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DIE WELTKUNST
Jahrg. XI, Nr. 18/19 vom 9. Mai 19^
das schwere Arbeitsleben der Bauern und
Kleinbürger, also des viel verachteten dritten
Standes, aus Existenz und Beiwerk zu neuer
Beachtung erwacht. Neben die intime Land-
schaft des Nordraumes tritt der niederdeutsche
Mensch des Nordens, der in Holland sein
Arkadien hat, als der neue Bruder des italie-
nischen Hirten und des asiatischen Chinesen.
So wird das kleine Bild des großen Jahrhun-
derts zu einer Quelle neuer Anschauung und
Bewertung, denn die neuentdeckte Schönheit
der Häßlichkeit — genauer gesagt: das Kunst-
schöne des Naturhäßlichen — wird durch die
viel begehrten Kabinetbilder ein aesthetisch-
soziologisch anziehendes Neuland Es ist kaum
zu viel gesagt, wenn man aus diesen Kunst-
, Kabinetten und aus ihren Kabinetbildern die
neue Naturschwärmerei, die neue sozial-senti-
mentale Denkart des Großstädters herleitet,
die im 18. Jahrhundert in der Naturwelt der
Bauern, Hirten, Chinesen, Bürger die soziale
Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies der
Sitte, des Rechts, der Freiheit, der Menschen-
würde mit neuen Augen sucht und findet. Im
Kabinet der Galerien lebt diese magische
Kunstwelt der nahen Ferne bedeutsam fort.
Der Kunsthandel weiß die Handel- und Kunst-
werte solcher Kunstwerke für den neuen Ka-
binetinenschen wohl zu werten. Die neue
Kunstliebe und Kunstmode, aus dem modi-
schen Kabinet der Dame erwachsen, haben mit
Hilfe des Kunsthandels wie des Künstlers —
der Nachfrage entspricht ganz das Angebot
— Kunstanschauung und Kunstleben gewiß
mehr beeinflußt als wir ahnen. Wenn heute
der Weg wieder von der kleinformigen Privat-
kunst zur großformigen Staatskunst der
Oeffentlichkeit aus tausend Gründen zurück-
führt, so wird das Kunstkabinet des Staates
und Privatmannes und das meist bevorzugte
Kabinetbild — dem eine ebenbürtige Klein-
plastik zu fehlen scheint — seine kunsterziehe-
Lucas Cranach d. Ae., Aquarell
Neuerwerbung des Kunstmuseums,
Basel (Foto Kunstmuseum)
rische Aufgabe nicht vergessen dürfen und
wollen.
Wie aber der Kunsthändler im Laufe der
Zeiten selbst zum Kunstkabinet gefunden und
in seinem Verkaufsräume zuweilen ein vor-
bildliches Kabinet geschaffen hat, das sei bei
der Betrachtung des Kunstladens ein ander
Mal eingehender besprochen.
K. K. E b e r 1 e i n
Ein unbekanntes
Aquarell von Cranach
Das Basler Kunstmuseum erwarb
vor kurzem ein bisher nur wenigen Kennern
bekanntes Aquarell mit der bildnismäßigen
Darstellung eines männlichen Kopfes, das wir
hier zum erstenmal abbilden und das ein be-
sonderes Interesse verdient. Das Blatt war
schon seit langem in einer zweiten Fassung be-
kannt, die sich im Britischen Museum befindet
und früher Dürer, dann Lukas Cranach zuge-
schrieben wurde. Das Basler Blatt (Größe
19,2 : 15,6 cm) kam erst in der jüngsten Zeit
zum Vorschein, eingeklebt in ein Wittenberger
Stammbuch aus den Jahren 1590—93, in dem
sich eine zweite sichere Cranach-Zeichnung
befand. Die Kenner, die sich mit der Ver-
gleichung der beiden Fassungen beschäftigen,
konnten sich über das Verhältnis der beiden
nicht einigen. In Basel ist man zu der Ueber-
zeugung gelangt, daß das Wittenberger Blatt
das Original Cranachs und das Londoner eine
alte Kopie sei, und hat sich deshalb zum An-
kauf entschlossen. Jenes unterscheidet sieh
von diesem dadurch, daß es etwas knapper
beschnitten und daß die Gewandung mit roter
und blauer, der Hintergrund mit grüner Farbe
gedeckt sind. Die Zeichnung besonders aller
Kurbotel Monte Verila
Schweiz
Ascona
Das Hotel der Kunstfreunde
DAS GUTE HOTEL
Volle Pension ab Fr». 12.— - .. , . .
