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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 1.1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.3529#0125

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BESPRECHUNGEN. 121

stellt Volkelt als »Erfahrungsbereich des Ästhetischen« fest, daß dieser kein »äußerer«
sei, sondern nur der »Innenerfahrung« angehöre: »Das Transsubjektive ist in allen
Fällen ästhetisch eine Null.« Das Ästhetische kommt, sowohl als Rezeption wie als
Produktion aufgefaßt, lediglich auf dem Boden des Bewußtseins zu stände, »sämtliche
Erfahrungsgrundlagen der Ästhetik sind psychologischer Natur.«

Damit ist zugleich einer metaphysisch-spekulativen Behandlung die Türe ver-
schlossen und, wie oben bereits angedeutet wurde, die gesamte wissenschaftliche
Methode der Ästhetik von Volkelt auf das Feld der psychologischen Analyse ver-
wiesen. Metaphysische »Ausblicke« dürfen erst den Schlußstein bilden. Im vor-
liegenden Bande wird denn auch nach dieser Richtung nur in einem Falle, sozu-
sagen episodisch, »geblickt«, man darf aber wohl erwarten, daß der zweite Band
mehr solcher Ausblicke bringen wird. Außer der metaphysischen Spekulation ver-
meidet Volkelt auch transzendentale Erörterungen. Fragen der Technik sollen nur
insofern mit in den Bereich der Ästhetik gehören, als die ästhetischen Eindrücke
selbst von dieser abhängen; darum soll die Ästhetik auch die Harmonielehre und
die Metrik behandeln, und, wie wir wohl hinzufügen dürfen, auch die Technik
des Dramas.

Aber indem er die Technik stets nur hinsichtlich ihrer subjektiven Wirkung be-
rücksichtigt, bleibt die psychologische Natur der Erfahrungsgrundlagen der Ästhetik
immer zu Recht bestehen, diese gewährt trotz aller, durch individuelle wie durch
historische Unterschiede und Wandlungen des Geschmackes hervorgerufenen, Rela-
tivität einen sicheren wissenschaftlichen Grund und wird zugleich auf »überindi-
viduelle, sachlich gültige Normen« hinweisen. Wenn auch die Ästhetik keine »abso-
lute« sein will und sein kann, so meint Verfasser doch, daß man »annehmen darf,
daß auch das ästhetische Verhalten der Kulturmenschheit in seinen allgemeinsten
Grundlagen eine annähernd unveränderte Haltung bewahrt hat«.

In der Beschränkung auf die Analyse des subjektiven ästhetischen Verhaltens und
in der Aufzeigung von auf diesem Wege gewonnenen Normen beruht sonach
einzig und allein die Methode, deren der Verfasser sich bedienen will; es leuchtet
ein, daß er der experimentellen nur eine bedingte Gültigkeit zuschreibt (vgl. S.36 u. a.),
nur in Hinsicht auf »ästhetische Vorfragen einfachster Art«, und daß er einer
»physiologischen« Ästhetik sehr skeptisch gegenübersteht. »Das Physiologische,
soweit es überhaupt für ästhetische Untersuchungen in Betracht kommen kann, liegt
schon in der psychologischen Grundlage der Ästhetik mit eingeschlossen.« »Die
Physiologie ist für gewisse Fragegebiete eine Hilfswissenschaft der Psychologie.
Mehr ist sie nicht.« »Die grundlegende Stelle kommt den ästhetischen Erfahrungen
zu, die der Ästhetiker in sich selbst macht.« Diese »psychologischen Verfahrungs-
weisen« bestimmen auch Volkelts methodologischen Standpunkt gegenüber einer
»entwickelungsgeschichtlichen Betrachtungsweise«. Eine »kulturgeschichtliche Bedingt-
heit« des Ästhetischen ist zwar ebensowohl anzuerkennen als eine »individuell-
entwickelungsgeschichtliche«, aber — die Kunstgeschichte schließt Verfasser, im
Gegensatz zu Hegel, von der Ästhetik natürlich ebenfalls aus — »auch die ent-
wickelungsgeschichtlichen Fragen sind nach psychologischer Methode zu bearbeiten«.
Wenn ich ihm nun auch darin völlig recht geben muß, daß die Tatsachen des
»Ästhetisch-Befriedigenden« nicht auf dem Wege kunstgeschichtlicher Bewertungen
(etwa aus »Blüteperioden« und dergleichen) gewonnen werden können und mit ihm
das Hineintragen — besser gesagt Hineinspekulieren — darwinistischer Theorien in
die Ästhetik, womit früher in Broschüren so viel Unfug getrieben ward, gern ver-
urteile, so scheint er mir wiederum in der strikten Ablehnung aller soziologischen
und ethnologischen Methode — namentlich in Hinsicht auf E. Grosse und
 
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