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Vogelfang und Fischstechen aus dem Grabe des Menena1^ wp«
Schecli abd el Gurna Nr. 69. Vr ;

A

Längsraum, rechte Seitenwand.

Zeit: 18. Dynastie
(uni 1420 v. Chr. G ).
Malerei auf Stuck.

Zu den beliebtesten Vergnügungen gehörten die Jagd auf Wasservögel2 mit dem Bume-
rang und das Fischstechen3 mit dem doppelspitzigen, langen Speer. Zu beiden Jagdarten bot
der dichte Papyrusdschungel reichlich Gelegenheit, und das gleiche Milieu hat schon früh
die ägyptischen Maler veranlaßt, entgegen der sonstigen Gewohnheit, jede Szene für sich dar-
zustellen, eine in der Hauptsache symmetrische Darstellung beider Vergnügungen zu kombinieren.
Den Mittelpunkt bildet eine sehr kompendiöse Darstellung des Papyrusdschungels, der
von allerlei Tieren belebt ist. Gänse- und entenartige Vögel, auch ein Ibis, nisten im Dickicht,

und Schmetterlinge gaukeln über den Blumenkronen. Die Nester sind der größeren Deutlich-
keit halber nicht zwischen den Papyrushalmen eingebaut, sondern auf den Blüten liegend dar-
gestellt. In jedem Nest liegen zwei Bier, der beliebte Deckerbissen der Ichneumons, während
die wildernden Katzen es wohl mehr auf die Vögel selbst abgesehen haben.

Durch den Dschungel treibt leise der kleine, aus Papyrusstengeln zusammengebundene
Nachen. Bug und Heck des Kahns sind als Papyrusblüte bzw. -knospe geformt, das Heck ist
elegant hoch geschwungen. Das Fahrzeug ist im Vergleich zu den Insassen viel zu klein dargestellt;
auf welche Weise es fortbewegt wurde, ist als irrelevant nicht angegeben. — Aus künstlerischen

und abergläubischen Gründen mußte der Künstler vermeiden, die Körper Menenas und seiner An-

gehörigen in irgendeinem Teile unvollständig wiederzugeben. Hätte er sie richtig, d. h. im

Kahne stehend oder sitzend, gemalt, so wären die P'üße unsichtbar geblieben, — bei der Dar-

stellung von niederem Volk wurden solche Bedenken
halb hat er vorgezogen, sie scheinbar
links ganz oben auf einer Matte4 i
Kahn befindlich zu denken. Die
die des sich umwendenden Mädchens

allerdings nicht berücksichtigt, — des-
auf dem Rande stehend zu malen. Das
sitzende Mädchen ist auch als im
Furcht davor, daß ihre Figur und
im Nachen sich zu stark überschneiden

und verdecken könnten, hat den Maler zu dieser sonderbaren Anordnung veranlaßt.
Auf dem links dargestellten Nachen steht Menena in großer Toilette. Daß er zur Jagd
wirklich so bekleidet gewesen ist, ist sehr unwahrscheinlich, dazu hat er sich wohl bequemer


angezogen; es ist eine verzeihliche
Eitelkeit, daß er auf dem größtem
Bilde in seinem Grabe in seinen
schönsten Kleidern erscheinen
wollte. Er trägt eine halblange
Perücke6 und hat einen kurzen
Bart6 vorgebunden. Um den Hals
trägt er ein breites, fünfreihiges
Kollier7 aus Fayence oder Edelmetall
mit Einlagen und um die Handgelenke

Armbänder8.

Sein Anzug besteht
aus einem halb-
langen Schurz9, der




in leichten Falten um die Hüften geschlungen ist und in der Mitte ein dreieckiges Zeugstück hervorsehen

läßt, darüber trägt er ein Gewand10 aus dünnster Leinwand, das den halben Oberarm bedeckt und bis
über die halbe Wade reicht. — In der linken Hand hält Menena zwei Reiher, wohl als Lockvögel,

1 Linke Seite abgebildet: Petrie Arts Abb. 73; Bissing Kunst Taf. 15. — Mond Annales V 102; Weigall
Annales IX 129; Baedeker 300.
2 Wilk. III, 38; Wilk.-B. II 104; Erman 322; Masp. Au Temps 107; Grapow ÄZ 47, 132.
3 Wilk. III, 66; Wilk.-B. II 115; Erman 326; Masp. Au Temps 106. 4 Garstang 121.
5 Kairo Guide 3744. — Wilk. III 355; Wilk.-B. II 329; Weiß Gesell. 148; Weiß 40; Erman 303.
6 Wilk. III 362; Wilk.-B. II 333; Weiß Gesch. 149; Weiß 41; Erman 309.
7 Kairo 3945 Photo Brugsch. — Wilk. III 375; Wilk.-B. II 343; Weiß Gesch. 151; Perr.-Chip, 768.
8 Cat. Gen. 52017. — Wilk. III 375; Wilk.-B. II 343; Weiß Gesch. 156.
9 Wilk. III 344; Wilk.-B. II 322; Weiß 33; Weiß Gesch. i2Öf; Erman 291.
1° Wilk. III 346; Wilk.-B. II 323; Weiß 35; Weiß Gesch. 129; Erman 288.