• Prospekte auf Anfrage
Zimmer ab Fr«. 4. —
verkürzten Partien aber ist soviel exakter und
feinfühliger, der Strich und die Pinselführung
sind soviel freier, empfundener und ausdrucks-
voller, der ganze Eindruck des Kopfes soviel
lebendiger und unmittelbarer packend, daß
über die Echtheit des Basler Exemplars kein
Zweifel bestehen bleibt. Cranach muß es in
seinen jüngeren Jahren, um 1508 etwa, ge-
schaffen haben, und es ist die einzige bisher
bekannte Bildniszeichnung aus dieser Zeit, in
der der Meister seine Wittenberger Hofstellung
eben angetreten hatte. Es ist aber auch das
einzige von Cranach bekannte in reiner Aqua-
relltechnik, neben wenigen Blättern Dürers
ein seltenes Beispiel dieser Technik in der
ganzen altdeutschen Malerei. Der Künstler
bedient sich ihrer hier mit einer erstaunlichen
Kühnheit und Frische. Er hat den Charakter-
kopf eines einfachen Bauern oder Jägers als
Studie wohl zum eigenen Gebrauch festgehal-
ten. Das vom Leben in der frischen Luft ge-
gerbte und gefurchte Antlitz des älteren Man-
nes mit dem sprechenden enggekniffenen
Mund, den still und klug beobachtenden Augen
bedeutet für unsere Vorstellung von dem deut-
schen Menschen jener Zeit eine wesentliche
Bereicherung. Es zeigt uns Cranachs Bildnis-
kunst und künstlerische Kraft in einem neuen,
unerwarteten Licht.
Prof. Dr. Otto Fischer
Ein Altkunstmarkt in Italien
Es ist Farinacci zu danken, wenn jetzt bei
den Stradivarifeiern ein erster italienischer
Markt antiker Kunst unter Beteiligung jdes ge-
samten italienischen Kunsthandels zustande
gekommen ist. Aber dieser Kunstmarkt hat
bisher alle Charakteristiken einer einmaligen
Veranstaltung; man fürchtet, daß die unge-
heure Arbeit, die zur Organisation dieses
Marktes geleistet worden ist, dann aber auch
die Erfahrungen, die die einzelnen Kunsthand-
lungen und Antiquariate machen, mit dieser
Ausstellung wieder verloren gehen werden.
Die Kunsthandelsfederazione hat daher, nicht
ohne Widerhall in den wichtigsten italieni-
schen Handelsblättern zu finden, verlangt, man
möge diesen ersten Nationalmarkt der Kunst
dahin auswerten, daß man durch ihn endlich
zu einem periodisch zu wiederholenden italie-
nischen Kunstmarkt kommt. Dieser Kunst-
markt wird gegenwärtig von allen italienischen
Kunsthandelsfirmen als dringend notwendig
empfunden. Denn jetzt ist endlich der Augen-
blick gekommen, in dem der italienische Kunst-
handel wieder in ein normales Geschäft hin-
einkommen könnte. Vor dem Kriege war eine
Konzentration des Kunsthandels nicht not-
wendig: denn wohlhabende und verstehende
Ausländer suchten längs ihrer Straße den
Kunsthandel; in der Inflation bestand der-
artige Geschäftsmöglichkeit, daß kein Unter-
nehmen noch etwas besonderes zur Geschäfts-
belebung zu tun brauchte; während der Krise
schließlich hat der Handel, soweit er irgend-
wie konnte, mit der Ware zurückgehalten,
denn auch Mittelwerte mußten nach Krisen-
schluß automatisch Bewertungen besserer Art
finden. Jetzt aber, nachdem durch die Sank-
tionen die Verbindungen zu England und
Frankreich abgerissen sind, ist eine organisa-
torische Ordnung des italienischen Kunst-
marktes schon deswegen von Nöten, weil der
neue Italien-Reisenden-Typ nicht mehr die Zeit
und auch vielfach nicht das Verständnis und
das Geld hat, sich mit dem Kunsthandel in
Verbindung zu setzen. Alle diese Gründe
führen dahin, daß man jetzt über eine Wieder-
holung des Alt-Kunstmarktes berät und' zwar
sollen diese Wiederholungen ganz ähnlich wie
jetzt bei der Cremoneser Veranstaltung immer
in Zusammenhang mit bedeutsamen künstleri-
schen Veranstaltungen abgehalten werden, um
unter allen Umständen einer großen Besucher-
schaft sicher zu sein. G. R.
