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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 11.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.3817#0090

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BESPRECHUNGEN. 85

Neuwirth-Wien, Pinder-Darmstadt, Schubring-Berlin, Singer-Dresden, Vitzthum-
Kiel, Wackernagel-Leipzig, Weese-Bern, Willich-München, Wulff-Berlin.
Ca. 135 Lieferungen (ä 1,50 M.) mit ca. 4000 Abbildgn. und z. T. farbigen
Tafeln. Berlin-Neubabelsberg, Akademische Verlagsanstalt Athenaion.

Dieses Handbuch der Kunstwissenschaft soll das erste umfassende Nachschlage-
werk über alle Gebiete der bildenden Kunst innerhalb des europäischen Kultur-
kreises werden. Zwanzig Hauptbände und sieben Ergänzungsbände sind geplant,
im ganzen 135 Lieferungen, also rund 4500 Seiten; gegen zwanzig Autoren werden
das Werk schreiben: eine schwierigere Referentenaufgabe als die Anzeige eines
derartigen Werkes ist wohl kaum denkbar. Ja, wir stehen nicht an, zu bekennen,
daß wir sie im eigentlichen Sinne für unlösbar halten.

Es kann also nur eine ganz allgemeine Orientierung über das Unternehmen
gegeben werden. Alles Positive versteht sich hier gleichsam von selbst. Es liegt
einerseits in dem reichen Abbildungsmateriale, das neben den bekannten Stücken
zum großen Teil Werke bringt, die erst aus Einzelpublikationen zusammengesucht
oder vor den Originalen neu aufgenommen weiden mußten. Noch wichtiger aber
wird die Arbeit der zusammenfassenden Disposition des ganzen Stoffes und dann
wieder seine Verteilung an die einzelnen Autoren. Burger trägt hier, als der re-
daktionelle Leiter, die Verantwortung. Und es finden sich unter den gewählten
Männern fast durchaus gute, zum Teil selbst »beste« Namen.

Achtunddreißig Lieferungen liegen bis jetzt (April 1915) vor. Sie bringen die Kunst
der altchristlichen Zeit (Wulff) vollständig; die byzantinische (Wulff), die antike (Cur-
tius) und die islamische Kunst (Diez), die deutsche Malerei (Burger) und Plastik
(Pinder) des Mittelalters und der Renaissance, die Malerei und Plastik des acht-
zehnten Jahrhunderts (Hildebrandt) sind begonnen worden.

Ein »Handbuch« ist ein Nachschlagebuch. Es ist sowenig wie ein Lexikon
darauf berechnet, vom Anfang zum Ende durchgelesen zu werden. Die einzeln
käuflichen Bände werden ja auch ihre Einzelliebhaber finden.

Gleichwohl bleibt eine gemeinsame Basis für alle Teile nötig. Sie ist bei
historischen Disziplinen eben in der gegebenen historischen Abfolge und in den
beweisbaren Abhängigkeiten und Beziehungen der Werke und der Meister gegeben.
Ein rein historisch orientiertes Handbuch der Kunstwissenschaft wird also eben
von diesem Historischen aus die feste gemeinsame Basis für alle Einzeldarstellungen
gewinnen.

Nun ist aber das Kunstwerk nicht nur ein historisches Objekt, sondern auch
ein psychologisches Faktum. Es kann also auch noch anders als rein historisch
betrachtet werden; es ist einer »ästhetischen« Interpretation nicht minder zu-
gänglich.

Es wird sich keineswegs empfehlen, diese ästhetische Interpretation bei einem
Handbuche in den Vordergrund zu rücken. Denn die Voraussetzung hierzu wäre,
sämtliche Mitarbeiter auf eine der vielen verschiedenen ästhetischen Theorien ver-
pflichten zu können. Eine Übereinstimmung, die heute wohl noch nicht erreich-
bar ist.

Wir glauben deshalb auch nicht, daß die übrigen Bearbeiter dem Programme
folgen werden, das Burger in seinen Leitsätzen für das ganze Unternehmen aus-
gearbeitet hat. Burger verfolgt nämlich für sich noch andere als rein historische
Ziele. Er will nicht nur über die Materie unterrichten, sondern er will »den künst-
lerisch formalen Standpunkt mit dem geschichtlichen vereinen«. Er will damit im
besonderen zum »Verständnis« der Kunstwerke anleiten. Und hier beginnt das
Problematische des Unternehmens.
 
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