Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 1.1906

DOI article:
Stieglitz, Olga: Die sprachlichen Hilfsmittel für Verständnis und Wiedergabe von Tonwerken, [1]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3529#0279

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
HILFSMITTEL FÜR VERSTÄNDNIS U. WIEDERGABE V. TONWERKEN. 275

Medicäer-Gruft zu Florenz entstanden. — Seine sinfonische Dichtung
»Die Hunnenschlacht« ist durch das Wandgemälde Kaulbachs hervor-
gerufen, und im Vorwort zu seinem Orpheus« gesteht er, daß in ihm
das Andenken an eine etrurische Vase lebendig geworden sei, auf
welcher der mythische Sänger dargestellt war. Auch seine >Danse
Macabre« für Klavier und Orchester darf wohl auf Anregung durch
bildende Kunst — die berühmten Totentanzzeichnungen — zurückge-
führt werden. Der »Danse Macabre< von Saint-Saens ist ein längeres
Gedicht beigefügt.

Liszts Vorgang folgten Weingartner und Huber, die beide an
Böcklin anknüpfen mit den Werken Gefilde der Seligen« und der
»Böcklin-Sinfonie« mit dem Motto: »Sieh, es lacht die Au«. Das Finale
dieser Komposition hat Huber ausdrücklich bezeichnet als Metamor-
phosen, angeregt durch Bilder von Böcklin e, deren Namen über den
einzelnen Variationen stehen.

Unbestimmter Art ist die Beziehung zur Malerei, wenn z. B. Mas-
senet eine Orchesterkomposition als »Scenes pittoresques' bezeichnet.
An malerische Formen knüpft Schumann mit seinen Opp. 18 und 19
an: »Arabeske« und »Blumenstück . Auch die häufig als Titel ver-
wandten Bezeichnungen: Skizzen, Aquarellen, Silhouetten sind dem Ge-
biete der bildenden Kunst entlehnt.

Älter als zur Dichtung und Malerei sind die Beziehungen der Musik
zur Tanzkunst. Wenn ihrer hier erst an letzter Stelle gedacht wird,
so geschieht es, weil die zur Begleitung oder Leitung der Volks-,
Gesellschafts- oder Kunsttänze, bezw. Märsche dienende Musik nicht
eigenen, sondern fremden Zwecken dient.

Die idealisierten Tanzstücke nehmen in der Instrumentalmusik
zwar einen breiten und bedeutenden Raum ein, sind aber der abso-
luten Musik beizurechnen, indem darin nur Rhythmen und Formen
der eigentlichen Tänze nachgeahmt werden. Ein bestimmter Inhalt
kann und wird vielleicht in vielen Fällen vorausgesetzt (z. B. in Cho-
pins Polonaisen und Mazurken), ist jedoch durch die Tanznamen nicht
gegeben. Das geschieht erst, wenn andere Bezeichnungen hinzutreten,
was namentlich häufig bei Märschen der Fall ist.

(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen