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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 17.1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.3619#0282
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278 BESPRECHUNGEN.

griff allzu stark gedehnt werden und verliert dadurch die Spannung, die ihm doch
eigen sein soll und die als sein Bestes auch Schumacher annimmt, wenn er schreibt:
»Eine solche innerliche Stilisierung kann in der äußersten Form ihrer Durchführung
dem einfachen Vorgang ein vertieftes Wesen geben und ihn emporheben zur sym-
bolischen Bedeutung« (S. 129). Es seien noch einzelne bedeutsame Formulierungen
ausgehoben, doch ohne die Absicht, sie zu Axiomen zu stempeln. »Architektur ist
künstlerisch nichts Absolutes; sie ist die Form, wie sich eine soziale Erscheinung
körperlich ausdrückt. Die Art, wie man zu der sozialen Erscheinung steht, wird zum
wesentlichen Teil maßgebend sein für den Wert oder Unwert dieser Form« (S. 43).

»Im Gegensatz zu formbildender Begabung, welche die freie Kunst voraussetzt,
ist eine rhythmische Begabung der Kern der Voraussetzung für den tektonischen
Künstler« (S. 23). »Die Fähigkeit, gleichzeitig ein und dasselbe negativ und positiv,
als Raum und als Masse, sich vorzustellen und mit dieser Vorstellung im Geiste
schalten zu können, die Fähigkeit, in der Phantasie eine Masse als Organismus zu
schauen, gleichsam durchsichtig, so daß Innen und Außen stets im selben Augen-
blick vor dem Bewußtsein stehen, und gleichsam beweglich, so daß jeder Umge-
staltungsgedanke des Innern sofort in seine äußeren Folgen umgedacht wird: das
ist die eigentliche architektonische Fähigkeit. Diese architektonische Fähigkeit im
Sinne rhythmischer Absichten ausüben zu können, darauf beruht die künstlerische
Architekturbegabung. Das Zeichnerische bedeutet in der Architektur nichts anderes,
als diesem geistigen Prozeß ein sichtbares Gewand zu leihen, um ihn anderen mit-
teilen zu können ...'« (S. 25).

»Es kommt nicht darauf an, sich eine möglichst einfache Form als Ziel vorzu-
stellen und nun die komplizierte Forderung künstlich hereinzuzwängen, sondern es
kommt darauf an, von der allen Forderungen Rechnung tragenden Lösung allmäh-
lich jede Zufälligkeit abzustreifen« (S. 91). »Die erste Vorbedingung richtigen Ent-
werf ens ist ... so weit zu kommen, daß die Form kubischer Vorstellungen die
selbstverständliche Form der Grundrißbetrachtung wird« (S. 87).

»... Die Gestaltung der Decke, oder richtiger gesagt, die Gestaltungsmöglich-
keit der Decke ist für das räumliche Gebilde die technische Vorbedingung und zu-
gleich das ästhetisch Entscheidende« (S. 88).

»,.. Liebe zum Menschen. Ein Architekt kann ohne sie das Beste nicht er-
füllen« (S. 41).

2. Mit der Reformschrift will Schumacher denen dienen, die mit einem beson-
deren Maß gestaltender Begabung ausgestattet sind: den Begabten, daß ihr Auf-
stieg auf den Stufen des Schulweges von unsachlichen und unnötigen Hemmungen
frei werde, und daß sie sich auf die Zweige eines das innerlich Zusammengehörige
zusammenfassenden Schulganzen ihrer Begabung entsprechend verteilen können.
»Neben dem Problem des Aufstiegs der Begabten steht das Problem der rechten
Verteilung der Begabten. In vieler Beziehung ist es wohl ebenso wichtig, und
sicherlich ist es noch schwieriger, als das erste. Diesem Zweckgedanken streben
alle seine aus dem Kern der Sache erwachsenden, vielfach sich gliedernden, inner-
lich verbundenen Vorschläge zu. Die Gesinnung, die ihn dabei leitet, ist eine stark
sittliche: der Gedanke der Menschenökonomie, »der Gedanke, das kostbarste Gut,
. . die Arbeitskraft des Menschen, nicht zu vergeuden und den richtigen Mann überall
an die richtige Stelle zu setzen«, um für den Wettkampf mit unseren Gegnern alles
aus unserem Volke herauszuholen, was in ihm steckt. »Es wird in den schweren
Zeiten, denen wir entgegengehen, eine unserer nützlichsten und wichtigsten Aufgaben
sein, den Acker unserer Erziehung in den Zustand-zu bringen, der die kräftigste und
reichste Frucht verbürgt. Das Lebensgut, auf das wir unsere Hoffnung bauen, wächst
 
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