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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 6.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.3675#0637
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624 BESPRECHUNGEN.

Buches keineswegs mindern: Im Gegenteil wollen wir es jedermann warm emp-
fehlen, vor allem den Kunstgewerbeschulen und Malerakademien, da es sich gerade
für den kunstgeschichtlichen Mittelschulunterricht besonders brauchbar erweisen wird.
Straßburg i. E.

Fritz Hoeber.

Paul Schubring, Donatello, Des Meisters Werke in 277 Abbildungen.
Stuttgart und Leipzig, Deutsche Verlagsanstalt, 1907.

Der Donatello-Band der Klassiker der Kunst, die bereits zum unentbehrlichen
Inventar der Kunsthistoriker geworden sind, ist von Paul Schubring besorgt und
mit einer Einleitung versehen, die auf gründlicher Sachkenntnis beruht und durch
die Wärme des Tones geeignet ist, Zaudernde der herben Kunst Donatellos zuzu-
führen. Es mag wohl den populären Absichten dieser Sammlung entsprechen, daß
die Rhetorik dieser Einleitung ihre Mittel hauptsächlich der Interpretation des Inhalt-
lichen der Werke entnimmt, ein Verfahren, das bei Donatellos stark seelischer Art
ja seine Berechtigung hat. Im anderen Falle hätte man gern noch etwas mehr von
den historisch-ästhetischen Problemen gehört: welche stilistische Eigenart die Re-
naissance-Plastik Donatellos gegenüber der mittelalterlichen besitzt, mit der ihn ja
manche Fäden noch verbinden, welche Stellung er innerhalb der Renaissance ein-
nimmt, sowohl gegenüber seinen unmittelbaren Nachfolgern, darunter Verrocchio,
wie gegenüber der Hochrenaissance und Michelangelo. Denn obschon es dem
Referenten verdacht ist, daß er eine starke barocke Strömung im Quattrocento be-
hauptet hat, scheinen ihm doch die ästhetischen Probleme verwirrt, wenn Donatello
Großvater, Michelangelo Vater des Barock genannt wird. Michelangelos reifer Stil
steht im stärksten Gegensatz zu dem Donatellos, der höchstens als Vorläufer jeder
impressionistischen Plastik bezeichnet werden darf. Sein Weg führt direkt auf
Rodin zu. Mangelnde Einsicht in diese Seite seiner Kunst hat Schubring wohl
auch verhindert, auf die Kanzelreliefs von S. Lorenzo näher einzugehen und sich
auf Fechheimers geistvolle, wenn auch stark manierierte Ausführungen zu beziehen.
Denn gerade nachdem Frida Schottmüllers gründliches Buch durch Herantragen des
Hildebrandschen Problems der Form an Donatellos Plastik diese in eine falsche
Beleuchtung gerückt hatte, konnten durch Eingehen auf die Formvernachlässigimg
und Formzerstörung in Donatellos Plastik für die Ästhetik prinzipiell wichtige Er-
kenntnisse gewonnen werden. In den sonst recht ergiebigen Anmerkungen über-
geht Schubring diese Reliefs ganz, obwohl hier eine Scheidung von Meister- und
Schülerhand am Platze gewesen wäre und nach ästhetischen Gesichtspunkten hätte
durchgeführt werden können.

Sehr beachtenswert ist für die Charakteristik des florenlinischen Charakters der
Donatelloschen Kunst, daß Schubring den reichen Architektlirstil, den Donatello in
den Reliefs des Hochaltares im Santo zu Padua entwickelt, auf obeiitalienische
Anregungen zurückführt und damit auf den Gegensatz der figuralen Kunst von
Florenz und der Milieuschilderung oder landschaftlichen Kunst Oberitaliens hin-
deutet.

Unter den Abbildungen, in denen Details verschwenderisch ausgestreut sind,
vermisse ich eine Gesamtaufnahme des Gattamelatadenkmales mit dem ganzen
Sockel, denn auf dieser Vereinigung von hohem Sockel und Reiterstandbild beruht
der ästhetische Eindruck des Ganzen. In einer neuen Auflage könnte das — even-
tuell mit Opferung einer Detailansicht — leicht nachgeholt werden.

Berlin-Steglitz.

Richard Hamann.
 
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