt, gewährt Einblick in eine
von Lebensbejahung und Tatenfreude erfüllte,
dem Boden verhaftete Kunst. Der von den
herrschenden Kunstströmungen des Auslandes,
erst, in der Zeit des Biedermeier, von Oester-
Ungarisches Temperament gewittert in der
Farbenstimmung des Riviera-Bildes von A. Ber-
näth (eines der schönsten Bilder der Ausstel-
lung, s. Abbildung). Es spricht aus der Sinn-
lichkeit der Freilichtmalerei der gleichfalls
dem expressiven Naturalismus zuzuzählenden
jüngeren Schöpfungen von Stephan Szönyi,
diesem so überaus feinen
führenden Koloristen der
Nagybänyäer Schule. Aus
ihr ist auch Aba-Noväk
hervorgegangen, der in
seinen bilderbogenhaften
Gemälden die Farben-
wirkungen ungarischer
Bauernkunst einzufangen
trachtet. Eine ganz an-
dere künstlerische Auf-
fassung spiegelt sich in
den Bildern Josef Egry’s
vom Plattensee: in ihrer
seelischen Durchdrin-
gung und Deutung der
Lichterscheinungen das
Vollkommenste an Ver-
geistigung des Objektes
in der ungarischen Ma-
lerei, ungarisch in dem
jähen und doch rhyth-
mischen Wechsel der
Bildteile, der Dynamik
der Licht- und Schatten-
kontraste..
Dr. Stefan Poglayen-
N e u w a 1 1
Hans Sauerbruch, Landschaft aus Ostpommern
Ostpommersche Kunstausstellung, Köslin (Photo Privat)
reich, dann, seit den Siebzigerjahren, von
Deutschland und Frankreich beeinflußten
Kunst Ungarns hat das rassische Element,
haben ungarisches Temperament und unga-
rische Sinnlichkeit ihren Stempel aufgedrückt.
Wir spüren es in den Bildern des aus der
Piloty-Schule hervorgegangenen Romantikers
Szekelv und in dem Werk des ihm künstle-
risch nahestehenden, um ein Jahrzehnt jünge-
ren Benczür. in den Bildnissen von Hollösy
und erst recht in der Dynamik der Malerei
Munkäcsy ’s, die auf Jahrzehnte hinaus die
Kunst Ungarns beeinflußt hat.
Stellt sich die Kunst von Munkäcsy und
seinem Kreis als Parallelerscheinung Courbet-
schen und Leiblschen Naturalismus dar. so
können wir im Werk von Szinyei Merse das
Erwachen des Impressionismus in Ungarn ver-
folgen. Ungarischer als die lyrisch-sentimen-
tale Kunst von Szinyei, erd- und triebhafter,
wirken die Bilder von Ferenczy, einem der
frühesten Vertreter der Impressionistenschule
von Nagybänya, die mit den Schulen von
Szolnok und Kecskemet (der auch der farben-
trunkene Ivänyi-Grünwald angehört) die
künstlerische Entwicklung des jungen Ungarns
anführt. Rippl-Rönai entfaltet unter dem Ein-
,/lchlung! Nächste Nummer
Sammler-Wettbewerb
fluß der Franzosen einen innerlich leeren
linearen Stil, der schließlich durch einen deko-
rativen Fleckenstil ersetzt wird. Bei Csok und
Vaszary, die beide von der gleichen Quelle
ausgehen, überwindet ihr starkes und ur-
sprüngliches malerisches magyarisches Tem-
perament die Gefahr der Preisgabe nationaler
Eigenart.
Diese ist auch in den Werken der jüngeren
Maler fühlbar, von denen die Arbeiten von
Bereny, Tihanyi, Hatvany in ihrer Baugesetz-
lichkeit den Einfluß von Cezanne besonders
deutlich bekunden; er wirkt auch in den Bil-
dern von Märffy, Szobotka und Derkovits
nach, wenn sich auch der letztere in dem
flächigen Zerlegen der Körper ein anderes Ziel
setzte. Das Streben nach tektonischer Durch-
formung des Bildes führt manche Künstler zu
einem Wiederanknüpfen an die Kunst der
Renaissance, so auch Medveczky und Kontuly,
in dessen repräsentativem Abtbildnis Renais-
sance und Neue Sachlichkeit eine glückliche
Verbindung eingehen.
Ausstellung
■von Neuerwerbungen
chinesischer,
japanischer,
koreanischer,
siamesischer
Kunstwerke
(iiixa-
BOIIIKIN
BERLIN W9
POTSDAMER STR 16
Ankauf von Einzelstücken
und ganzer Sammlungen