16. bis 18. Juli
Tag der deutschen Kunst
in München
Auf der Konferenz der Reichspressestelle
haben Gauleiter Nippold und Gaupropaganda-
leiter Wenzl das Programm für den „Tag der
deutschen Kunst“, in dessen Mittelpunkt die
Einweihung des Hauses der deutschen Kunst
steht, bekanntgegeben.
Freitag, 16. Juli, findet die feierliche Eröff-
nung des „Tages der deutschen Kunst“ im
Kongreßsaal des Deutschen Museums statt,
nachmittags wird in den Räumen des Maximi-
lianeums der in- und ausländischen Presse ein
Empfang bereitet. Den Schluß dieses Tages
bilden eine Festaufführung von „Tristan und
Isolde“ im Nationattheater und eine Mozart-
aufführung im Residenztheater.
Samstag, 17. Juli, vormittags hält „Das Haus
der deutschen Kunst“ seine Jahresversamm-
lung und nachmittags die Reichskammer der
bildenden Kunst ihre zweite Jahrestagung ab.
Am Abend empfängt die Reichregierung die
in- und ausländischen Gäste.
Sonntag, 18. Juli, vormittags erfolgt die
Einweihung des Hauses der deutschen Kunst.
Mittags empfängt die Hauptstadt der Bewe-
gung und Stadt der deutschen Kunst die in-
Betrifft Preisausschreiben:
Auf unseren Wettbewerb in unserer Aus-
gabe 15 vom 28. März 1957 sind derartig viel
Einsendungen und Ratschläge allgemeiner
Natur eingegangen, daß wir von weiteren Zu-
sendungen dieser Art unsere Leser Abstand
zu nehmen bitten. Der Einsendung von Hin-
weisen und Ratschlägen über das Sammeln
von Spezialgebieten sehen wir gern entgegen.
und ausländischen Gäste im Alten Rathaus-
saal. In den Nachmittagsstunden bewegt sich
der Festzug durch die reichgeschmückten
Straßen Münchens.
Dieser Festzug steht unter dem Leitgedan-
ken „2000 Jahre deutsche Kultur“. In künst-
lerischer Gestaltung werden Sinnbilder der
germanischen, romanischen, gotischen und Re-
naissance-Zeit, des Barock, der Klassik und
der Romantik und als Abschluß unserer Zeit
an uns vorüberziehen. An diesem Festzug
wird von deutschen Künstlern schon seit
Wochen gearbeitet.
An zahlreichen Plätzen der Stadt finden
Festspiele mit musikalischen und tänzerischen
Darbietungen statt. Im Hause der deutschen
Kunst findet ein großes Künstlerfest statt, im
Englischen Garten und zwar an den Ufern des
Kleinhesseloher Sees, am Monopteros und am
Chinesischen Turm werden Tanzbühnen er-
richtet. Damit soll der gesamten Bevölkerung
Gelegenheit gegeben werden, die Freude dieses
Festes mitzuerleben. Ebenso ist der Schmuck
der Stadt von Künstlern erdacht worden.
