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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0157
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BESPRECHUNGEN. 153

Christian Janentzky, G.A.Bürgers Ästhetik. Berlin, Alexander Dunckers
Verlag, 1909. gr. 8°. XII und 250 S. (Forschungen zur neueren Literatur-
geschichte, herausgeg. von Franz Muncker XXXVII.)

Dies ziemlich umfangreiche Buch hat einen eigentümlichen Zweck: es dient
nämlich dem Nachweis, daß der Dichter Bürger als Ästhetiker ein arger Plagiator
war. Aufs genaueste wird das für die Göttinger Vorlesungen gezeigt, die aus dem
Nachlaß dem Druck übergeben wurden, aber es gilt, nach vielen Proben zu urteilen,
auch für die übrigen Schriften. Die Unselbständigkeit der Bürgerschen Vorlesungen
und damit ihre Wertlosigkeit innerhalb der Geschichte der Ästhetik ist durch Herrn
Janentzky in der Tat endgültig dargetan. Mir persönlich wird mit Recht der Tadel
zuerteilt, daß ich diese Abschreiberei nicht bemerkt und Bürger in meiner »Ge-
schichte der neueren deutschen Psychologie« zu hoch eingeschätzt habe. Zu meiner
Verteidigung möchte ich einen Umstand erwähnen, der jedem Kenner des 18. Jahr-
hunderts bekannt und auch dem Verfasser nicht entgangen ist: das ist die allge-
mein verbreitete Unbekümmertheit in der Verwertung schriftstellerischer Vorlagen.
Ich entsinne mich, daß mir beim Lesen Bürgerscher Schriften Ähnlichkeiten mit
anderen Werken auffielen; ich bin jedoch solchen Übereinstimmungen nicht nach-
gegangen, weil sie mir auch sonst vielfach begegnet waren. So habe ich denn
übersehen, daß Bürger in einer wirklich ganz unerlaubten Weise Entlehnungen
vorgenommen und beinahe nichts aus sich selber geschöpft hat. In Kleinigkeiten
tut mir übrigens der Verfasser unrecht. Die als falsch bezeichnete Bemerkung auf
S. 567 meines Buches bleibt richtig, wenn man den Zusatz »für unsere Zwecke«
berücksichtigt; auch hat Herr Janentzky keinen Grund, zu sagen, ich kennte »an-
scheinend« Villaume, denn ein Blick auf S. 277 f. hätte ihn darüber belehrt, daß
ich die Schriften dieses Philosophen recht genau kenne. »Anscheinend« hat Herr
Janentzky nur den zweiten Teil meines Buches durchgesehen.

Immerhin — in der Hauptsache hat es dabei sein Bewenden, daß ich Bürger
für beträchtlicher gehalten habe als er tatsächlich ist, und da andere denselben
Fehler begangen haben wie ich, so ist die Widerlegung dieser falschen Einschätzung
sehr dankenswert. Außerdem enthält das Buch eine ganze Reihe von kleinen
Untersuchungen über die Entwicklung der deutschen Ästhetik im 18. Jahrhundert,
Untersuchungen, die äußerst sorgfältig geführt sind und einen Gewinn für unsere
Kenntnis dieser Dinge bedeuten.

Berlin. Max Dessoir.

Lothar und Gertrud von Kunowski, Unsere Kunstschule. Verlag für
Nationalstenographie (Dr. A. v. Kunowski). Liegnitz 1910. 204 S.
Ein Werk, so erfüllt von persönlichem Leben, wie man es selten antrifft; —
wird doch in diesem schön ausgestatteten Kunstatlas in 94 Abbildungen das Lebens-
werk Gertrud v. Kunowskis, von L. v. Kunowski, ihrem Lehrer und Gatten zur
Darstellung gebracht, um daran seine Lehrmethode der bildenden Kunst zu er-
läutern. Trotz der stark subjektiven Anteilnahme des Darstellenden aber ein Werk
von so entschieden grundlegender sachlicher Bedeutung, daß praktische Kunstübung
wie Ästhetik gleicherweise die bedeutendsten Anregungen erhalten. L. v. Kunowski,
der bereits durch eine Reihe theoretischer Schriften sich bekannt gemacht, gibt hier
in organischem Aufbau Grundlagen und Resultate seiner Lehrtätigkeit, die sich
lange Jahre hindurch den größten Schwierigkeiten gegenüber zu behaupten hatte.
Wir sehen hier den Entwicklungsgang einer sehr reichen Begabung, der die inten-
sivste geistige Durcharbeitung der Methode und des Stoffes durch ihren Lehrer zur
Seite steht. Wenn wir das Eigenartige und Bedeutsame dieser Schrift kennzeichnen
 
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