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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 14.1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.3620#0317
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BESPRECHUNGEN. 313

banden war, so verstehen wir, daß die technisch schon hoch entwickelten Werke
zunächst nur aus China und Korea eingeführt oder von Meistern dieser Länder in
Japan gefertigt sein konnten. Diese Meister haben dann dort ohne Zweifel Schüler
herangebildet, aber von einer national-japanischen Plastik kann in diesen Früh-
zeiten keine Rede sein. Höchstens entdeckt man hie und da die ersten Spuren
japanischer Auffassungsweise.

Da nun aber in den beiden erwähnten Kulturländern nur sehr wenige Bild-
werke aus dem hier behandelten Zeiträume bekannt sind (abgesehen von den zwar
typologisch interessanten, aber ziemlich rohen Steinskulpturen der chinesischen Felsen-
tempel), so ist die Durcharbeitung der in Japan vorhandenen Frühplastik auch für
die Kunstgeschichte Chinas und Koreas von großem Interesse.

Die unentbehrliche Grundlage einer stilkritischen Untersuchung fernöstlicher
Bildnerei, von der weder Abgüsse noch wichtige Originale in Europa vorhanden
sind, ist eine besonders umfangreiche Sammlung von für den besonderen Zweck
gefertigten Abbildungen. Die ganz vortrefflichen japanischen Aufnahmen genügen
insofern nicht, als sie meist nur Frontansichten geben und bei weitem nicht alle
vom Autor herangezogenen Werke umfassen. With hat mit großem Geschick die
Aufgabe gelöst, alle ihm wichtig scheinenden Skulpturen in allen Ansichten, die
seine Erörterungen verdeutlichen konnten, hinreichend groß und vortrefflich zu
photographieren. Auch bekanntere Objekte erscheinen so dem Sachkenner wörtlich
unter ganz neuen Gesichtspunkten. Zahlreich sind die Erstaufnahmen, so daß auch
die wenigen Besitzer der großen japanischen Abbildungswerke des Neuen über-
genug finden werden. Höchst dankbar anzuerkennen und vorbildlich für den Westen
ist die Liberalität der japanischen Museums- und Tempelbehörden, die fast unbe-
grenztes Photographieren zuließen.

An die Bearbeitung des großen von ihm gesammelten Materials ging With zu-
nächst mit den Augen des exakten Kunstforschers, der durch subtile stilkritische
Untersuchungen Ordnung in das Chaos zu bringen, innere und äußere Zusammen-
hänge klarzulegen strebt. Aber die Lösung dieser mehr formalen Aufgaben ist
ihm nur das Mittel zu dem Zwecke, der allen Kulturvölkern gemeinsamen allmählichen
Wandlung einer intuitive Vorstellungen möglichst rein ausdrückenden Kunst in eine
auf Sinnesimpressionen aufgebaute nun auch im Kreise der fernöstlichen Welt
nachzugehen.

Hier dem Verfasser auf seinen Pfaden zu folgen, ist ein großer Genuß. Der
Leser erlebt die Entdeckerfreude mit, in ganz eigener Art die Gegensätze und Ent-
wicklungsbedingungen idealistischer und realistischer Kunst besonders rein in einem
ihm bisher ziemlich fremden Kulturkreise ausgeprägt zu finden. Der Referent muß
sich begnügen, Gang und Resultat der Untersuchungen in kurzen Zügen wieder-
zugeben.

With teilt den von ihm behandelten Zeitraum in drei Abteilungen. Die erste
entspricht etwa der Suikozeit und umfaßt die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts, die
zweite, die zweite Hälfte desselben einnehmend, der Hakuhozeit, die dritte, die in
die erste Hälfte des S.Jahrhunderts hineinreicht, dem Beginne der Tempyozeit.

Die Suikoperiode ist die Blütezeit des archaischen Stils. Der Buddhismus war
erst seit kurzem eingeführt, noch kaum in Sekten gegliedert. »Über dem Wirken
dieser Zeit liegt die wahrhaft keusche Ergriffenheit und unzerteilte Kraft früher,
unverbrauchter Ehrfurcht« (S. 26). Die Form, »die sich der Idee unmittelbar an-
schließt, ohne auf die äußere Naturgesetzlichkeit Rücksicht zu nehmen« (S. 29) ent-
spricht noch dem inneren Erlebnisse. Der erste namhafte Meister, der diesem Er-
lebnisse eine deutliche Prägung gab, der Chinese Tori Busshi, schließt sich in
 
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