Neben den Fahnen des neuen Deutschland
und den weißen, rot umsäumten Fahnen des
„Tages der deutschen Kunst“ werden Plasti-
ken und Symbole der Kunst die Straßen
schmücken. F.
Meister des Hallstaetter Altars (Lienhard
Asti), Muttergottes. Um 1500
Wien, Kunsthandel (Foto Pick)
MARIA ALMAS
Jlnhquilälen
Sinridilungen
des '18. Jahrhunderts
Slilniöbel,^erserteppiche
MÜNCHEN, Ottostraße 1 b Ankauf
Wer kau |
Wien um 1490, Heiliger Bischof. Holz, H. 119 cfl1
Wien, Kunsthandel (Foto Dr. Fröhlich
de*
Querschnitt durch den
Wiener Kunsthandel
Galerie Abels in Köln
Wallrafplatz 6
SUCHT
Gemälde deutscher u. französischer
Impressionisten
ferner solche der Münchener
und Düsseldorfer Schule
Unoerbindliche Angebote erhet^^
Mittelalterliche Plastik
Dieser Ausschnitt aus dem gegenwärtige11
Bereiche und Besitzstand des Wiener Kunst'
handels soll sich zumal mit einigen plastische11
Werken befassen. Im allgemeinen kann
die Anzahl von monumentalen Werken mittel'
älterlicher Plastik naturnotwendig nur relat*
beschränkt sein. Nie war ein großer Bestan1
dieser Dinge flüssig. Vor dem Krieg hat ß,c
unzureichende Menge, auch bei uns in Tir°ß
eine Fälschungsindustrie ins Leben gerufe0’
wie sie viel ausgebreiteter und zahlreicher 1,1
den Nachbarländern tätig war. Diese Erzeug'
nisse sind aber fast restlos durch unsere et'
weiterten Kenntnisse wieder ausgeschiede11
worden, so daß sie für einen wohl informierte11
Händler oder Käufer keine Gefahr meß1
bieten. Die Inflation und die nachfolgend
Krise haben leider viel Gutes zum Abfließe11
nach Westen gebracht. Inzwischen sind abel
neue Sammler aufgetaucht, die gerne die bef
seren auftauchenden Stücke erwerben.
und da kommt noch Unerkanntes in ße’1
Handel. Selbstverständlich birgt der Wien1/1
Bestand auch Gegenstände, welche über ß11
lokale Umgebung hinausgreifen. In ß1’."
Stücken, die wir heute besprechen, weisen ",1C
zunächst auf ein lebensgroßes, sehr monuinc11
tales italienisches holzgeschnitztes Kruzifix, da
wir etwa in die Romagna lokalisieren dürfe1
(Abb. S. 3). Es harrt noch der Namensgebung
durch einen italienischen Plastikspezialiste11'
deren es ob seiner schönen Qualität woß^
würdig ist. Zeitlich ist es um 1460 und besüf
den Hauptreiz mittelalterlicher Plastik, ß1
Originalfassung. Das nächste Stück, ein1
stehende Madonna mit Kind, führt uns naflj
Oesterreich (s. Abb.). Sie ist nach Ort u”.
Künstler weit genauer zu bestimmen. Ihr Me*
ster schnitzte den Hochaltar der malerisch üb1’
dem See gelegenen Kirche von Hallstatt.
einem der dortigen Reliefs ist auf der Schuß1
die Signatur des Meisternamens: Lienhart As1'
aufgemalt. Allerdings geht es um die aj*1
Pilatusfrage, was ist Wahrheit? Ist es
Schnitzer oder der Künstler, welcher
Schnitzwerk bemalte. Die Tätigkeit des
malens kostete oft viel mehr als die
Schnitzens. Oder ist er beides in einer Perso'1/
wie es bei Pacher und Multscher fast waß1
scheinlich ist? Die Gegenüberstellung mit d1’
Schreinfiguren von Hallstatt und mit ß1’,,
Gruppe des Triumphkreuzes daselbst, ist übe1,
zeugend. Ein in gutem Sinne oberösterreicß1
DIE WELTKUNST
Jahrg. XI, Nr. 18/19 vom 9. Mai 19^
das schwere Arbeitsleben der Bauern und
Kleinbürger, also des viel verachteten dritten
Standes, aus Existenz und Beiwerk zu neuer
Beachtung erwacht. Neben die intime Land-
schaft des Nordraumes tritt der niederdeutsche
Mensch des Nordens, der in Holland sein
Arkadien hat, als der neue Bruder des italie-
nischen Hirten und des asiatischen Chinesen.