Wreszinski, Atlas zur altäg. Kulturgesch. Tafel 2(a)

2(b)

in der rechten schwingt er einen Bumerang11, dessen oberes Ende als Schlangenkopf ausgeführt
ist. Die Wucht der Schleuder- bewegung teilt sich dem ganzen
Körper mit. Die aufgescheuch- ten Vögel stürzen getroffen in
das Dickicht und werden von Menenas Sohn gesammelt. Dieser

herabreicht. Über ihren linken Arm
Hinter ihr steht ein junges Mädchen, das
Vögeln beladen ist, wohl eine Tochter
kürzere und weniger dichte Perücke
auf ihrem Haupte durch ein Band fest-

steht amBugdesNachens; eristnurmit einemkurzenLeinenschurzbekleidet, dessenZipfel
nach der rechten Seite überfällt. — Hinter Menena steht seine Gattin, ebenfalls in ihrer
Festtracht12. Sie trägt eine lange Perücke13 aus einzelnen
Strähnen, die durch ein breites Band aus Edelmetall mit Schmelz-
einlagen auf dem Haupte festgehalten wird. Über ihre Stirn fällt
eine Lotosknospe herab. Auf der Perücke sitzt der Salbkegel14 ein Gestell,
das zur Aufnahme eines Klumpens wohlriechender Pomade
dient, der langsam schmilzt und die Perücke und das
Kleid mit Duft überströmt. Als Ohrschmuck trägt sie große
Scheiben aus Metall16, um den Hals ein breites Kollier mit

Hängern; die Unter-
arme sind mit
Armbändern
dieser Form16
geschmückt. #
Bekleidet ist
sie mit einem
lang herabfließenden Gewände17, das den linken Oberarm bedeckt, den rechten
aber frei läßt und bis zu den Knöcheln
hängen Lotosblumen und -knospen. —
mit Lotosblumen und erbeuteten
Menenas; es trägt eine etwas
als ihre Mutter, die
gehalten wird. In den Ohren trägt auch sie die runden Metall-





scheiben und an den Ober- und Unterarmen breite Ringe. Ihre Kleidung
besteht aus, einem hemdartigen Gewand, das aber schlicht herunterfällt
und nicht in Falten. — Das neben ihr auf einer Matte sitzende
junge Mädchen ist gleich ihr gekleidet, nur trägt es eine längere
Perücke. — Besonders reizvoll ist die Gestalt des bis auf einen Gürtel18,
einige Armringe und ein Haarband unbekleideten Kindes, das
zu Fii ßen seines Vaters im Boote kauert und Lotosblumen
pflückt.
Der Fluß ist von allerlei Getier belebt; Vögel19 schwimmen
zwischen den Lotosblumen einher und zahlreiche Fische20
von verschiedener Art sind zu unterscheiden; ein Krokodil,
das viel zu klein dargestellt ist, hat einen gewaltigen Nil-
barsch gepackt. Die Bewegung aller Tiere geht von links
nach rechts, d. h. der Maler hat sie in der Richtung gezeich-
net, wie er sie als Hieroglyphenzeichen zu schreiben ge-
wöhnt war.
Zwei besonders große Fische hat Menena mit sicherem Arm
erspeert; er steht, wie auf der linken Seite auch, im Nachen,
seine Kleidung entspricht der vorhin geschilderten, am Bug
des Schiffes steht wieder der Knabe. Seine Gattin, dieses Mal

11 Kairo, Museum. — Über die Benutzung der Bumerangs im Kriege und auf der Jagd: Varg. Die australischen
Bumerangs im städt. Völkermuseum (Veröff. a. d. städt. Völkermus. Frankfurt a. M.) Frankfurt, Baer & Co.
12 Chassinat Tombe. — Wilk III 368; Wilk.-B. II 337; Weiß Gesch. 141 g.; Weiß 39; Erman 296.
13 Hannover, Kestnermus. — Wilk. III 369; Wilk.-B. II 339; Weiß Gesch. 159; Weiß 41; Erman 308;
Capart Art et par. 6.
14 Kairo, Museum. — Wilk. II 213 ; Wilk.-B. I 425 ; Erman 317; Spiegelberg Rec. 28,174; Schweinfurth AnnalesS, 184.
15 Kairo Photo Brugsch. — Wilk. III 370; Wilk.-B. II 339; Erman 313; Schäfer Goldschm. 60.
16 Schäfer Goldschm. Abb. 4. Nr. 12. 17 S. Anm 12. Kairo, Mus. 18 Turin Photo Anderon.
19 Forskal; Descr. (von Savigny) 22, 221 — 242; Wilk. III 47; Wilk.-B. II 112.
20 Forskal; Descr. (von Geoffroy St. Hilaire) 22, 91—218; Wilk. III 58; Wilk.-B. II 118

ohne Salbkegel, umfaßt ihn zärtlich so, wie man es oft bei Statuengruppen21 sieht,

und eine Tochter kauert ihm zu Füßen und umfängt sein rechtes Bein; beide


Bewegungen entsprechen der Wirklichkeit natürlich gar nicht, sie hätten
Menena bei der Jagd gehindert.
Die Dublette von Fischen ist vom Künstler dadurch besonders her-
vorgehoben worden, daß er, unbekümmert um die Wirklichkeit, für sie
eine besondere Wasserfläche geschaffen hat; durch dieses allerdings sehr ge-
waltsame Mittel hat er der Mitte des ganzen Gemäldes, die sonst etwas
leer gewirkt hätte, einen kräftigen Inhalt gegeben. An sämtlichen
Darstellungen des Menena in seinem Grabe sind die Gesichter zer-
stört; das hat gewiß ein persönlicher Feind von ihm verschuldet, der
dem Toten damit die Fortexistenz im Jenseits nehmen wollte oder
auch die Möglichkeit, ihn selbst als Gespenst heimzusuchen.

21 Brit. Mus. 41603 Guide 09 Plate XIII.

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