Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 17.1924

DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3619#0280
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
276 BESPRECHUNGEN.

hervortretende Neigung, es zu loben, wenn ein Wandbild nahezu die Freiheit eines
Tafelbildes erreicht [S. 35] oder möglichste Wirklichkeitsnähe [S. 67]). Zu bedauern
bleibt es, meine ich, daß die Zeitverhältnisse Kürzungen notwendig machten. Ungern
vermißt man den Vergleich der europäischen und ostasiatischen Wanddekoration, der
romanischen Buch- und Wandmalerei, auch wenn diese Streichungen das systema-
tische Ergebnis in keiner Weise schädigten. Einige Druckversehen blieben stehen
(z. B. S. 2, 63, 64, 108, 120).

München. Georg Schwaiger.

Martin Schede, Die Burg von Athen. Berlin 1922. Schoetz und Parrhysius.
8°. 145 S. 28 Textabbildungen, darunter 19 nach Originalzeichnungen von
F. Krischen. 100 Tafelbilder.

Das Buch von Schede wendet sich an einen ganz weiten Leserkreis. Es ist also
kein gelehrtes Werk, aber doch eine wissenschaftliche Leistung. Aus der ungeheuren
Fachliteratur über die Akropolis und ihre Denkmäler hat der Verfasser mit sicherem
Gefühl für das Wesentliche die wichtigsten Ergebnisse zu einem lebensvollen Bilde
zusammengefaßt. Auch im einzelnen, insbesondere in der Literaturübersicht und den
ausgezeichneten knappen Bemerkungen des Abbildungsverzeichnisses, die zur Weiter-
orientierung anleiten, spricht aus jeder Zeile der gewiegte Sachkenner. Und endlich
sieht man mit Freuden, wie den Tafelbildern jedesmal die besten der gegenwärtig
vorhandenen Vorlagen zugrunde gelegt sind.

Trotzdem ist die Bedeutung des Buches nicht in dieser Richtung zu suchen. Sie
liegt darin, daß sich in dem Verfasser der gründliche Sachkenner mit dem feinsin-
nigen Interpreten aufs glücklichste vereinigt. Bücher über irgend ein Gebiet der alten
Kunst, die einem größeren Publikum dienen wollen, sind in den letzten Jahren wieder
häufiger bei uns geworden. Ihr Wert liegt in der Regel aber allein in den Abbil-
dungen, während der Text mancherlei Allgemeinheiten zu enthalten pflegt, die nie-
manden weiterführen. Dagegen spricht Schede nicht über die Kunstwerke, sondern
sie selbst bringt er zum Sprechen. Das Mittel ist die Analyse. Bei den Skulpturen
wird in der Regel zuerst kurz erledigt, was als historische Voraussetzung zum Ver-
ständnis nötig ist. Dann wird das Motiv klargestellt und schließlich durch eine Ana-
lyse der Einzelformen das Charakteristische des Werks herausgeholt. Entsprechend
bei den Bauten: zuerst Plan und Raumgestaltung, dann konstruktive Glieder und
Ornament und endlich zusammenfassende Charakteristik. Natürlich ist dies kein
Schema, durch das sich der Verfasser mechanisch binden läßt. Die Natur des ein-
zelnen Gegenstandes fordert immer wieder individuelle Behandlung. Daher gerade
ist solche analysierende Interpretation eine Kunst, weil sie so weiten Spielraum läßt.
Größte Beweglichkeit sowie ein klarer Blick für das Wesentliche sind ihre Voraussetzungen.
Diese Kunst der Interpretation wird von Schede meisterhaft gehandhabt. Wer viel
mit jungen Menschen umgeht, die sich in der Betrachtung von Kunstwerken einen
Standpunkt erst erwerben wollen, der weiß die Bedeutung solchen Tuns zu wür-
digen, der weiß auch, wie selten solche Führer sind wie dieses Buch. Es ist populär
im besten Sinne, weil es auf dem Boden der Wissenschaft gewachsen ist. Möge es
die weite Verbreitung finden, die seiner würdig ist.

Berlin. Friedrich Matz.
 
Annotationen