So wird das kleine Bild des großen Jahrhun-
derts zu einer Quelle neuer Anschauung und
Bewertung, denn die neuentdeckte Schönheit
der Häßlichkeit — genauer gesagt: das Kunst-
schöne des Naturhäßlichen — wird durch die
viel begehrten Kabinetbilder ein aesthetisch-
soziologisch anziehendes Neuland Es ist kaum
zu viel gesagt, wenn man aus diesen Kunst-
, Kabinetten und aus ihren Kabinetbildern die
neue Naturschwärmerei, die neue sozial-senti-
mentale Denkart des Großstädters herleitet,
die im 18. Jahrhundert in der Naturwelt der
Bauern, Hirten, Chinesen, Bürger die soziale
Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies der
Sitte, des Rechts, der Freiheit, der Menschen-
würde mit neuen Augen sucht und findet. Im
Kabinet der Galerien lebt diese magische
Kunstwelt der nahen Ferne bedeutsam fort.
Der Kunsthandel weiß die Handel- und Kunst-
werte solcher Kunstwerke für den neuen Ka-
binetinenschen wohl zu werten. Die neue
Kunstliebe und Kunstmode, aus dem modi-
schen Kabinet der Dame erwachsen, haben mit
Hilfe des Kunsthandels wie des Künstlers —
der Nachfrage entspricht ganz das Angebot
— Kunstanschauung und Kunstleben gewiß
mehr beeinflußt als wir ahnen. Wenn heute
der Weg wieder von der kleinformigen Privat-
kunst zur großformigen Staatskunst der
Oeffentlichkeit aus tausend Gründen zurück-
führt, so wird das Kunstkabinet des Staates
und Privatmannes und das meist bevorzugte
Kabinetbild — dem eine ebenbürtige Klein-
plastik zu fehlen scheint — seine kunsterziehe-
Lucas Cranach d. Ae., Aquarell
Neuerwerbung des Kunstmuseums,
Basel (Foto Kunstmuseum)
rische Aufgabe nicht vergessen dürfen und
wollen.
Wie aber der Kunsthändler im Laufe der
Zeiten selbst zum Kunstkabinet gefunden und
in seinem Verkaufsräume zuweilen ein vor-
bildliches Kabinet geschaffen hat, das sei bei
der Betrachtung des Kunstladens ein ander
Mal eingehender besprochen.
K. K. E b e r 1 e i n
Ein unbekanntes
Aquarell von Cranach
Das Basler Kunstmuseum erwarb
vor kurzem ein bisher nur wenigen Kennern
bekanntes Aquarell mit der bildnismäßigen
Darstellung eines männlichen Kopfes, das wir
hier zum erstenmal abbilden und das ein be-
sonderes Interesse verdient. Das Blatt war
schon seit langem in einer zweiten Fassung be-
kannt, die sich im Britischen Museum befindet
und früher Dürer, dann Lukas Cranach zuge-
schrieben wurde. Das Basler Blatt (Größe
19,2 : 15,6 cm) kam erst in der jüngsten Zeit
zum Vorschein, eingeklebt in ein Wittenberger
Stammbuch aus den Jahren 1590—93, in dem
sich eine zweite sichere Cranach-Zeichnung
befand. Die Kenner, die sich mit der Ver-
gleichung der beiden Fassungen beschäftigen,
konnten sich über das Verhältnis der beiden
nicht einigen. In Basel ist man zu der Ueber-
zeugung gelangt, daß das Wittenberger Blatt
das Original Cranachs und das Londoner eine
alte Kopie sei, und hat sich deshalb zum An-
kauf entschlossen. Jenes unterscheidet sieh
von diesem dadurch, daß es etwas knapper
beschnitten und daß die Gewandung mit roter
und blauer, der Hintergrund mit grüner Farbe
gedeckt sind. Die Zeichnung besonders aller
Kurbotel Monte Verila
Schweiz
Ascona
Das Hotel der Kunstfreunde
DAS GUTE HOTEL
Volle Pension ab Fr». 12.— - .. , . .
• Prospekte auf Anfrage
Zimmer ab Fr«. 4. —
verkürzten Partien aber ist soviel exakter und
feinfühliger, der Strich und die Pinselführung
sind soviel freier, empfundener und ausdrucks-
voller, der ganze Eindruck des Kopfes soviel
lebendiger und unmittelbarer packend, daß
über die Echtheit des Basler Exemplars kein
Zweifel bestehen bleibt. Cranach muß es in
seinen jüngeren Jahren, um 1508 etwa, ge-
schaffen haben, und es ist die einzige bisher
bekannte Bildniszeichnung aus dieser Zeit, in
der der Meister seine Wittenberger Hofstellung
eben angetreten hatte. Es ist aber auch das
einzige von Cranach bekannte in reiner Aqua-
relltechnik, neben wenigen Blättern Dürers
ein seltenes Beispiel dieser Technik in der
ganzen altdeutschen Malerei. Der Künstler
bedient sich ihrer hier mit einer erstaunlichen
Kühnheit und Frische. Er hat den Charakter-
kopf eines einfachen Bauern oder Jägers als
Studie wohl zum eigenen Gebrauch festgehal-
ten. Das vom Leben in der frischen Luft ge-
gerbte und gefurchte Antlitz des älteren Man-
nes mit dem sprechenden enggekniffenen
Mund, den still und klug beobachtenden Augen
bedeutet für unsere Vorstellung von dem deut-
schen Menschen jener Zeit eine wesentliche
Bereicherung. Es zeigt uns Cranachs Bildnis-
kunst und künstlerische Kraft in einem neuen,
unerwarteten Licht.
Prof. Dr. Otto Fischer
Ein Altkunstmarkt in Italien
Es ist Farinacci zu danken, wenn jetzt bei
den Stradivarifeiern ein erster italienischer
Markt antiker Kunst unter Beteiligung jdes ge-
samten italienischen Kunsthandels zustande
gekommen ist. Aber dieser Kunstmarkt hat
bisher alle Charakteristiken einer einmaligen
Veranstaltung; man fürchtet, daß die unge-
heure Arbeit, die zur Organisation dieses
Marktes geleistet worden ist, dann aber auch
die Erfahrungen, die die einzelnen Kunsthand-
lungen und Antiquariate machen, mit dieser
Ausstellung wieder verloren gehen werden.
Die Kunsthandelsfederazione hat daher, nicht
ohne Widerhall in den wichtigsten italieni-
schen Handelsblättern zu finden, verlangt, man
möge diesen ersten Nationalmarkt der Kunst
dahin auswerten, daß man durch ihn endlich
zu einem periodisch zu wiederholenden italie-
nischen Kunstmarkt kommt. Dieser Kunst-
markt wird gegenwärtig von allen italienischen
Kunsthandelsfirmen als dringend notwendig
empfunden. Denn jetzt ist endlich der Augen-
blick gekommen, in dem der italienische Kunst-
handel wieder in ein normales Geschäft hin-
einkommen könnte. Vor dem Kriege war eine
Konzentration des Kunsthandels nicht not-
wendig: denn wohlhabende und verstehende
Ausländer suchten längs ihrer Straße den
Kunsthandel; in der Inflation bestand der-
artige Geschäftsmöglichkeit, daß kein Unter-
nehmen noch etwas besonderes zur Geschäfts-
belebung zu tun brauchte; während der Krise
schließlich hat der Handel, soweit er irgend-
wie konnte, mit der Ware zurückgehalten,
denn auch Mittelwerte mußten nach Krisen-
schluß automatisch Bewertungen besserer Art
finden. Jetzt aber, nachdem durch die Sank-
tionen die Verbindungen zu England und
Frankreich abgerissen sind, ist eine organisa-
torische Ordnung des italienischen Kunst-
marktes schon deswegen von Nöten, weil der
neue Italien-Reisenden-Typ nicht mehr die Zeit
und auch vielfach nicht das Verständnis und
das Geld hat, sich mit dem Kunsthandel in
Verbindung zu setzen. Alle diese Gründe
führen dahin, daß man jetzt über eine Wieder-
holung des Alt-Kunstmarktes berät und' zwar
sollen diese Wiederholungen ganz ähnlich wie
jetzt bei der Cremoneser Veranstaltung immer
in Zusammenhang mit bedeutsamen künstleri-
schen Veranstaltungen abgehalten werden, um
unter allen Umständen einer großen Besucher-
schaft sicher zu sein. G. R.
16. bis 18. Juli
Tag der deutschen Kunst
in München
Auf der Konferenz der Reichspressestelle
haben Gauleiter Nippold und Gaupropaganda-
leiter Wenzl das Programm für den „Tag der
deutschen Kunst“, in dessen Mittelpunkt die
Einweihung des Hauses der deutschen Kunst
steht, bekanntgegeben.
Freitag, 16. Juli, findet die feierliche Eröff-
nung des „Tages der deutschen Kunst“ im
Kongreßsaal des Deutschen Museums statt,
nachmittags wird in den Räumen des Maximi-
lianeums der in- und ausländischen Presse ein
Empfang bereitet. Den Schluß dieses Tages
bilden eine Festaufführung von „Tristan und
Isolde“ im Nationattheater und eine Mozart-
aufführung im Residenztheater.
Samstag, 17. Juli, vormittags hält „Das Haus
der deutschen Kunst“ seine Jahresversamm-
lung und nachmittags die Reichskammer der
bildenden Kunst ihre zweite Jahrestagung ab.
Am Abend empfängt die Reichregierung die
in- und ausländischen Gäste.
Sonntag, 18. Juli, vormittags erfolgt die
Einweihung des Hauses der deutschen Kunst.
Mittags empfängt die Hauptstadt der Bewe-
gung und Stadt der deutschen Kunst die in-
Betrifft Preisausschreiben:
Auf unseren Wettbewerb in unserer Aus-
gabe 15 vom 28. März 1957 sind derartig viel
Einsendungen und Ratschläge allgemeiner
Natur eingegangen, daß wir von weiteren Zu-
sendungen dieser Art unsere Leser Abstand
zu nehmen bitten. Der Einsendung von Hin-
weisen und Ratschlägen über das Sammeln
von Spezialgebieten sehen wir gern entgegen.
und ausländischen Gäste im Alten Rathaus-
saal. In den Nachmittagsstunden bewegt sich
der Festzug durch die reichgeschmückten
Straßen Münchens.
Dieser Festzug steht unter dem Leitgedan-
ken „2000 Jahre deutsche Kultur“. In künst-
lerischer Gestaltung werden Sinnbilder der
germanischen, romanischen, gotischen und Re-
naissance-Zeit, des Barock, der Klassik und
der Romantik und als Abschluß unserer Zeit
an uns vorüberziehen. An diesem Festzug
wird von deutschen Künstlern schon seit
Wochen gearbeitet.
An zahlreichen Plätzen der Stadt finden
Festspiele mit musikalischen und tänzerischen
Darbietungen statt. Im Hause der deutschen
Kunst findet ein großes Künstlerfest statt, im
Englischen Garten und zwar an den Ufern des
Kleinhesseloher Sees, am Monopteros und am
Chinesischen Turm werden Tanzbühnen er-
richtet. Damit soll der gesamten Bevölkerung
Gelegenheit gegeben werden, die Freude dieses
Festes mitzuerleben. Ebenso ist der Schmuck
der Stadt von Künstlern erdacht worden.
Neben den Fahnen des neuen Deutschland
und den weißen, rot umsäumten Fahnen des
„Tages der deutschen Kunst“ werden Plasti-
ken und Symbole der Kunst die Straßen
schmücken. F.
Meister des Hallstaetter Altars (Lienhard
Asti), Muttergottes. Um 1500
Wien, Kunsthandel (Foto Pick)
MARIA ALMAS
Jlnhquilälen
Sinridilungen
des '18. Jahrhunderts
Slilniöbel,^erserteppiche
MÜNCHEN, Ottostraße 1 b Ankauf
Wer kau |
Wien um 1490, Heiliger Bischof. Holz, H. 119 cfl1
Wien, Kunsthandel (Foto Dr. Fröhlich
de*
Querschnitt durch den
Wiener Kunsthandel
Galerie Abels in Köln
Wallrafplatz 6
SUCHT
Gemälde deutscher u. französischer
Impressionisten
ferner solche der Münchener
und Düsseldorfer Schule
Unoerbindliche Angebote erhet^^
Mittelalterliche Plastik
Dieser Ausschnitt aus dem gegenwärtige11
Bereiche und Besitzstand des Wiener Kunst'
handels soll sich zumal mit einigen plastische11
Werken befassen. Im allgemeinen kann
die Anzahl von monumentalen Werken mittel'
älterlicher Plastik naturnotwendig nur relat*
beschränkt sein. Nie war ein großer Bestan1
dieser Dinge flüssig. Vor dem Krieg hat ß,c
unzureichende Menge, auch bei uns in Tir°ß
eine Fälschungsindustrie ins Leben gerufe0’
wie sie viel ausgebreiteter und zahlreicher 1,1
den Nachbarländern tätig war. Diese Erzeug'
nisse sind aber fast restlos durch unsere et'
weiterten Kenntnisse wieder ausgeschiede11
worden, so daß sie für einen wohl informierte11
Händler oder Käufer keine Gefahr meß1
bieten. Die Inflation und die nachfolgend
Krise haben leider viel Gutes zum Abfließe11
nach Westen gebracht. Inzwischen sind abel
neue Sammler aufgetaucht, die gerne die bef
seren auftauchenden Stücke erwerben.
und da kommt noch Unerkanntes in ße’1
Handel. Selbstverständlich birgt der Wien1/1
Bestand auch Gegenstände, welche über ß11
lokale Umgebung hinausgreifen. In ß1’."
Stücken, die wir heute besprechen, weisen ",1C
zunächst auf ein lebensgroßes, sehr monuinc11
tales italienisches holzgeschnitztes Kruzifix, da
wir etwa in die Romagna lokalisieren dürfe1
(Abb. S. 3). Es harrt noch der Namensgebung
durch einen italienischen Plastikspezialiste11'
deren es ob seiner schönen Qualität woß^
würdig ist. Zeitlich ist es um 1460 und besüf
den Hauptreiz mittelalterlicher Plastik, ß1
Originalfassung. Das nächste Stück, ein1
stehende Madonna mit Kind, führt uns naflj
Oesterreich (s. Abb.). Sie ist nach Ort u”.
Künstler weit genauer zu bestimmen. Ihr Me*
ster schnitzte den Hochaltar der malerisch üb1’
dem See gelegenen Kirche von Hallstatt.
einem der dortigen Reliefs ist auf der Schuß1
die Signatur des Meisternamens: Lienhart As1'
aufgemalt. Allerdings geht es um die aj*1
Pilatusfrage, was ist Wahrheit? Ist es
Schnitzer oder der Künstler, welcher
Schnitzwerk bemalte. Die Tätigkeit des
malens kostete oft viel mehr als die
Schnitzens. Oder ist er beides in einer Perso'1/
wie es bei Pacher und Multscher fast waß1
scheinlich ist? Die Gegenüberstellung mit d1’
Schreinfiguren von Hallstatt und mit ß1’,,
Gruppe des Triumphkreuzes daselbst, ist übe1,
zeugend. Ein in gutem Sinne oberösterreicß1